Arbeits- & Organisationspsychologie

Die verschiedenen Facetten des Erfolgs – Welche Bedeutung haben dabei die Faktoren Selbst- und Impulskontrolle?

Die verschiedenen Facetten des Erfolgs – Welche Bedeutung haben dabei die Faktoren Selbst- und Impulskontrolle?
Photo by Sebastian Voortman from Pexels

Lesezeit 5′ Minuten // Ein Beitrag von Catherine Decorvet 

Der Spagat zwischen Studium, Arbeit und Freizeit ist nicht immer einfach. Umso wichtiger ist es, die erforderliche Selbstdisziplin aufzubringen und dem Impuls der sofortigen Belohnung zu widerstehen. Dadurch wird schon früh der erste Stein für eine erfolgreiche Karriere gelegt.

Das Marshmallow Experiment

Die Forschung hat in den 60er Jahren Beweise gesammelt, dass es eine Korrelation zwischen der Kontrolle der Impulsivität und dem zukünftigen Karriereerfolg gibt. Bereits in jungen Jahren kann man anhand von Tests zeigen, wie der akademische Erfolg eines Kindes verlaufen könnte. Ein solches Verfahren ist der bekannte Marshmallow-Test von der Universität Stanford. In unserem Beitrag «Wer warten kann hat’s drauf?» haben wir uns dem Klassiker der experimentellen Psychologie bereits näher gewidmet. Die Probanden waren allesamt Kinder im Alter von ca. 4 Jahren. Die Regeln waren einfach. Das Forschungsteam rund um Walter Mischel hat den Kindern einen Marshmallow zum sofortigen Verzehr vorgesetzt. Die Kinder konnten aber, wenn sie der Versuchung widerstanden und einige Minuten warteten, sogar zwei Marshmallows erhalten. Den Kindern wurde somit zur Wahl gestellt, ob sie ohne jede Bemühung eine sofortige Belohnung erhalten oder sich erst in Geduld üben und dafür eine viel grössere Belohnung erhielten. Während der Zeitspanne des Wartens waren die kleinen Probanden allein im Raum und somit keiner offensichtlichen Beobachtung ausgesetzt – was den Anreiz der Versuchung zusätzlich intensivierte.

Dieser Klassiker der experimentellen Psychologie wurde sogar im Rahmen eines Werbespots für Kinder Überraschungseier aufgegriffen. Würden Sie den Neugier-Test bestehen?

Mischel et al. haben die Kinder bis ins Erwachsenenalter begleitet und den Verlauf ihrer Karriere verfolgt. In der Längsschnittstudie kamen sie dabei zur Erkenntnis, dass die Kinder, die sich in Selbstkontrolle übten, später wesentlich erfolgreicher waren. In der Zwischenzeit wurde vermehrt Kritik gegenüber dem Test laut. Es hat sich herausgestellt, dass der Erfolg nicht nur von der Willensstärke des Kindes abhängt, sondern dass dazu viel mehr auch das Umfeld, die familiären Hintergründe und weitere Einflüsse beleuchtet werden müssen.

Ein kurzer Ausflug in die Neurologie

Das Gehirn ist ein hochkomplexes Organ und doch haben wir schon erstaunlich viel darüber in Erfahrung bringen können. In der Wissenschaft wird das Gehirn in die verschiedenen Areale der jeweiligen Funktion unterteilt. Uns interessiert dabei der präfrontale Kortex, der fast ein Drittel des gesamten Hirns ausmacht. Der präfrontale Kortex ist erst mit ca. 25 Jahren vollkommen ausgereift und entscheidend für die Ausführung unserer Intention. Hier befindet sich der Ort des freien Willens, das Gewissen und die Instanz der Impulskontrolle (SRF, 2015).

Der präfrontale Kortex – das Kontrollzentrum im Gehirn (Quelle: EXF Training)

Im präfrontalen Kortex befindet sich ausserdem die Zentrale der Exekutive, die verantwortlich ist, wie Prioritäten gesetzt und Handlungen ausgeführt werden. Somit kann eine Beschädigung des präfrontalen Kortex dazu führen, dass Impulshandlungen vermehrt in Erscheinung treten und eine rationale Deliberation im Hintergrund steht. Ausserdem werden Prioritäten häufig falsch gesetzt und einer sorgfältigen Planung wird partout keine Bedeutung zugemessen. Durch die Beeinträchtigung wird das Verhalten der Person über kurz oder lang negativ beeinflusst.

