Markt- & Konsumentenpsychologie

Priming: Wie Sie unbewusst beeinflusst werden und was Sie dagegen tun können

Priming: Wie Sie unbewusst beeinflusst werden und was Sie dagegen tun können
Photo by Oleg Magni from Pexels

Lesezeit 5′ Minuten // Ein Beitrag von Saskia Krummenacher

Es gibt viele Arten von Priming und ebenso vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Bilder, Töne und Wörter können als Prime fungieren. Im nachfolgenden Beitrag beschäftigen wir uns mit der Funktionsweise von Priming und verraten Ihnen, wie Sie dieses Wissen in Zukunft nutzen können, um sich nicht mehr von Priming-Effekten beeinflussen zu lassen.

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Kino und schauen sich den neusten Blockbuster an. Bevor der Film beginnt, erscheint eine Werbung, in der eine Frau am Strand sitzt und genüsslich ein Eis isst. Sie sehen keine zufällig ausgestrahlte Werbung. Das Eis können Sie nämlich auch im Pausenkiosk kaufen. In der Pause werden Sie nun vielleicht eher dazu verleitet, genau dieses Eis zu kaufen. Sie wurden geprimt.

Wie funktioniert Priming?

Beim Priming wird eine Person einem bestimmten Vorbereitungsreiz (Prime) ausgesetzt. In unserem Fall ist das die Eiswerbung. Dieser kann dann, unter Umständen, die Reaktion auf einen späteren Reiz beeinflussen. Das wäre im Kino-Beispiel die Angebots-Karte am Kiosk, wodurch die Entscheidung eher auf das Eis fällt, da dieser Reiz zuvor geprimt wurde. Das Priming kann aber kein Bedürfnis an sich auslösen. Ein Grundbedürfnis muss bereits vorhanden sein und kann durch Priming entsprechend gelenkt werden. Es gibt auch noch andere, viel banalere Priming-Beispiele, die nicht aus der Werbepsychologie stammen. Zucker, Schnee, weiss… was trinkt die Kuh? Nein, keine Milch, aber vielleicht haben Sie eine kurze Sekunde lang an Milch gedacht, da Sie durch die vorherigen Wörter auf die Farbe weiss geprimt wurden.

Aktivierung eines Stereotyps – ein Einblick in die Forschung

Der Priming-Effekt wurde schon in sehr verschiedenen Formen untersucht. Bargh, Raymond und Hymes (1996) zum Beispiel haben ihren Probanden Wörter wie „starrköpfig“, „weise“, „Bingo“ und „alleine“ gezeigt und liessen sie daraus Sätze bilden. Diese Wörter fungierten als Prime, denn das Lösen der Aufgabe aktivierte indirekt das Altersstereotyp. Nach dem Experiment mussten die Probanden über einen längeren Flur laufen, um das Labor zu verlassen. Was die Probanden nicht wussten: hierbei wurde ihre Gehgeschwindigkeit gemessen. Die Versuchspersonen mit dem zuvor aktivierten Altersstereotyp gingen signifikant langsamer als eine Kontrollgruppe, die keine solchen Wörter als Prime erhalten hatte. 

Ein Energy Drink als Prime für Ausdauer?

Nun zu einigen Experimenten, die näher in die Richtung der Markt- und Konsumentenpsychologie gehen. Friedman und Elliot (2008) haben mit ihren Probanden einen Ausdauertest durchgeführt. In einer Bedingung mussten die Probanden auf ein Gatorade blicken, ohne zu zwinkern. Gatorade darum, weil dies ein Energy Drink ist, welcher normalerweise mit Ausdauer assoziiert wird.  Die Versuchsgruppe, welche zuvor das Gatorade angeschaut hatte, zeigte bei der nachfolgenden Ausdaueraufgabe, im Sitzen das Bein so lange wie möglich 30 cm anzuheben, eine bessere Leistung als eine Kontrollgruppe, die zuvor eine Flasche Wasser angeschaut hatte. 

Ein weiteres beeindruckendes Experiment führten die drei Forschenden Fitzsimmons, Chartrand und Fitzsimmons (2008) durch. Sie zeigten einer Versuchsgruppe unterschwellig das Apple-Logo und einer Kontrollgruppe das IBM-Logo. Durch den Prime des Apple-Logos sollte der Slogan „Think different“ aktiviert werden, welcher von Innovation und Kreativität geprägt ist. Die Gruppe mit dem Apple-Logo erzeugte anschliessend im Kreativitätstest mehr kreative Ergebnisse als die Kontrollgruppe. Weiter haben Fitzsimmons et. al (2008) ihre Probanden mit Discountläden oder teuren Geschäften geprimt. Dies hatte Einfluss darauf, welche Marken die Probanden später bevorzugten. Je nachdem, welche Preiskategorie zuvor aktiviert wurde, wählten sie anschliessend entweder teure oder günstige Marken.

Wie nutzt die Wirtschaftspsychologie den Priming-Effekt?

