8. Januar 2024

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Digitaler Auftragsmanager in der Immobilienbewirtschaftung – Der beschwerliche Weg zur Effizienzsteigerung

Digitaler Auftragsmanager in der Immobilienbewirtschaftung – Der beschwerliche Weg zur Effizienzsteigerung
Auftragsprozess zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen (Steinmann, 2023, S. 41).

In der Immobilienbewirtschaftung ist der Auftragsmanager nach wie vor ein Sorgenkind, wenn es um einen vollintegrierten digitalen Prozessablauf geht. Es gibt inzwischen erste vollintegrierte digitale Anwendungen, welche sich dem digitalen Auftragsmanagementprozess widmen. Indem dieser Prozess standardisiert und automatisiert wird, wird er transparenter, effizienter und soll zudem die Mieterzufriedenheit steigern. Doch die üblichen digitalen Hürden in der Umsetzung machen auch vom Auftragsmanager nicht halt.

Ein Artikel von Lukas Barmettler und Sandro Ammann

Auftragsmanager – der kleine Bruder des digitalen Vermietungsprozesses

Spricht man bei einer Liegenschaftsverwaltung von digitalen Arbeitsprozessen, so landet man schnell beim Thema Mieterapp oder bei einem digitalen Vermietungsprozess. Das Thema des Auftragsmanagers wird oft nicht als erste Priorität umgesetzt, wenn es um die Digitalisierung in der Bewirtschaftung geht. Unter Auftragsmanager wird der Prozess für die Instandhaltung bezeichnet, sprich z. B. für das Streichen einer Wohnung nach einem Mieterwechsel oder die Reparatur eines defekten Geschirrspülers.

Gemäss einer Studie, in der die fünf grössten Immobilienbewirtschaftungs-Unternehmen befragt wurden, setzen drei Viertel Mieterportale ein oder bauen diese auf. Plattformen, welche komplette Prozessintegrationen mit mehreren Akteuren wie im Auftragsmanager, beherrschen nur die wenigsten (Büchi, 2021, S. 43). Die Bedürfnisse der Eigentümer in Bezug der Digitalisierung sind klar, sie möchten weniger Investitionen und Betriebskosten und mehr Transparenz, Informationen und eine höhere Kundenzufriedenheit (Wincasa, 2018).

Traditionelles Auftragsmanagement

Es ist kein Geheimnis, dass die Nutzung von Papierdokumenten nach wie vor dominierend in der Branche der Bewirtschaftung ist. Martin Frei, CDO der Verit AG, betonte kürzlich in einem Interview: «Der Grossteil der Bewirtschaftungsunternehmen arbeitet nach wie vor mit Papier» (Real Estate Move AG, 2022, S. 1). Mitarbeitende kommunizieren grundsätzlich per Telefon oder E-Mail mit Mietern und Handwerkern, was zu einem erheblichen Effizienzverlust führt. Das breite Spektrum an Aufgaben erfordert ein hohes Mass an Disziplin, um sicherzustellen, dass keine Unterlagen oder Informationen während der Bearbeitung eines Auftrags verloren gehen (Allmayer, 2021). Beim Auftragsmanagement bedeutet dies, etliche Anrufe und E-Mails mit Mietern und Unternehmern, bis am Schluss die Papierrechnung eintrifft.

Digitalisiertes Auftragsmanagement

Digitalisiertes Auftragsmanagement in der Immobilienbewirtschaftung bezieht sich auf den Einsatz von Technologie- und Softwarelösungen zur Verwaltung von Aufträgen, Dienstleistungen und Betriebsabläufen. Startups, die sich in die Immobilienbranche drängen, stellen bereits in Bezug auf diese grundlegenden Herausforderungen eine bedeutende Unterstützung dar. Sie haben schon in einigen Verwaltungen dazu beigetragen, die Interaktion zwischen Mietern und Vermietern effizienter und transparenter zu gestalten. Zusätzlich sind die neuartigen Tools im Bereich des Immobilienmanagements mittlerweile unverzichtbar geworden (Real Estate Move AG, 2022, S.2).

Ein Beispiel stellt YAROWA als führender digitaler Marktplatz- und Transaktionsplattform dar, weshalb diese Applikation in diesem Text als Beispiel aufgeführt wird. In ihrem Auftragsmanager können Handwerksbetriebe eigene Profile erstellen und darin ihre Dienstleistungen, Gebietsabdeckung und Preise festhalten. Die Bewirtschaftungsfirmen hingegen beschäftigen sich mit der Festlegung von Richtlinien, anhand derer Handwerksbetriebe ausgewählt werden aufgrund folgender Vorgaben (YAROWA, online):

  • Segmentierung der Dienstleister: Klassifizierung oder Einteilung der Dienstleister in spezifische Kategorien oder Gruppen (z. B. Maler, Bodenleger, usw.)
  • Regeln für die Dienstleistersuche: Festlegung von Kriterien und Bedingungen, nach denen die Auswahl der Dienstleister erfolgt (z. B. Transportkosten, Stundenhonorar, usw.)

