13. Februar 2023

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Studentische Beiträge

Kanton Basel-Stadt: neue Wohnschutzbestimmungen verunsichern Grundeigentümer

Kanton Basel-Stadt: neue Wohnschutzbestimmungen verunsichern Grundeigentümer

Studentischer Beitrag aus dem MAS Immobilienmanagement

Im Herbst 2021 hat die Basler Stimmbevölkerung mit der Annahme der Initiative «JA zum ECHTEN Wohnschutz» den Wunsch nach Förderung und Erhalt von bezahlbarem Wohnraum klar geäussert. Immobilien, die im Kanton Basel-Stadt gelegen sind, können seit Inkrafttreten der neu geschaffenen Bestimmungen nur noch saniert, renoviert oder umgebaut werden, wenn die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind. Aufgrund der einschneidenden Auswirkungen und der fehlenden Praxis ist bei den Immobilieninvestoren und Grundeigentümer eine gewisse Verunsicherung zu spüren.  

Ein Artikel von Sarah Kneuss und Nadja Leuthardt

Die Lage auf dem Wohnungsmarkt als Trigger für die Schaffung der neuen Wohnschutzbestimmungen

«Mit Vollgas in die Wohnungsnot» – so fasst die RAIFFEISEN aktuell die allgemeine Situation auf dem Wohnungsmarkt zusammen (Raiffeisen, 2022). Der Druck auf den Wohnungsmarkt war in den vergangenen Jahren in verschiedenen Regionen der Schweiz und so auch im Kanton Basel-Stadt deutlich spürbar (Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, 2022).

Der Kanton hatte in der Vergangenheit nicht nur mit stetig steigenden Mietzinsen, sondern auch mit sehr tiefen Leerstandsquoten zu kämpfen (Für ein bezahlbares Zuhause, 2022; Kanton Basel-Stadt & Kanton Basel-Landschaft, 2022). Die massgeblichen Gründe für die tiefen Leerstandsquoten sind in der stetig wachsenden Wohnbevölkerung und einer Wohnbautätigkeit, welche dieser Bevölkerungsentwicklung nicht mit der notwendigen Geschwindigkeit Schritt halten kann, zu sehen (Raiffeisen, 2022; Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, 2021).

Für die Mieter bedeutet eine Verknappung des Angebots an mietbaren Liegenschaften nicht nur eine Verschärfung der Wohnungsnot Übersteigt die Nachfrage nach Mietobjekten das Mietangebot geht dies tendenziell auch mit steigenden Mietzinsen einher (Raiffeisen, 2022).

Wie ein Blick auf Abbildung 1 zeigt, liegt der durchschnittliche Mietzins im Kanton Basel-Stadt knapp über der gesamtschweizerischen Durchschnittsmiete (Stand 2020).

Abbildung 1: Durchschnittlicher Mietpreis in CHF nach Kanton (Quelle: Bundesamt für Statistik, BFS – Strukturerhebung, Gebäude- und Wohnungsstatistik)

Obwohl der Kanton Basel-Stadt demnach noch nicht zu den Kantonen mit den schweizweit höchsten Mietzinsen zu zählen ist, hat die aktuelle Lage auf dem Wohnungsmarkt bei der Basler Stimmbevölkerung bereits ein breites Bedürfnis nach aktiver Förderung von preisgünstigem und bezahlbarem Wohnraum wachsen lassen. Vor nicht allzu langer Zeit – am 28. November 2021 – hat sich das Basler Stimmvolk mit 53.12% Ja-Stimmen zu 46.88% Nein-Stimmen für die Annahme der  Initiative «JA zum ECHTEN Wohnschutz» ausgesprochen (Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, 2022; Staatskanzlei des Kantons Basel-Stadt, 2022). Die neuen Wohnschutzbestimmungen, das heisst die des Basler Wohnraumfördergesetzes[1] und die der Wohnraumschutzverordnung[2], traten am 28. Mai 2022 in Kraft (CBRE, 2022; Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, 2022; WüestPartner, 2021).