In der Wirtschaftspsychologie kann das Priming gezielt in der Werbung eingesetzt werden. Oftmals wird Werbung von Konsumentinnen und Konsumenten nicht bewusst wahrgenommen oder gar ignoriert. Dennoch können Werbungen, wie Sie nun sehen konnten, Reize vorbahnen, die dann eventuell spätere Entscheidungen lenken können. Viele Firmen nutzten bereits Priming, da es jedoch unterschwellig ist, wird es nicht immer bemerkt. So wird zum Beispiel auch in Einkaufscentern zum Teil langsame und angenehme Musik im Hintergrund gespielt, damit die Menschen langsamer gehen und länger durch die Gänge schlendern. In einer Zeit, in der wir konstant mit diversen Reizen konfrontiert und von diesen regelrecht überflutet sind, müssen Firmen und Marken immer kreativer werden, um auf sich aufmerksam zu machen. Der Priming-Effekt ist vielleicht nicht die offensichtlichste Art, jedoch zeigen Experimente, dass er durchaus die gewünschte Wirkung erzielen kann.

Bachelor of Science in Business Psychology

Mehr Informationen auf der Website der Hochschule Luzern – Wirtschaft

Gefahren für den Konsumenten

Priming kann ober- wie auch unterschwellig erfolgen. Beim oberschwelligen oder auch bewussten Priming, haben Konsumentinnen und Konsumenten jedoch eher eine Chance, den Priming-Effekt zu erkennen und sich somit nicht beeinflussen zu lassen. Das Eingangsbeispiel zur Eiswerbung im Kino ist ein gutes Beispiel für ein offensichtliches Priming. Sie sehen die Werbung bewusst und nehmen sie wahr. Wenn Sie nun das nächste Mal am Kiosk stehen, versuchen Sie sich daran zu erinnern, ob Werbung zu diesen Snacks gezeigt wurde und ob dies etwas in Ihnen ausgelöst hat. Ähnlich ist es, wenn Sie einkaufen gehen und am Einkaufswagen noch eine kleine Werbung für eine Packung Schokoladenkekse hängt. Diese fast unbemerkbare Werbung könnte bei Ihnen einen Prime auslösen und Sie dazu verleiten, eher solche Kekse zu kaufen, als wenn Sie diese Werbung nicht gesehen hätten. Schwieriger wird es beim unterschwelligen Priming. So verwenden zum Beispiel viele Filmemacher Marken, die sie in den Filmen geschickt platzieren. Dies wird auch Produktplatzierung genannt. Auf diese wird meist nicht direkt geachtet, sie sind nebensächlich und werden auch nur indirekt aufgenommen. Oder warum trägt James Bond zufällig eine Rolex? Dennoch genügt schon diese indirekte Ausstrahlung eines Produktes, um einen Reiz zu aktivieren. Hier ist das Enttarnen des Primes schwieriger, als bei offensichtlicher Werbung.

Durch Sensibilisierung gegen den Priming-Effekt

Wie Sie sehen, gibt es viele Arten von Priming. Sei es unterschwellig oder offensichtlich in Werbungen, der Effekt ist da. Ganz bestimmt werden Sie jetzt etwas genauer beim nächsten Kinobesuch oder beim Einkaufen darauf achten, welche Werbungen Sie dort gezeigt bekommen. Die Kunst der Wirtschaftspsychologie besteht darin, diesen Effekt geschickt zu nutzen, um Konsumentinnen und Konsumenten in eine bestimmte Richtung zu lenken. Aber natürlich können Sie als Konsumentin oder Konsument dem entgegensteuern, in dem Sie sich des Effektes bewusst sind und die Augen und Ohren danach offenhalten. 

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Referenzen

  • Bargh, J.A. , Chaiken, S., Raymond, P., & Hymes, C. (1996). The automatic evaluation effect: Unconditional automatic attitude activation with pronunciation task. Journal of Experimental Social Psychology, 32, 104-128.
  • Chartrand, T. L., Huber, J., Shiv, B., & Tanner, R. J. (2008). Nonconscious goals and consumer choice. Journal of Consumer Research, 35, 189-201.
  • Felser, G. (2015). Werbe- und Konsumentenpsychologie (vierte Auflage). Heidelberg/Stuttgart: Springer.
  • Fitzsimons, G. M., Chartrand, T. L., & Fitzsimons, G. J. (2008). Automatic effects of brand exposure on motivated behaviour: How Apple makes you “think different”. Journal of Consumer Research, 35, 21-35.
  • Friedman, R., & Elliot, A.J. (2008). Exploring the influence of sports drink exposure on physical endurance. Psychology of Sport and Exercise, 9(6), 749–759.
  • Moser, K. (2015). Wirtschaftspsychologie (zweite Auflage). Berlin/Heidelberg: Springer.
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  • Text Image by Matheus Gomes from Pexels

Informationen zur Autorin

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Models «Kommunikationskompetenz: Mit Bildern und Texten informieren».

Saskia Krummenacher studiert berufsbegleitend im 3. Semester Business Psychology. Neben dem Studium arbeitet sie zu 60% als Aussenhandelskauffrau in einem Luzerner Unternehmen, welches biologische Pflanzenschutzmittel herstellt und diese weltweit vertreibt.

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