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Hoffnung via Telefon

<strong>Hoffnung via Telefon</strong>

Am 15. September 2022 wurde Soziokultur-Studentin Nahid Haidari mit dem Student Award für ihren Einsatz für das Flüchtlingsparlament geehrt. Auch wenn jeweils nur eine einzige Person ausgezeichnet werden kann, lohnt sich ein Blick auf andere nominierte Projekte. Hier stellen wir Malek Ossi vor, der mit dem «Alarmphone» Flüchtende in Seenot und Betroffene von illegalen Pushbacks unterstützt.

Malek Ossi (29), 2015 aus Syrien geflüchtet, studiert seit 2019 Soziale Arbeit an der Hochschule Luzern. Er absolviert das Studium in Teilzeit – einerseits wegen der sprachlichen Hürden, andererseits, damit ihm genügend Zeit für sein umfangreiches ehrenamtliches Engagement bleibt. Ossi sagt, durch seine Freiwilligenarbeit habe er viele wunderbare Menschen kennengelernt, sein Deutsch verbessert und gelernt, wie die Schweiz tickt. Er meint aber auch: «Ich bin nicht freiwillig freiwillig geworden, sondern darum, weil ich all das Unrecht nicht mehr ausgehalten habe.» Einen Teil seiner Zeit widmet er dem «Alarmphone», das flüchtenden Menschen in Seenot hilft und sich für Opfer illegaler Pushbacks engagiert.

Malek Ossi, wieso braucht es das «Alarmphone»?

Das Alarmphone übermittelt den Hilferuf von Flüchtenden in Seenot an die zuständige Küstenwache. Wir mobilisieren aber nicht nur Unterstützung, sondern dokumentieren auch in Echtzeit Menschenrechtsverletzungen wie beispielsweise illegale Pushbacks, machen diese publik und üben damit Druck auf die Behörden aus, ihrer Verantwortung nachzukommen.

Wie viel Zeit setzen Sie für dieses Engagement ein?

Wir unterteilen den Tag in fünf Schichten. Wenn ich über genügend Kapazitäten verfüge, übernehme ich eine davon. Stärker involviert bin ich allerdings bei den sogenannten «Follow-ups». Dabei nehme ich mit Menschen Kontakt auf, die Opfer von Pushbacks geworden sind, also über eine Staatsgrenze auf ein anderes Staatsgebiet zurückgedrängt wurden – meistens von Griechenland in die Türkei. Es geht dabei vor allem darum, ihre Erfahrungen auf der Flucht und im Speziellen die Pushbacks zu dokumentieren. Vielen ist es ein Anliegen, dass die Öffentlichkeit davon erfährt; also schreiben wir ihre Berichte auf und veröffentlichen sie. Daraus ist beispielsweise das Bordercrimes-Projekt entstanden.

Hilft Ihnen das im Studium Gelernte dabei?

Ja, besonders bei der Gesprächsführung mit Geflüchteten oder Angehörigen, und speziell im Umgang mit schwierigen Nachrichten oder in Notsituationen.

Was haben Sie persönlich durch Ihr freiwilliges Engagement gelernt?

Durch mein Engagement beim Alarmphone habe ich überhaupt erst erfahren, was genau an der europäischen Aussengrenze passiert. Ich musste leider lernen, dass das europäische Grenzsystem zutiefst ungerecht und rassistisch ist. Die zuständigen Küstenwachen verweigern Flüchtenden in Seenot häufig ihre Unterstützung; wären diese Menschen Europäer*innen, wäre ein solches Verhalten undenkbar. Offenbar ist ihr Leben weniger wert. Das ist enorm frustrierend, motiviert mich aber umso mehr, mich für sie einzusetzen.

Ab und zu trete ich im Namen von Alarmphone öffentlich auf, was meine Auftrittskompetenz gestärkt hat. Persönlich weitergebracht haben mich aber vor allem die herausfordernden Gespräche mit Betroffenen und ihren Angehörigen, zum Beispiel, wenn ich über Schiffsunglücke und Todesfälle informieren muss. Das ist intensiv.

Von Eva Schümperli-Keller
Bild: Ingo Höhn
Veröffentlicht: 12. Januar 2023

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