Zu den neuen Wohnschutzbestimmungen im Kanton Basel-Stadt

Erhalt und Schaffung von bezahlbarem Wohnraum

Durch die neuen Wohnschutzbestimmungen soll vielfältiger, unterschiedlichen Ansprüchen genügender, familiengerechter, preisgünstiger und insbesondere auch bezahlbarer Wohnraum sichergestellt werden. In Zeiten der Wohnungsnot sollen die neuen Regelungen Mietparteien zudem ein besonderer Schutz vor Verdrängung durch Kündigung und Mietzinserhöhungen bieten (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 WRFG; SVIT beider Basel, 2022).

Die auf kantonaler Gesetzes- und Verordnungsstufe eingeführten neuen Regelungen lassen sich zusammenfassend anhand des folgenden Kurzbeitrags erläutern:

Video «Worum es geht, in 120 Sekunden erklärt!» (Quelle: Staatliche Stelle für Wohnraumschutz des Kantons Basel-Stadt)

Für die Praxis von besonderer Bedeutung sind die neu eingeführten Wohnschutzbestimmungen, die in Bezug auf die Sanierung, die Renovation und den Umbau von (Miet-)Wohnliegenschaften zu beachten sind. Will ein Vermieter inskünftig bauliche Massnahmen an seiner Liegenschaft ausführen, hat er vorgängig ein Prüf- und Bewilligungsverfahren zu durchlaufen. Ebenfalls unterstehen die Mieten, welche nach Abschluss der baulichen Massnahmen für die in der betreffenden Liegenschaft sich befindenden Mietobjekte verlangt werden dürfen, einer Mietzinskontrolle (SVIT beider Basel, 2022).

Neue Bestimmungen in Bezug auf die Sanierung, die Renovation oder den Umbau von Wohnliegenschaften

Neue Prüf- und Bewilligungspflicht

Wer seine im Kanton Basel-Stadt gelegene Wohnliegenschaft sanieren, renovieren oder umbauen will, hat sein Vorhaben neu in einem speziellen Prüf- und Bewilligungsverfahren genehmigen zu lassen (SVIT beider Basel, 2022). Die Prüf- und Bewilligungspflicht greift unter folgenden Voraussetzungen:

  1. Es herrscht Wohnungsnot: Wohnungsnot herrscht im Kanton Basel-Stadt ab einem Leerwohnungsbestand von 1.5% oder weniger. Wohnungsnot ist mit einem Leerwohnungsbestand von aktuell 1.2% gegeben (CBRE, 2022; Kanton Basel-Stadt & Kanton Basel-Landschaft, 2022). 
  2. Die Liegenschaft fällt unter den gemäss Wohnraumfördergesetz geschützten Wohnraum: Durch die neuen Wohnschutzbestimmungen geschützt ist grundsätzlich der gesamte Bestand an Mietwohnungen, mit Ausnahme von solchen, die für höchstens drei Monaten gemietet werden, die als luxuriös im Sinne von Art. 253b2 OR zu qualifizieren sind (sogenannte Luxuswohnungen) und solche, welche sich in einem Mehrfamilienhaus mit maximal drei Wohnungen befinden (SVIT beider Basel, 2022; WüestPartner, 2021).
  3. Das Bauvorhaben übersteigt Massnahmen, die unter den einfachen ordentlichen Unterhalt fallen: Als einfachen ordentlichen Unterhalt werden all jene Aufwendungen definiert, die zur Erhaltung des Mietobjektes zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand und nicht zu einer Wertvermehrung beitragen. Keiner Bewilligung bedürfen zudem Sanierungs-, Renovations- und Umbauarbeiten, die aufgrund einer rechtskräftigen behördlichen Verfügung oder im Interesse von öffentlichen Bauten und Anlagen oder des gemeinnützigen Wohnungsbaus erforderlich sind (SVIT beider Basel, 2022; WüestPartner, 2021).

