Gemeinde-, Stadt- und Regionalentwicklung,
Stephanie Weiss tauchte als Gastdozentin in die räumlichen und alltagsweltlichen Dimensionen Chinas ein. Diese Erfahrungen boten nicht nur neue und faszinierende Einblicke in das städtische Leben, sondern zeigten ihr, wie wichtig der interkulturelle Austausch ist.
«Im Juli 2024 hatte ich die Gelegenheit, als Gastdozentin an der internationalen Summer School der Shaanxi Normal University in Xi’an teilzunehmen. Für mich war es die erste Reise nach China und als Raum- und Stadtforscherin stellten die vorher nicht gekannten räumlichen Dimensionen, das Zusammenleben in Hochhäusern im eigenen District und die extrem vielfältig genutzten Räume im Alltag eine grosse Faszination dar. Ob in den eher gemächlichen Gängen durch mein Quartier, auf den verkehrsreichen, lauten und heissen Strassen, Gassen und Plätzen, in den stark klimatisierten Shoppingmalls oder an den touristischen und historisch bedeutsamen Orten in Xi’an – die Stadt bot eine beeindruckende Vielfalt an Eindrücken.
Die Studierenden, die aus verschiedenen Bachelor-Studiengängen stammten und die Kurse der Summer School frei wählen konnten, waren an Frontalunterricht gewöhnt. Trotz meiner vorbereiteten Inputs war es mir besonders wichtig, dass sie miteinander ins Gespräch kamen. Über das Medium des Raumes, anhand konkreter Orte in Europa und deren historischen, architektonischen und gesellschaftlichen Kontexten, analysierten die Studierenden eigene Orte in Xi’an und anderen Regionen Chinas.
Ein entscheidender Faktor für die Akzeptanz meiner Inhalte und Didaktik war die kritische Selbstreflexion meiner eigenen, eurozentristischen Perspektive. Gleichzeitig versuchte ich, den Studierenden Raum zu geben, dass sie immer wieder einen Transfer zu ihrer Lebenswelt und ihrem Wissen herstellen konnten.
So haben sie in der zweiten Woche fast nur noch Gruppenarbeiten machen wollen und haben zum ersten Mal die Sitzordnung verändert, was auch einen Perspektivwechsel zwischen teacher und student beinhaltete. Gemeinsam erarbeiteten wir Postersessions zu selbst gewählten Orten, organisierten Marktplätze und Architektur-Speeddating und hielten Gruppenpräsentationen ab – alles begleitet von viel Freude und Engagement.
WeChat wurde zum zentralen Kommunikationsmittel mit meinen Studierenden und anderen Bezugspersonen in Xi’an und diente gleichzeitig als wichtiges Zahlungsmittel. In dieser immer digitaleren Welt habe ich festgestellt, wie wichtig das Analoge bleibt: Die Handschrift, der geschriebene Brief, der unmittelbare persönliche Kontakt, das Umsorgen und Zeigen von Zuneigung zu einem bestimmten Menschen.
Ich hoffe, dass ich mit der Möglichkeit und Freiheit als ausländische Gastdozentin einen temporären Denk-, Kreativ- und Begegnungsraum eröffnen konnte. Ich habe mich sehr über die vielen herzlichen und rührenden Rückmeldungen, Briefe, Nachrichten und die Fotosessions mit den Studierenden gefreut.»
Von: Stephanie Weiss
Bilder: Stephanie Weiss
Veröffentlicht am: 29. August 2024
Die Kulturwissenschaftlerin und Sozialgeographin ist Professorin am Institut für Soziokulturelle Entwicklung sowie Co-Leiterin des Bachelors neue Konzepte und Innovation. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Gemeinde-, Stadt- und Regionalentwicklung, Partizipation und lokale Demokratie sowie soziale Nachhaltigkeit in der räumlichen Entwicklung.
Bachelor-Studium mit Vertiefung Soziokulturelle Animation
Soziokulturelle Animatorinnen und Animatoren ermutigen Menschen dazu Lebensräume aktiv zu gestalten, indem sie Brücken zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen, Kulturen und Generationen bauen. Sie fördern die Interaktion und Vernetzung zwischen den Quartieren, Gemeinden und Institutionen und sind in Quartier– und Kulturtreffpunkten, im Schul– und Jugendkulturbereich, in Senioren– und Flüchtlingszentren, in Nichtregierungsorganisationen und in Migrationsprojekten aktiv.
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Kommentare
2 Kommentare
Simone
Liebe Stephanie Ein sehr eindrücklicher Bericht, vor allem die didaktischen Erfahrungen von Frontalunterricht zu Gruppenarbeiten und deine Schilderung, wie du WeChat eingesetzt hast. Das Bild der Abschiedskarte allein bietet Stoff für eine umfassende Kulturanalyse 😄! Herzlich, Simone
Stephanie
Vielen Dank, liebe Simone! Ich gebe dir sehr Recht :-) Es war für mich ganz wichtig, eine beobachtende und beschreibende Rolle einzunehmen, anstatt vieles erklären zu können oder zu wollen. Ich habe viel fotografiert, um meine Eindrücke zu verarbeiten...die Studierenden haben immer gelacht, als ich von den unglaublichen Shoppingsmalls, von den touristischen Orten mit 10'000den chin. Touristen erzählt habe und ich habe immer mal wieder spontan Fotos mitgebracht aus ihrem Quartier, die sie mir erklären sollten und die Bezug nehmen auf ein sozialräumliches Verständnis. Das fanden sie immer spannend. Ich hatte sehr oft den Eindruck, dass alles digital und gleichzeitig auch alles analog ist: Einkaufen, Kommunizieren, Zugang erhalten zu fast allen Räumen und Infrastrukturen....ja, das ruft nach einer kulturwissenschaftlichen Auseinandersetzung und ich muss aufhören, sonst würde ich noch seitenweise weiterschreiben...;-)
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.