10. September 2016

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Digitalisierung: Die Gewinner von morgen

Digitalisierung: Die Gewinner von morgen

Die Digitalisierung hat schon manche Branche durchgeschüttelt. Amazon revolutionierte den Bücher- und Medienmarkt, Airbnb den Tourismus. Die Digitalisierung produziert Gewinner und

Verlierer. Wer angesichts der Beschleunigung nicht auf der Strecke bleiben will, muss sich mit diesen Veränderungen auseinandersetzen.

Typisch für die heutige Zeit ist eine neue Rollenverteilung zwischen Unternehmen und Kunde. Der Käufer informiert sich heute weitgehend online und bestellt problemlose Produkte auch sofort. Von Amazon, SBB oder den Reisebuchungsportalen ist man sich gewohnt, dass die Bedienung sehr leicht und intuitiv vor sich geht und man jederzeit schnell und einfach zu Informationen kommt. Mehr und mehr sind Kunden bereit, einen Grossteil der Arbeit selbst zu übernehmen, weil es schneller und einfacher geht und man jederzeit ohne Wartezeiten darauf zugreifen kann. Mit dieser Erfahrung steigen auch die Ansprüche an kleinere Firmen, die nicht über die gleichen Ressourcen wie die grossen Verfügen. Der Kunde wird intolerant gegenüber Wartezeiten und unvollständigen Auskünften.

Aus Sicht eines Unternehmens sind vor allem zwei Ressourcen zentral: Einerseits haben die Mitarbeitenden ein grosse
s Gewicht, andererseits sind es heute die digitalen Systeme, welche eine effiziente Arbeit erst möglich machen. In vielen Fällen ist es dank technischem Fortschritt möglich, mit weniger Personal in den Bereichen Administration und Produktion ein Umsatzplus zu erzielen. Interne Prozesse und die Zusammenarbeit mit Lieferanten können massiv verbessert werden. Aber auch Verkauf und Akquisition stehen vor Veränderungen.

Auch für kleine Unternehmen ist es wichtig, neben der Adresse in der realen Welt im Netz ein Schaufenster zu haben, das einfach und problemlos gefunden wird. Die eigene Homepage ist heute Standard, reicht aber bei weitem nicht aus. Sie muss gut gefunden werden und dem Kunden einen tatsächlichen Nutzen bieten. Eine Untersuchung der Hochschule Luzern zeigte dazu alarmierende Befunde. Ein Grossteil der Unternehmen kennt seine Kunden zu wenig gut und weiss nicht, wie sich diese im Internet aber auch in der realen Welt informieren und verhalten. Das wäre allerdings eine Grundvoraussetzung, um ihnen wirklich relevante Informationen zu liefern und an den richtigen Kontaktpunkten präsent zu sein. Die Herausforderung besteht darin, dies mit einem vergleichsweise bescheidenen Budget zu erreichen.

Die Verkaufsmitarbeiter werden nicht einfach wegrationalisiert. Vielmehr verändert sich ihre Rolle. Fach- und Faktenwissen kann sich der Kunde übers Internet aneignen. Angebot und Nachfrage werden in vielen Bereichen durch Plattformen im Stil von Immoscout oder Comparis zusammen geführt. Die Transparenz erhöht sich weiter. Mitarbeiter braucht es aber, um die Beziehungen zu gestalten, d
m Kunden zu helfen, komplexe Produkte und Services auf seine Bedürfnisse zuzuschneiden und ihm zu helfen, sich für das individuell Passende zu entscheiden.

In der Praxis zeigt sich eine Diskrepanz zwischen den Anforderungen der Arbeitgeber in einer digitalen Welt und den Qualifikationen und der Offenheit des Personals. Nur 24 Prozent aller befragten Unternehmen sagen, dass ihre Mitarbeiter den Anforderungen «voll und ganz» gewachsen seien. Rund ein Viertel der Unternehmen bemängeln, dass die digitale Kompetenz der Mitarbeitenden «eher nicht» oder «überhaupt nicht» den Anforderungen von heute genügt.

„Digital Leaders“ sind auf dem Personalmarkt wesentlich attraktiver und können bessere Mitarbeiter rekurutieren als Nachzügler. Damit wird die Personalarbeit noch stärker zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor. Die Unternehmenskultur muss sich vielerorts verändern: digitale Talente wollen nicht primär einen sicheren Job – sie werden sich nur entfalten, wenn sie die nötige Portion Flexibilität und Eigenverantwortung vorfinden. Innerhalb einer bestehenden Unternehmenskultur besteht die grosse Gefahr, dass sie von der Hierarchie «geschluckt» und ihrer Kreativität beraubt werden. Digitalisierung, Unternehmensstrategie und Personalentwicklung gehen letztlich Hand in Hand. Auch das ist für KMUs häufig eine grosse Herausforderung.

Mitarbeiter sind gefordert, sich aktiv selbst fit zu machen für den Wandel. Wahrscheinlich wird es gegen die Hälfte der heutgen Berufe in zehn Jahren nicht mehr geben. Dafür werden Berufe entstehen, von denen wir heute noch nicht mal träumen. Die teilweise verbreiteten Horrorszenarien von Massenarbeitslosigkeit, weil alle Tätigkeiten von Computern und Robotern übernommen würden, werden kaum eintreffen. D
e Einführung der Dampfmaschine vor 200 Jahren hat auch nicht zu massiver Massenarbeitslosigkeit sondern zu einer anhaltenden wirtschaftlichen Prosperität mit neuen Berufen und besserer Versorgung der breiten Bevölkerung beigetragen. Auch diesmal wird es so sein, dass die Zeiten vor allem für die Mitarbeiter schwierig werden, die sich an alte, überkommene Aufgaben klammern. Wer bereit ist, sich auf Neues einzulassen und sich aktiv weiter entwickelt, hat klare Aussicht auf interessantere
Tätigkeiten. Sicher ist jedoch, dass die Zeiten von Jobsicherheit, lebenslanger Anstellung und ausüben des gleichen Berufs von der Lehre bis zur Pensionierung nicht nur bei den Banken definitiv der Vergangenheit angehören. Wir sind alle gefordert, zu Unternehmern in eigener Sache zu werden.

Dieser Artikel erschien am 10.9.2016 als Kolumne in der Neuen Luzerner Zeitung.

Studie: Digitalisierungsbarometer

Für die Studie «Digitalisierungsbarometer: Die Immobilienbranche im digitalen Wandel» wertete das Forschungsteam knapp 1ʼ000 Antworten von Fachpersonen aus, die etwa in Architekturbüros, Generalunternehmen, Bauunternehmen, bei der öffentlichen Hand, in der Vermarktung oder im Bereich Immobilieninvestment tätig sind. Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit Amstein + WalthertHalter ImmobilienWincasaGaraioImmoScout24ImpleniaMigros Pensionskasse und Swisscom.

Eine Kurzfassung der Studie finden Sie hier.

Die ausführliche 450-seitige Studie können Sie zum Preis von CHF 90.00 beziehen unter ifz@hslu.ch

Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern wird das Digitalisierungsbarometer auch in den kommenden Jahren veröffentlichen. Wenn Sie an einer Teilnahme interessiert sind, melden Sie sich bitte bei markus.schmidiger@hslu.ch

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