Sind die soeben dargelegten Voraussetzungen gegeben, ist zu prüfen, welches Prüf- und Bewilligungsverfahren im Einzelfall einschlägig ist. Die Art des Prüf- beziehungsweise Bewilligungsverfahrens hängt einerseits davon ab, ob die Sanierungs-, die Renovations- oder die Umbaumassnahmen zu einer Erhöhung der Mieten führen und andererseits, ob die Durchführung der baulichen Massnahmen im bewohnten oder unbewohnten Zustand der betreffenden Liegenschaft erfolgt (WüestPartner, 2021). Im Einzelnen gilt es folgende Verfahren auseinanderzuhalten:

  • Einfaches Prüfverfahren (auch Meldeverfahren): Umbau-, Renovations- oder Sanierungsvorhaben, die in bewohntem Zustand ausgeführt werden und keine Erhöhung der bestehenden Mieten zur Folge haben, unterstehen dem einfachen Prüfverfahren. Ist das einfache Prüfverfahren anwendbar, müssen die geplanten baulichen Massnahmen lediglich bei der Wohnschutzkommission gemeldet werden (SVIT beider Basel, 2022).
  • Vereinfachtes Bewilligungsverfahren: Werden die Sanierungs-, Renovations- oder Umbauarbeiten in bewohntem Zustand ausgeführt, gehen diese jedoch nach Abschluss der Arbeiten mit einer Mietzinserhöhung einher, ist das vereinfachte Bewilligungsverfahren zu durchlaufen (SVIT beider Basel, 2022).

    Für die Anwendbarkeit des vereinfachten Bewilligungsverfahrens wird überdies vorausgesetzt, dass der Mietzinsaufschlag die gesetzlich im Wohnraumfördergesetz festgelegten Grenzen von maximal CHF 80.00 für 1- bis 2-Zimmerwohnungen, CHF 120.00 für 3-Zimmerwohnungen beziehungsweise CHF 160.00 für Wohnungen mit vier und mehr Zimmern, nicht übersteigt. Auf begründeten Antrag hin können diese Pauschalen um 20% unter-  beziehungsweise überschritten werden. Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung im vereinfachten Bewilligungsverfahren ist weiter, dass die von den Sanierungs-, Renovations- oder Umbauarbeiten betroffenen Wohnungen in derselben Wohnungskategorie verbleiben und den überwiegenden Bedürfnissen der Wohnbevölkerung entsprechen (SVIT beider Basel, 2022). 

  • Umfassendes Bewilligungsverfahren: Das umfassende Bewilligungsverfahren ist anzustreben, wenn aufgrund einer Sanierung, einer Renovation oder eines Umbaus höhere Mietzinsaufschläge resultieren, als die im Wohnraumfördergesetz festgesetzten Pauschalen (vereinfachtes Bewilligungsverfahren, s.o.; SVIT beider Basel, 2022). Das umfassende Bewilligungsverfahren ist zudem anzuwenden, wenn die Bauarbeiten nicht in bewohntem Zustand durchgeführt werden können (Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, 2021; SVIT beider Basel, 2022).

    Eine Bewilligung im umfassenden Bewilligungsverfahren wird erteilt, wenn die Wohnung nach der Sanierung, der Renovation oder dem Umbau in der bestehenden Kategorie verbleibt. Als zusätzliche Bewilligungsvoraussetzung wird verlangt, dass die Wohnungen nach Vornahme der baulichen Massnahmen den überwiegenden Bedürfnissen der Wohnbevölkerung entsprechen und so den Charakter der Quartiere, den aktuellen Wohnbestand sowie die bestehenden Wohn- und Lebensverhältnisse geschützt und bewahrt werden (§ 8e Abs. 2 WRFG; SVIT beider Basel, 2022).

    8a Abs. 3 lit. a WRFG hätte weiter ein «Rückkehrrecht» der Mieter in die sanierte Wohnung vorgesehen. Danach hätte den Mietern zusätzlich das Recht gewährt werden müssen, nach den Umbauten wieder in Ihre Wohnungen zurückkehren zu dürfen (§ 8a Abs. 3 lit. a WRFG; SVIT beider Basel, 2022). Das Bundesgericht qualifizierte die besagte Bestimmung gemäss Wohnraumfördergesetz jedoch erst kürzlich als «bundesrechtswidrig» und hat sie in der Folge aufgehoben (Bundesgericht, 2022; Bundesgericht, 2023).

