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Future Skills, unsere Hausaufgaben für die kommenden Jahre

Future Skills, unsere Hausaufgaben für die kommenden Jahre

Wir freuen uns, Ihnen eine Reihe spannender Blogbeiträge zu verschiedenen Themen und Kapiteln des Buches: Angewandte Psychologie für die Wirtschaft: Arbeit, Konsum und Gesellschaft präsentieren zu können. Von der Arbeitswelt über den Konsum bis hin zur Gesellschaft decken unsere Autorinnen und Autoren eine breite Palette von Themen ab. Tauchen Sie ein in die faszinierende Welt der angewandten Psychologie und lassen Sie sich von den Erkenntnissen und Perspektiven inspirieren.

Erhältlich ab September 2024

Lesezeit 7′ min // Blogbeitrag zum Kapitel Future Skills, verfasst von Frau Dr. Moana Monnier

Sitzen Sie an ihrem Esstisch oder Küchentisch immer am selben Ort? Ich in der Regel schon. Liegen Sie immer auf derselben Bettseite, egal, ob Sie nun allein daliegen oder nicht? Ich liege immer auf der rechten Seite, egal in welcher Wohnung ich bisher gewohnt habe, die einzigen, die mir je meinen Platz streitig gemacht haben, sind meine Kinder, welche mich bei nächtlichen Besuchen regelmässig wild träumend aus meiner Ecke treten. Freiwillig gebe ich diesen Platz nicht her.

Diese beiden kleinen Alltagsbeispiele illustrieren unser unerschütterliches Bedürfnis nach Gewohnheit. Veränderung? Bitte nur wenn unbedingt notwendig oder mit wahnsinnig grossen Anreizen verbunden, denn sonst bedeutet sie anstrengendes Umdenken, neu Evaluieren und somit kognitive Leistung für die Anpassung an die neue Situation, obwohl wir diese Leistung eigentlich für die Bewältigung unserer Lebensaufgaben bräuchten. Tja, schlechte Nachrichten! Noch nie befanden wir uns in einer sich so schnell wandelnden Zeit. Mülltrennung gegen den immer bedrohlicher werdenden Klimawandel ist für Anfänger:innen, sollte schon zur geschätzten Gewohnheit geworden sein und reicht nicht mehr! Die Wälder kommen mit dem Umwandeln unseres CO2 Ausstosses nicht nach, denn statt Bäume pflanzen wir immer mehr Einsen und Nullen und flüchten in eine sich stetig digitalisierende Welt – ja, da ist es schon, das Schlagwort: Digitaler Wandel, ganz schnell gefolgt von Globalisierung. Die beiden sind eher Schlag als Wort und haben unser Leben in allen Bereichen mit grosser Wucht getroffen. 

Was wir nun brauchen, ist eine Verteidigungsstrategie und ein Surfbrett, mit welchem wir die Daten und Klima bedingten Flutwellen reiten: Et voilà, die Future Skills!

Welche sind es denn nun? Eine erste Synthese der wissenschaftlichen Literatur lässt auf ersten Blick vier grosse Kategorien identifizieren: 

  1. Digitale Skills

Neue Medien spriessen wie Pilze aus dem Boden. Wer wettbewerbsfähig bleiben will oder aber auch einfach nur mit der eigenen Familie in Kontakt bleiben will, kommt um deren Nutzung kaum drum herum. Dabei generieren wir Daten, sehr viele Daten und sehr aussagekräftige Daten, wenn man denn weiss, wie man sie zu lesen hat. Die wissenschaftliche Literatur, welche sich seit Jahren mit der Arbeitswelt der Zukunft auseinandersetzt (die Zukunft, in welcher wir also bereits stecken) hebt einige digitale Fähigkeiten und Fertigkeiten in den Vordergrund, wovon ich hier Beispiele aufzeigen möchte: 

  • Datenanalyse und Dateninterpretation, die Grundlage um neues Fachwissen zu generieren, fundierte Geschäftsentscheidungen zu treffen, Trends und Muster zu erkennen sowie massgeschneiderte wirtschaftliche Lösungen zu erschaffen. Dies sind keine neuen Fähigkeiten und Fertigkeiten, denn wer valide Aussagen treffen möchte, stützt sich jetzt schon disziplinübergreifend auf empirische Daten, um Hypothesen zu unterlegen. Was sich verändert hat ist die Qualität, die Quantität und der Zugang zu Daten. 
  • Das Verstehen künstlicher Intelligenz und maschinellen Lernens, um ihre Outputs beurteilen zu können oder sogar KI-Algorithmen für eigene Fragestellungen zu entwickeln und anzuwenden. Dies ist eng verstickt mit den zuvor genannten datenbasierten Skills und einem grundsätzlichen Gefühl für die Unendlichkeit dieser Informationen. Dieses Gefühl bekommt je länger je mehr zwei Ausprägungen: Während auf der einen Seite die Neugier stetig befriedigt wird, nimmt auf der anderen Seite die Angst immer mehr zu und das Wissen um die ethischen Implikationen von KI rücken rasant in den Vordergrund.
  • Darauf basiert auch dieses Beispiel: Der Umgang mit digitaler Sicherheit und Datenschutz. Durch die globalisierungsbedingte Vernetzung, mit ihren unzähligen Abzweigungen und Zwischenspeicherungen, schaffen wir ein unübersichtliches Feld, welches auch mit unethischem Unkraut bepflanzt und gedüngt werden kann. Wir müssen lernen, ab wann wir unsere Privatsphäre preisgeben, um selbstbestimmte Entscheidungen darüber treffen zu können.
  • Zu guter Letzt, möchte ich noch die technische Handhabung von Kommunikationsmedien erwähnen, denn die ausgefallensten Programmier- und Analysecodes bringen niemandem etwas, wenn man bei jedem Online-Meeting erstmal den Knopf fürs Einschalten des Mikrofons suchen muss.