Digitaler Schadensprozess von A bis Z

Der Prozess der Schadensmeldung und -bearbeitung folgt einem strukturierten Ablauf (siehe Abb. 1). Sobald eine Schadensmeldung eingegangen ist, wird diese geprüft, um die gemeldeten Informationen zu verifizieren. Anschliessend erfolgt die Erfassung eines Auftrags im Auftragsmanager.

Abbildung 1: Auftragsprozess zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen (Steinmann, 2023, S. 41).

Ein zentraler Aspekt dieses Prozesses ist die Auswahl der Dienstleister. Hierbei werden Unternehmen angefragt, welche in der Nähe des Reparaturorts ansässig sind. Dies ermöglicht nicht nur eine zeitnahe Reaktion, sondern trägt auch dazu bei, die Kosten für die Reparatur möglichst tief zu halten. Nach der Prüfung des Schadens durch den Handwerksbetrieb wird die Offerte direkt in die Applikation hochgeladen. Die Bewirtschaftungsfirma hat dadurch die Möglichkeit, mehrere Offerten miteinander zu vergleichen und das passende Angebot auszuwählen.

Dieser strukturierte Prozess ermöglicht eine zügige Bearbeitung von Schadensmeldungen und eine rasche Schadensbehebung. Es werden automatische Status-Updates an die Mieterschaft oder Bewirtschaftung versendet, welche durch die Handwerksbetriebe oder Bewirtschaftungsfirma ausgelöst werden. Nach Abschluss des Auftrages erhält die Bewirtschaftungsfirma die Rechnung direkt auf der Plattform zur Prüfung und Bezahlung (YAROWA, online). Dieser Prozess stellt eine vollintegrierte Lösung dar, in der verschiedene Akteure eingebunden sind und transparent über den Bearbeitungsstand informiert werden.

Vorteile eines digitalen Auftragsmanagementprozesses

Ein digitaler Auftragsmanagement-Prozess bietet eine Reihe an Vorteilen. Durch einen durchgehenden und standardisierten Prozess können Effizienzsteigerungen bei den Bewirtschaftern und Handwerkern erzielt werden. Instandhaltungskosten sollen reduziert und die Compliance der Bewirtschaftungs-Unternehmungen erhöht werden (YAROWA, online). Des Weiteren können der Liegenschaftseigentümerin durch schnellere Instandhaltungsprozesse Mietzinsverluste aufgrund von leerstehenden Räumlichkeiten vermieden werden. Allgemein können digitalisierte Prozesse dazu beitragen, die Mieterzufriedenheit zu erhöhen (Büchi, 2021, S. 51). Indem ein Mieter einen Schaden zum Beispiel via Mieter-App melden kann und anschliessend über den aktuellen Stand seiner Anfrage informiert bleibt, kann auch die Transparenz gegenüber dem Mieter erhöht werden. Es gibt jedoch Gründe, weshalb sich der digitale Auftragsmanager noch nicht durchgesetzt hat und somit die aufgeführten Vorteile nicht so einfach umsetzen lassen.

Herausforderungen eines digitalen Auftragsmanagement

Das Thema Datenschutz und Datensicherheit stellt eine stetige Herausforderung jeder Software dar, so auch beim Auftragsmanager. Die technische Komplexität einer Softwarelösung kann nur durch viel personelle Ressourcen bei der Planungs- und Einführungsphase gebändigt werden. Insbesondere wenn viele Akteure wie Kunden, Mitarbeitende und externe Auftragsnehmer involviert sind, erhöht dies die Komplexität erheblich. Schlussendlich bringen die am besten durchdachten Prozesse und Softwarelösungen nichts, wenn sie von den beteiligten Personen nicht genutzt werden (Immovisa GmbH, online). Allgemein ist es aktuell fast unmöglich, dass sich die Mieterschaft und Handwerker strikt an den Prozess halten und z. B. nur über die dafür vorgesehene Plattform kommunizieren. Bei der IT-Infrastruktur sind Silo-Lösungen weit verbreitet. Sprich Daten werden nicht nur an einem Ort aufbewahrt, sondern werden in verschiedenen Systemlandschaften gesammelt (Büchi, 2021, S. 42). Nicht zuletzt braucht es für die Umsetzung eines digitalen Prozesses einen langen Atem. Wolfgang Stiebellehner, Leiter Bewirtschaftung beim Real Estate Manager Livit, schätzt, dass für erste spürbare Ergebnisse eines neuen digitalen Prozesses drei Jahre vergehen und fünf Jahre, bis Profit aus dem Effort geschlagen werden kann (NZZ Content Creation, 2021). Dass Digitalisierungserfolge erst nach mehreren Jahren sichtbar werden, birgt für Unternehmen ein hohes Investitionsrisiko. Doch gemäss einer Studie von Ernst & Young sind 71% der befragten Immobilienunternehmen eher bereit, Digitalisierungsprojekte zu forcieren, auch wenn ein erfolgreicher Ausgang des Projekts zu Beginn ungewiss ist (2020, S. 13).