Für den Vollzug der neuen Wohnschutzbestimmungen ist grundsätzlich die Wohnschutzkommission (WSK) zuständig (§ 2 Abs. 3 lit. c WRSchV). Bevor dieser ein Gesuch für die Bewilligung von Arbeiten eingereicht werden kann, ist allerdings abzuklären, ob die geplanten Massnahmen der Baubewilligungspflicht oder einem Kanalisationsbewilligungsverfahren unterliegen. In diesem Fall ist das Gesuch nicht direkt bei der Wohnschutzkommission einzureichen. Für das Erteilen der Baubewilligung muss die Zustimmung des Bau- und Gastgewerbeinspektorats des Kantons Basel-Stadt (BGI) vorgängig eingeholt werden. Dasselbe gilt für das Kanalisationsbewilligungsverfahren. Hier bedarf es eine zusätzliche Bewilligung des Tiefbauamtes (TBA). Der Instanzenzug sieht in diesen Fällen wie folgt aus (Staatliche Stelle für Wohnraumschutz, Präsidialdepartement des Kantons Basel-Stadt, 2022):

Verfahren mit vorgelagertem Baubewilligungsverfahren:

Abbildung 2: Prüf- und Bewilligungsverfahren der Wohnschutzkommission mit vorgelagertem Baubewilligungsverfahren (Quelle: Staatliche Stelle für Wohnraumschutz des Kantons Basel-Stadt)

Verfahren mit vorgelagertem Kanalisationsbewilligungsverfahren:

Abbildung 3: Prüf- und Bewilligungsverfahren der Wohnschutzkommission mit vorgelagertem Kanalisationsbewilligungsverfahren (Quelle: Staatliche Stelle für Wohnraumschutz des Kantons Basel-Stadt)

Neue Mietzinskontrolle

Neben den soeben dargelegten Prüf- und Bewilligungsverfahren (s.o.) sehen die revidierten Bestimmungen des Wohnraumfördergesetzes neu auch eine Mietzinskontrolle für die Dauer von fünf Jahren vor. Mietzinskontrolle im vorliegend verstandenen Sinne bedeutet, dass die Wohnschutzkommission die Höhe der maximalen Mietzinsaufschläge beziehungsweise der maximalen Netto-Mieten nach Abschluss der Bauarbeiten verbindlich festlegt. Die durch Wohnschutzkommission festgelegten maximalen Mietzinsaufschläge beziehungsweise maximalen Netto-Mietzinsen werden im Grundbuch angemerkt (SVIT beider Basel, 2022).

Bedeutung für die Praxis

Nicht anzweifeln lässt sich die Tatsache, dass die seit vergangenem Jahr im Kanton Basel-Stadt geltenden Wohnschutzbestimmungen für den Basler Immobilienmarkt von bedeutender Tragweite sind. Werden die kantonalen Wohnschutzbestimmungen missachtet, kann dies nicht nur happige Konsequenzen nach sich ziehen (zum Beispiel die Abwehrmassnahmen gemäss Bau- und Planungsgesetz des Kantons Basel-Stadt[3] oder auch eine Busse bis CHF 100’000.00 (§ 20 f. WRFG, SVIT beider Basel, 2022)). Interessant ist daher, welche Bedeutung den neuen Wohnschutzbestimmungen durch Immobilienexperten zugewiesen wird. Um ein Gefühl hierfür zu erhalten, wurden fünf ausgewählte Immobilienexperten mit Praxiserfahrung im Raum Basel zu den neuen Wohnschutzbestimmungen befragt (nachfolgend: Umfrage A bis E). Wie aus den Umfragen hervorgeht, fehlen Erfahrungen mit den neuen Wohnschutzbestimmungen und auch der für die Ausführung neu geschaffenen Wohnschutzkommission nach wie vor weitgehend. Lediglich einer der befragten Immobilienexperten hat angegeben, gestützt auf die neuen Wohnschutzbestimmungen im Kanton Basel-Stadt bereits ein Prüf- und Bewilligungsverfahren eingeleitet zu haben (Umfrage A).

Obwohl eine verlässliche Praxis zu den neu im Kanton Basel-Stadt geltenden Wohnschutzbestimmungen bis dato noch nicht vorliegt, sehen die Befragten aufgrund der neuen Wohnschutzbestimmungen durchaus einige Chancen und Risiken in Bezug auf die Entwicklung des Immobilienmarkts «Basel-Stadt». Das Ergebnis der Umfragen lässt sich Anhand der nachfolgend aufgeführten drei Fragen zusammenfassen:

1) Welches Verhalten kann auf der Investorenseite aufgrund der neuen Wohnschutzbestimmungen im Kanton Basel-Stadt beobachtet werden?