Die Geschichte von Phineas Gage

Phineas Gage (Quelle: Doctors Impossible)

Phineas Gage war ein einfacher Arbeiter bei einer Eisenbahngesellschaft und verantwortlich für die Sprengung von Felsen. Dabei kam es am 13. September 1848 zu einem einschneidenden Unfall. Gage führte, wie bereits etliche Male zuvor, eine Sprengung durch. Nur dieses Mal kam es zu Komplikationen. Durch die Wucht der Explosion wurde eine Eisenstange herauskatapultiert, die unterhalb seines linken Wangenknochens eintrat, den präfrontalen Kortex verletzte und oberhalb des Kopfes wieder austrat. Gage verlor während des gesamten Unfalls nicht einmal das Bewusstsein und konnte sogar noch selbständig einen Arzt aufsuchen. Auf den ersten Blick war es erstaunlich, dass er diesen Zwischenfall so glimpflich überlebte. Er verlor sein linkes Auge und trug Narben davon, die den schrecklichen Unfall bezeugten, jedoch erlangte er innerhalb von wenigen Wochen wieder seine gesamte Motorik, konnte normal sprechen und denken. Erst mit der Zeit stellte sich heraus, dass er mehr Schaden erlitten hatte, als zuerst angenommen. Der bis anhin allseits beliebte Gage, der für sein freundliches, zuverlässiges und ausgeglichenes Wesen bekannt war, veränderte sich zunehmend. Er wurde auffallend launisch, unzuverlässig und handelte impulsiv. Eine solch gravierende Persönlichkeitsveränderung wurde in dieser Form erstmalig dokumentiert und genauer in der Forschung untersucht. Heute trägt diese Krankheitsform den Namen Frontalhirnsyndrom.

Selbstdisziplin hilft auch im Studium

Im Frühlingssemester 2020 wurden die Studierenden an allen Hochschulen vor neue Herausforderungen gestellt. Aufgrund der Massnahmen zur Eindämmung des Covid-19 Virus fand der Hochschulunterricht schwerpunktmässig online statt. Die StudentInnen mussten und müssen aktuell immer noch von zu Hause aus dem Unterricht folgen und sind der ständigen Versuchung von möglichen Ablenkungen ausgesetzt. Im Rahmen dessen fand unter der Autorin und ihren KommilitonInnen ein vermehrter Austausch über die verschiedenen Lern- und Arbeitsstrategien statt. Dabei stellte sich heraus, dass Selbstdisziplin das A&O ist. Folgende Tipps haben sich dabei besonders bewährt:

  • Die Unterrichtseinheiten immer einhalten und Struktur beibehalten
  • Kontakt mit anderen Studierenden aufrechterhalten und sich gegenseitig motivieren
  • Regelmässig Pausen einlegen und sportlichen Aktivitäten zum Ausgleich nachgehen
  • Sich ein realistisches Ziel setzen und erst nach dessen Erreichung sich selber etwas Gutes tun
  • Und zu guter Letzt: Ohne Fleiss kein Preis

Für weitere Tipps und Informationen empfiehlt sich ein Besuch auf der Website des Studirats der Hochschule Luzern. Im Interview mit Meriel Attinger, Präsidentin des Studirats erfahren Sie zudem, wie der Studirat die Studierenden auch während des Distance Learnings unterstützt.


Referenzen


Informationen zur Autorin

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Moduls «Kommunikationskompetenz: Mit Texten und Bildern informieren» an der Hochschule Luzern – Wirtschaft.

Catherine Decorvet ist Studentin an der Hochschule Luzern und besucht zur Zeit das 3. Semester des Studiengangs BSc Business Psychology. Das Studium absolviert sie im Teilzeit-Modell, wobei sie drei Tage der Woche in einer Anwaltskanzlei in Zürich tätig ist. 

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