2. Nachhaltigkeitsskills

Auch die Nachhaltigkeit (im ökologischen Sinne) ist zentraler Bestandteil unseres Lebens geworden und deren Wichtigkeit ist den meisten Menschen, zumindest deren, welche von der Rundheit unseres Heimatplaneten überzeugt sind, mittlerweile bewusst geworden. Die grundlegenden Kompetenzen für den maximalen Erhalt unserer Erde sind das ökologische Wissen, die Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Anpassung an den Klimawandel und die Entwicklung und Umsetzung von Strategien zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Dabei spielt das Ressourcenmanagement eine zentrale Rolle, welches durch nachhaltiges Design und Innovation in der Praxis umgesetzt werden kann.

3. Interpersonelle Skills

Wer Globalisierung und Digitalisierung sagt, denkt Kommunikation mit. Neu ist dabei, dass wir statt mit unserer minimal diversen geographischen Nachbarschaft nun mit allen Menschen dieser Welt in Kontakt sind, zum Beispiel in den Kommentarspalten eines polarisierenden Online-Artikels oder Hochschulblogs. Auch die Arbeitswelt kriegt dies zu spüren: In gemütlicher Kleidung, auf dem wohligen Stammplatz am heimischen Esstisch sitzend fühlt sich das Arbeiten im Homeoffice anders an. Die Kontaktpflege und den dadurch entstehenden informellen Austausch bedarf eines neuen und sehr bewussten Umganges, denn den Kaffee trinkt man zuhause meist alleine, vor allem, wenn die Mitarbeitenden in einer anderen Zeitzone bereits auf ihrer bevorzugten Bettseite liegen. Interpersonelle Skills, also zwischenmenschliche Kompetenzen, lassen sich also noch weniger von unseren Alltagserlebnissen in alle anderen Lebenskontexte übertragen, da diese Umgebungen sich nun um eine Vielzahl zusätzlicher und neuer Einflussfaktoren von eben diesem Alltag unterscheiden. 

4. Intrapersonelle Skills

Und wo bleiben wir und unsere Psychohygiene dabei? Was passiert mit uns Gewohnheitstieren, wenn wir uns in immer kürzeren Abständen an immer grössere Veränderungen anpassen müssen? Wir brauchen unter anderem eine verstärkte Wiederstandfähigkeit, im Fachjargon Resilienz genannt, damit wir auch schwierige Situationen erfolgreich meistern. Diese lässt sich zum Glück trainieren, indem man sich zum Beispiel Handlungsstrategien zurechtlegt, auf welche man in entsprechenden Momenten zurückgreifen kann. Bekanntlich macht Übung die Meisterin/ den Meister, was im Umkehrschluss bedeutet, dass man oft Leiden muss, bis es richtig gut funktioniert mit dem Erfolg, aber auch beim Laufen lernen haben wir uns nicht wenige Male aufs Gesicht gelegt und es zum Schluss sogar meist zum Tanzen gebracht.

Aus diesem kurzen Blick in den Spiegel und in die Glaskugel schliesse ich, dass wir nicht wenige Hausaufgaben für die nächsten Jahre haben. Doch zu wissen, dass wir dynamische Wesen sind, welche lebenslang lernen können, ist doch eine ziemlich zuversichtliche Perspektive darauf! Das Lehrbuch zur Hausaufgabe ist ja zum Glück bald erhältlich, dann können wir auch schon loslegen.

Interessiert daran, mehr über die Inhalte des Buches zu erfahren und sich direkt mit den Autoren und Autorinnen auszutauschen? Dann sichern Sie sich einen Platz bei unserer Buchvernissage: «Angewandte Psychologie für die Wirtschaft – Beitrag aus der Praxis (mit Keynote)» am Mittwoch, den 28.02.2024, von 19:00 bis 20:30 Uhr. Melden Sie sich hier an.


Referenzen

  • Foto von Ketut Subiyanto: https://www.pexels.com/de-de/foto/menschen-buro-arbeiten-manner-4623463/

Informationen zur Autorin

Dr. Moana Monnier

Frau Dr. Moana Monnier studierte u.a. an der Universität Zürich, der Université de Genève und der Université de Neuchâtel. An der HSLU lehrt sie in den Fächern Arbeitspsychologie, Persönlichkeitspsychologie des Bachelorstudiengangs in Business Psychology, Entwicklungspsychologie und Methoden empirischer Sozialforschung.

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