Die befragten Immobilienexperten haben angegeben, es sei zum Teil eine gewisse Verunsicherung und Zurückhaltung in der Investitionsfreudigkeit ihrer Mandanten zu verspüren (Umfrage B, Umfrage D, Umfrage E und auch Umfrage A). Für Investoren, welche Immobilien im Kanton Basel-Stadt bereits halten, stelle sich aufgrund der neuen Wohnschutzbestimmungen auch die Frage, ob es Sinn macht, Liegenschaften im Kanton Basel-Stadt mit aufgestauten (notwendigen) Unterhaltsarbeiten zu verkaufen oder besser im eigenen Portfolio zu halten (Umfrage D).

Spannend zu beobachten bleibt zudem, ob Immobilieninvestoren aufgrund der neuen Wohnschutzbestimmungen von ihren Ausweichmöglichkeiten in andere Kantone mit weniger regulierenden Wohnschutzbestimmungen Gebrauch machen (vgl. auch Umfrage B und Umfrage C).

2) Was bedeuten die neuen Wohnschutzbestimmungen für Wohnliegenschaften im Kanton Basel-Stadt?

Die Umfragen haben ergeben, dass die neuen Wohnschutzbestimmungen in Bezug auf Wohnliegenschaften nicht nur als Chance gesehen werden. Gemäss den befragten Immobilienexperten müssen viele Grundeigentümer ihre Sanierungsstrategie für Liegenschaften, die im Kanton Basel-Stadt gelegen sind, grundlegend ändern (Umfrage B). In den neuen Wohnschutzbestimmungen werden aus diesem Grund auch gewisse Risiken für den Immobilienmarkt des Kantons Basel-Stadt erblickt.

Serafin Düring (Asset Manager Real Estate, Region Basel, der SFP Swiss Finance and Property Group) beispielsweise sieht das «Risiko [im Zusammenhang mit den neuen Wohnschutzbestimmungen] bei sinkenden Investitionen». Er führt weiter aus, «Basel [sei] bereits bekannt als Standort mit einem starken Mieterschutz. Die Wohnschutzbestimmungen werden dieses Gefühl verstärken. Man hört immer mehr von Investoren, welche zukünftig weniger oder gar nicht mehr in Basel investieren möchten. Dies führt zu einer tieferen Bautätigkeit […]». Durch eine verminderte Bautätigkeit würde sich längerfristig auch das Angebot an Mietwohnungen vermindern (Umfrage E). Für den Kanton Basel-Stadt hätte dies unter Umständen die stossende Konsequenz, dass die Mieten aufgrund eines zu knappen Mietwohnungsangebots trotz der neuen Wohnschutzbestimmungen steigen (s.o. und Umfrage B und Umfrage D). Eine solche Entwicklung ist im Kanton Genf, welcher über ähnliche Wohnschutzbestimmungen wie der Kanton Basel-Stadt verfügt, zu beobachten (Rickenbach & Hauser, 2021; WüestPartner, 2021).

Die Befürchtung einer verminderten Bau- und Investitionstätigkeit geht überdies nicht nur mit der Prognose eines inskünftig (noch) kleineren Mietwohnungsangebots im Kanton Basel-Stadt einher. Von den befragten Immobilienexperten wird auf der einen Seite auch befürchtet, dass die Mietzinskontrolle zu einer Fokussierung der Grundeigentümer auf eine möglichst kostengünstige Durchführung von Sanierungs-, Renovations- und Umbauarbeiten an Mietliegenschaften führt (Umfrage B). Auf der anderen Seite wird vermutet, dass gewisse bauliche Massnahmen gar nicht erst durchgeführt werden, weil auf Seiten der Grundeigentümer die Befürchtung gehegt wird, sie können ihre baulichen Vorhaben aufgrund der Mietzinskontrolle nicht rentabel ausgestalten (Umfrage B, Umfrage C und Umfrage D). Letzterem Argument ist aufgrund der aktuellen Situation auf dem Baumarkt und der damit einhergehenden Erhöhung der Baukosten eine besonders aktuelle Komponente zuzuschreiben (Umfrage B). Alles in allem gehen einige der befragten Immobilienexperten demnach von einer negativen Entwicklung der Sanierungsqualität bei Wohnliegenschaften im Kanton Basel-Stadt aus. Werden notwendige bauliche Massnahmen an bestehenden Wohnliegenschaften unterlassen, kann dies zu einer Verschlechterung des Zustands von bestehenden Mietobjekten führen (Umfrage B, Umfrage C und Umfrage D).

