Die Entscheidung von Zalando, Kundenkonten von Viel-Retournierenden zu sperren, hat in der Branche für Aufsehen gesorgt – nicht nur unter Konsumierenden, sondern auch in Marketing- und Kommunikationskreisen. Der Schritt ist Ausdruck eines wachsenden Spannungsfeldes zwischen kundenorientierter Servicekultur und unternehmerischer Nachhaltigkeit.
In einem Interview mit RSI erläuterte Thomas Wozniak, Experte für Konsumentenverhalten an der Hochschule Luzern, dass dieser Entscheid wenig überraschend komme. Zalando sei zwar seit Jahren für seinen unkomplizierten, kostenlosen Retourenprozess bekannt, doch genau dieser habe sich zunehmend als betriebswirtschaftliche wie ökologische Herausforderung erwiesen.
Gemäss der Onlinehändlerbefragung 2022 liegen die durchschnittlichen Prozesskosten für eine einzelne Retoure bei rund 20 Franken. Fashion-Umsätze waren in den letzten beiden Jahren rückläufig, und asiatische Anbieter drängen mit Kleinpaketen in den Schweizer Onlinehandel. In diesen wirtschaftlich raueren Zeiten sind durch Retouren verursachte Kosten umso schmerzlicher. Die Rücksendequote im Bereich Kleidung liegt laut Wozniak bei bis zu 60 Prozent. Diese hohen Zahlen lassen Rückschlüsse auf ein etabliertes Einkaufsverhalten zu: Kundinnen und Kunden bestellen bewusst mehrere Varianten zur Auswahl, in der Absicht, einen Teil zurückzusenden.
Dieses Verhalten ist zwar nachvollziehbar – Kleidung muss passen und gefallen – stellt aber eine Belastung für Logistik, Margen und für die Umwelt dar. Aus Unternehmenssicht ist es daher nachvollziehbar, dass Zalando nun restriktiver agiert. Laut einer Sprecherin des Unternehmens wurden jene Konten gesperrt, bei denen überdurchschnittliches Rücksendeverhalten festgestellt wurde – eine Massnahme, um den Service jenen zu erhalten, die ihn „verantwortungsvoll“ nutzen.
Für Marken bedeutet diese Entwicklung einen Paradigmenwechsel. Wo früher maximale Kulanz galt, um Kundentreue zu fördern, tritt heute zunehmend eine differenzierte Risikobetrachtung in den Vordergrund. Die Herausforderung besteht darin, Missbrauch zu begrenzen, ohne das Vertrauen der breiten Mehrheit zu verlieren.
Hier kommen auch Marketing und Kommunikation ins Spiel: Wer Kundenbindungsprogramme und Serviceversprechen langfristig glaubwürdig gestalten will, muss den Balanceakt zwischen Grosszügigkeit und Grenzen kommunikativ begleiten. Transparente Informationen über Retourenrichtlinien, besser aufbereitete Produktinformationen, verstärkte Personalisierung und Nudges sind beispielsweise Massnahmen, die helfen können, das Retourenvolumen zu senken, ohne den Servicegedanken aufzugeben.
Zalandos Schritt passt auch in einen grösseren Kontext: Der Ruf nach ökologisch verantwortungsvollem Konsum wird lauter – nicht nur in der Politik, sondern auch bei Konsumierenden. Unternehmen, die frühzeitig auf diese Entwicklung reagieren, positionieren sich glaubwürdiger.
Thomas Wozniak fasst zusammen: „Letztlich liegt die Verantwortung weiterhin beim Kunden.“ Gleichzeitig zeigt das Beispiel Zalando, dass Anbieter heute aktiver in die Gestaltung von Konsumverhalten eingreifen – nicht nur durch Anreize, sondern auch durch Konsequenzen.
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