Markt- & Konsumentenpsychologie

So ziehen uns Zahlen magisch an – ein Anker als Referenzwert

So ziehen uns Zahlen magisch an – ein Anker als Referenzwert
Warum ziehen uns Zahlen magisch an? Bild von Eoneren via Canva.com

Lesezeit 3′ min // Ein Beitrag von Jan Nietlispach

Zahlen können von Menschen als Referenzwert für eine Urteilsfällung verwendet werden. Tritt dieses Phänomen ein, spricht man vom Ankereffekt. Eine Immunisierung gegen diesen Effekt ist schwierig, aber nicht unmöglich.

Urlaube können teuer werden. Vor allem, wenn man im Freundschaftskreis erfährt, dass für den 4-wöchigen Urlaub 10’000 Franken ausgegeben wurden. Solche Geschichten können die eigene Ferienplanung drastisch beeinflussen. So wird man für einen solchen Ferienaufenthalt mehr Geld einplanen, als wenn andere Freunde:innen für ihren 4-wöchigen Urlaub nur 700 Franken ausgegeben haben.

In der Studie von Galisnky und Mussweiler aus dem Jahr 2001 zeigt sich der Ankereffekt in einer Verhandlung. So mussten Experten über den Verkauf einer fiktiven pharmazeutischen Fabrik verhandeln. Dabei gab es eine Gruppe von Käufer:innen und eine Gruppe von Verkäufer:innen. Beide Gruppen erhielten dabei realistische Hintergrundinformationen zum Unternehmen. Die Ergebnisse der Verhandlungen zeigten einen enormen Vorteil für den Erstbietenden. Machte der Kaufende das erste Gebot (Anker), so einigten sich die Parteien im Schnitt auf einen Preis von 19.7 Millionen US-Dollar. Machte hingegen der Verkaufende das erste Gebot, so wurden durchschnittlich 24.8 Millionen US-Dollar als Preis vereinbart.

Ob bei Verhandlungen, Preisschätzungen, Investitionsentscheidungen oder bei juristischen Urteilen (Rechtspsychologie), der Ankereffekt kann an verschiedenen Orten eintreten. Der Ankereffekt wird gerne auch in der Preispsychologie bei der Gestaltung von Werbungen angewandt.

Was der Ankereffekt mit uns anstellt

Die Ankerheuristik beschreibt die Wirkung, gegebene und möglicherweise zufällige Dinge als Referenzwerte für die Beurteilung zu verwenden. Mithilfe eines ersten expliziten oder impliziten Referenzpunktes kann jemand, der besonders mit Unsicherheit konfrontiert ist, einen ersten Hinweis geben. Typischerweise wird dieser Anker nur unzureichend angepasst. Die eigenen Einschätzungen werden also in Richtung eines mentales Ankers verzerrt. Dabei sind zwei grundlegende kognitive Prozesse für die Entstehung des Ankereffekts verantwortlich – Selektives Hypothesentesten und Semantisches Priming. Selektives Hypothesentesten ist der Prozess, bei dem eine Hypothese auf Basis verfügbarer Informationen ausgewählt und bevorzugt untersucht wird, wodurch andere mögliche Erklärungen vernachlässigt werden können. Semantisches Priming ist der Prozess, bei dem die Verarbeitung eines Wortes durch vorherige semantische Verwandtschaft zu einem anderen Wort beschleunigt wird.

Kampf gegen den Ankereffekt

Eine Immunisierung gegen den Ankereffekt ist nicht ganz einfach. Wird ein Anker gesetzt, ist es schwierig, sich davon zu lösen. Drei Schritte ermöglichen es, dem Ankereffekt auszuweichen. In einem ersten Schritt sollte hinterfragt werden, ob es einen Ausgangwert gab. Im zweiten Schritt sollte Evidenz für Gegenargumente bzw. Wissen, das gegen den Anker spricht, gesucht werden. Im dritten und letzten Schritt sollte eine Neubeurteilung stattfinden und somit der Anker ausgeblendet werden. Werden diese drei Schritte erfolgreich umgesetzt, kann der Effekt erfolgreich umgangen werden.

Welche Alltagssituationen fallen Ihnen ein, wo Sie dem Ankereffekt bereits begegnet sind?


Referenzen

  • Felser, G. (2015). Werbe- und Konsumentenpsychologie. Springer
  • Aronson, E. (2014). Sozialpsychologie. Pearson
  • ©Bild von Eonoren (gettyimages) via Canva.com

Informationen zum Autor

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Moduls «Kommunikationskompetenz: Mit Bildern und Texten informieren» an der Hochschule Luzern – Wirtschaft.

Jan Nietlispach befindet sich derzeit im 2. Semester seines Business Psychology Studiums. Er hat sich für den Studiengang entschieden, da er das Erleben und Verhalten von Menschen im wirtschaftlichen Kontext interessant findet.

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