3) Kann das Ziel der Sicherstellung von preisgünstigem und bezahlbarem Wohnraum durch die neuen Wohnschutzbestimmungen erreicht werden?

Bei der Beantwortung dieser Frage haben sich die Einschätzungen der befragten Experten nicht durchwegs gedeckt. Einige der befragten Immobilienexperten waren der Ansicht, dass preisgünstige oder bezahlbare Wohnungen aufgrund der neuen Bestimmungen wohl gehalten werden können (Umfrage D) oder sich ein Preisanstieg der Mieten dadurch zumindest teilweise hinauszögern lässt (Umfrage A). Andere wiederum schätzen die Auswirkungen der neuen Wohnschutzbestimmungen auf die Gestaltung der Mieten nach Abschluss einer Sanierung, einer Renovation oder eines Umbaus von bestehenden Wohnliegenschaften als gering ein (Umfrage C).

Fazit und Ausblick

Der Kanton Basel-Stadt hat mit den neu per 28. Mai 2022 in Kraft getretenen Bestimmungen gemäss revidiertem Wohnraumfördergesetz und der dazugehörigen Wohnraumschutzverordnung einen Schritt zur Verstärkung des kantonalen Wohnschutzes gewagt hat. Mit den neu eingeführten Prüf- und Bewilligungsverfahren mit anschliessender Mietzinskontrolle wird es dem Kanton Basel-Stadt vermutlich gelingen, das Niveau der im Kanton Basel-Stadt verlangten durchschnittlichen Mietzinsen unter Kontrolle zu halten. Fraglich bleibt jedoch, wie sich die neuen Wohnschutzbestimmungen auf die Investitions- und Bautätigkeit im Wohnliegenschaftsbereich und auch auf das Verhalten von Immobilieninvestoren und von Grundeigentümer von Wohnliegenschaften im Kanton Basel-Stadt auswirken wird. Gelingt es in naher Zukunft nicht, genügend Bau- und Sanierungsanreize für Wohnliegenschaften zu schaffen, droht eine zu geringe Bautätigkeit oder die Unterlassung von notwendigen Sanierungs- und Unterhaltsarbeiten an bestehenden Mietliegenschaften. Bei einer anhaltend zu tiefen Bautätigkeit droht dem Kanton Basel-Stadt eine Abnahme des ohnehin bereits knappen Angebots an Wohnliegenschaften (Verschärfung der Wohnungsnot, s.o. und auch WüestPartner, 2021). Gleichzeitig könnten sich in diesem Fall aufgrund des Nachfrageüberschusses die Mieten erhöhen (s.o.). Unterbleiben zudem notwendige Sanierungs- und Unterhaltsarbeiten an bestehenden Wohnliegenschaften wird sich deren Unterhaltszustand verschlechtern. Zur Vermeidung solcher Auswirkungen, welche den Zielen der neuen Wohnschutzbestimmungen (s.o.) diametral entgegenstehen würden, wird sich der Kanton Basel-Stadt aktiv der Förderung von Anreizen im Bereich der Bau- und Sanierungstätigkeit von Wohnraum widmen müssen.

[1]     Gesetz über die Wohnraumförderung (Wohnraumfördergesetz, WRFG) des Kantons Basel-Stadt, Systematische Gesetzessammlung (SG) Nr. SG 861.500.

[2]     Verordnung über den Schutz von Wohnraum (Woraumschutzverordnung, WRSchV) des Kantons Basel-Stadt, Systematische Gesetzessammlung (SG) Nr. SG 861.540

[3]     Bau- und Planungsgesetz (BPG) des Kantons Basel-Stadt, Systematische Gesetzessammlung (SG) Nr. SG 730.100.

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