Roadtrip-Semester: Auslandsstudium im VW-Bus

Roadtrip-Semester: Auslandsstudium im VW-Bus

Nicolas Hitz wollte für sein Auslandssemester eigentlich nach Japan reisen. Diesen Plan musste der angehende Wirtschaftsingenieur auf Eis legen und fuhr stattdessen im umgebauten VW-Bus vom Bündnerland ins tief verschneite Finnland. Ein Gespräch über das Unterwegssein im Lockdown, die Einsamkeit im finsteren Norden und warum probieren über studieren geht.

Ein Auslandssemester im VW-Bus – wie kommt man darauf?
Ursprünglich wollte ich nach Japan. Aufgrund von Covid-19 wurde dies unmöglich und ich musste kurzfristig eine Alternative suchen. Meine Wahl fiel auf Finnland. Die Website der Uni sowie die Infos über das Land überzeugten mich und der Austausch war da immer noch möglich. Da ich schon immer mal einen Van umbauen wollte, kam mir die Idee, dies mit dem Austausch zu kombinieren und so loszuziehen.

Also ein Roadtrip und nebenbei studieren – oder wie kann man sich das vorstellen?
Coronabedingt fand der Unterricht sowieso online statt. Da spielt es keine Rolle, wo man ist. Zum Glück, denn als das Semester in Finnland startete, war ich noch in der Schweiz. Der Umbau des VW-Bus hat sich etwas in die Länge gezogen.

Hast du deine mobile Studentenbude allein ausgebaut?
Ab und zu hatte ich Hilfe von Kollegen. Das meiste habe ich aber selbst gemacht, dank Youtube, Google und viel Ausprobieren. Es hat gut getan, einfach mal loszulegen und mit den Händen zu arbeiten. Eine willkommene Abwechslung zum kopflastigen Studium. Ich konnte während des zweimonatigen Ausbaus viel Mechanisches und Stromtechnisches zum ersten Mal praktisch anwenden.

Das Roadtrip-Semester führte Nicolas Hitz vom Tessin in den hohen Norden Finnlands.

Und als es soweit war, wohin führte dich dein Roadtrip?
Da ich wusste, dass es im Norden sehr kalt sein wird, habe ich zuerst im Tessin und in Italien Sonne getankt. Dann ging es weiter über Österreich nach Deutschland. Anschliessend via Dänemark und Schweden nach Finnland. Je weiter ich in den Norden fuhr, je kälter wurde es. Der Stromverbrauch war mit Laptop und Heizung doch beachtlich und das Solarpanel brachte mir im finsteren Norden schliesslich nicht mehr viel. Ich musste deshalb das eine oder andere unterwegs noch zusätzlich einbauen. 

Temperaturen unter null – nicht gerade ideales Campingwetter?
Damit habe ich gerechnet und eine Standheizung eingebaut. Aber ja, wenn morgens null Grad im Bus sind, ist das schon ziemlich frisch. Der nördlichste Punkt, den ich auf meiner Reise erreicht habe, bekommt zu dieser Jahreszeit kaum Sonnenschein. Dies ist dann schon nicht unbedingt typisches Camping, wie man es sich vorstellt. Ein spezielles Erlebnis wars es aber allemal!

Fühlt man sich da manchmal auch einsam?
Durch die vielen Gruppenprojekte der Uni habe ich andere Austauschstudenten kennengelernt. Wir haben gemeinsam Dinge unternommen wie Skifahren oder Saunabesuche. Aber auch die Momente, in denen ich allein war, habe ich genossen. Wobei, in einigen Städten meiner Reise war ich aufgrund des Lockdowns der einzige Tourist. Das kam mir schon etwas komisch vor. Es war sehr interessant zu sehen, wie jedes Land anders auf die Pandemie reagiert und das direkt vor Ort mitzubekommen. 

«Studierzimmer» mit atemberaubendem Ausblick auf die Dolomiten, die Sarntaler und die Stubaier Alpen.

Was hast du sonst noch vom Auslandssemester mitnehmen können?
Es war spannend, neue Lernmethoden zu erleben. In Finnland ist der Fokus weniger stark auf die Prüfungen gerichtet und man lernt trotzdem nicht weniger. Da mir der kulturelle Fokus sehr wichtig war, habe ich Kurse in interkultureller Kommunikation belegt und viel über die Gesellschaft Finnlands erfahren. Ich würde die Kombination aus Studium und Reisen sofort jedem weiterempfehlen.

Und wohin geht die nächste Reise?
Japan bleibt weiterhin mein grosses Ziel. Daran reizt mich, in einer komplett anderen Kultur zu leben und unbedingt mal den berühmten Japow, Japans Pulverschnee, zu erleben.

fh-zentralschweiz