Eine Frage der Kosten

Damit sich für ein Bewirtschaftungsunternehmen die Umsetzung eines vollintegrierten Auftragsmanagers lohnt, muss die Kosteneinsparung durch Effizienzsteigerungen höher als die Anschaffungs- und laufenden Kosten sein. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wer die Kosten der Digitalisierung trägt? David Wolfensberger, CEO von W&W Immo Informatik AG, hört oft von Bewirtschaftungsfirmen, dass Immobilieneigentümer und Mieter nicht bereit sind, mehr für digitale Prozesse zu bezahlen. So bleiben die Kosten bei den Bewirtschaftungen und müssen durch Effizienzsteigerungen oder durch Anpassungen von Bewirtschaftungsverträgen kompensiert werden. Wolfensberger rechnet damit, dass zusätzliche Leistungen, welche auf digitalen Prozessen basieren dem Eigentümer weiterverrechnet werden müssen (Wolfensberger, 2023, S. 38-39).

Markus Steinmann, YAROWA-Produktverantwortlicher bei Wincasa erklärt das Kostenmodell dieser Anwendung. Ein Handwerksbetrieb, welcher auf der Plattform eine Offerte einreicht, muss einen Prozentsatz seiner Offerte für die Nutzung der Plattform bezahlen. Diesen Prozentsatz schlägt der Handwerker in der Regel auf seine Offerte obendrauf (Interview, 25.10.2023). Dies bedeutet, dass der Liegenschaftseigentümer, der schlussendlich die Unterhalts- oder Reparaturkosten trägt, die Plattformgebühr bezahlt.

Als Eigentümer stellt sich dann die Frage, weshalb man Digitalisierungsfortschritte von einem Bewirtschaftungsunternehmen fordert. Natürlich sollten sich die Eigentümerkosten reduzieren, sei es durch tiefere Bewirtschaftungs- oder wie im Beispiel des Auftragsmanagers, durch tiefere Instandhaltungskosten. Grundsätzlich sollten Digitalisierungsbemühungen durch Effizienzsteigerungen und schlankere Prozessabläufe mit weniger personellen Ressourcen belohnt werden.

Digitaler Auftragsmanager – wie weiter?

Die Implementierung digitaler Auftragsmodelle in immobilienwirtschaftliche Abläufe ist für Bewirtschaftungsunternehmen unerlässlich, um in einem intensiven Wettbewerb in Dienstleistungen und Prozessen attraktiv und wettbewerbsfähig zu bleiben. Es darf aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Implementierung einer solchen Lösung kurzfristige Erfolge liefert, sondern vielmehr den Erfahrungsschatz eines Bewirtschaftungsunternehmens mit Digitalisierungsmöglichkeiten erweitert. Zudem lernen die Mietenden vermehrt digitale Bewirtschaftungsprozesse kennen und können künftig eher akzeptieren, dass sie nicht bei jedem Problem mit einem Mitarbeitenden des Bewirtschaftungsunternehmen persönlich telefonieren können, sondern zur Problemlösung die effiziente Mieterapp nutzen müssen.

Aufgrund der langwierigen Implementierung dieser Anwendungen, sollte sich ein Bewirtschaftungsunternehmen eine Digitalisierungsstrategie ausarbeiten, nach der digitale Prozesse ausgearbeitet werden. Hierfür könnte zum Beispiel die Implementierung eines Chief Digital Officers im Unternehmen eine sinnvolle Lösung sein (Ernst & Young, 2020, S. 71). Wobei dies aus Kostengründen wohl nur für grössere Bewirtschaftungsunternehmen machbar ist.

Die Kostenstruktur solcher Auftragsmanager-Modelle ist zu hinterfragen, respektive müssen die Kosten transparent ausgewiesen werden. Zudem muss zwischen dem Eigentümer und Bewirtschaftungsunternehmen der Kostenteiler geklärt werden. Grundsätzlich sollte aber der Prozess Effizienzsteigerungen beim Bewirtschaftungsunternehmen herbeiführen, wodurch die Kosten für die Auftragsmanagement-Plattform vom Bewirtschafter zu tragen sind.

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