Die jahrelange Revision des Aktienrechts steht dem Ende bevor. Am 19. Juni hat der Ständerat nach dem Nationalrat in der zweiten Lesung der Aktienrechtsreform mit nur noch marginalen Anpassungen zugestimmt. Politisch sind grosse Kehrtwenden jetzt unwahrscheinlich. Dies rückt das Ende der jahrelangen Verhandlungen, die 13 Jahre zuvor ihren Anfang genommen haben, in die Nähe. Es stehen diverse Neuerungen an, die eine Flexibilisierung und Modernisierung des Aktienrechts mit sich bringen. Insbesondere gelten für grosse, börsenkotierte Gesellschaften vermehrt Sonderregeln. Die Revision soll 2022 in Kraft treten. Ein Referendum ist gemäss Insidern nicht zu erwarten.
Vergütung der Geschäftsleitung
Das Ergebnis der Minder-Initiative (auch Abzocker-Initiative genannt), die Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (SR 221.331) wird mit der Revision in das formelle Recht überführt, wobei inhaltliche Anpassungen im National- und Ständerat weitgehend abgelehnt wurden. Diese Verschiebungen von Rechten des Verwaltungsrats an die Generalversammlung bleiben bestehen.
Geschlechterquote im Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung
Mit entsprechenden 5- bzw. 10-jähriger Übergangsfrist wird für grosse, börsenkotierte Unternehmen künftig eine Geschlechterquote gelten. Im Verwaltungsrat soll diese Quote 30 % betragen, in der Geschäftsleitung 20 %. Bei Nichteinhalten dieser Bestimmungen, hat das Unternehmen sich zu erklären (comply or explain). Allfällige Mängel müssen mit Massnahmen beseitigt werden, die offenzulegen sind.
Stärkung der Rechte der Aktionäre
Mit der Revision werden deren Minderheitenrechte gestärkt, insbesondere mittels Herabsetzung von Schwellenwerten bei deren Geltendmachung.
Mehr Klagemöglichkeiten für Gläubiger und Aktionäre
Nach dem heutigen Stand werden die Klagemöglichkeiten für Aktionäre und Gläubiger ausgeweitet werden. Zudem wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Schiedsgerichtsklauseln zulässig sind.
Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen: Kapitalband bietet neue Möglichkeiten
Zudem bleiben ordentlich genehmigte Kapitalerhöhungen neu bis zu 6 Monaten gültig.
Aktien im Besonderen
Während Aktiensplits derzeit nur bei Einstimmigkeit der Aktionäre zulässig sind, wird bei börsenkotierten Gesellschaften nach der Revision bereits eine zweidrittel Mehrheit der Stimmrechte und die Hälfte des Aktienkapitals genügen.
Keine nennwertlosen Aktien, aber…
Weil das Institut der nennwertlosen Aktien im Schweizer Recht schwer zu bewerkstelligen wäre, hat man sich dafür entschieden, denn bisherigen Mindestwert von Aktien (1 Rappen) aufzuheben. Der Wert muss künftig nur noch höher als 0 sein. Dies bietet einen Vorteil für das Aktiensplitting.
Stimmrechtlose Aktien – diese Anpassungen erwarten uns
Diese Art von Aktien werden bei nicht börsenkotierten Unternehmen auf 200% des Aktienkapitals limitiert, während es bei kotierten Gesellschaften möglich sein wird, diese bis auf das 10-fache des Aktienkapitals zu erhöhen.
Insolvenz und Überschuldung
Die (zum Teil kritisierten) Vorschläge des Bundesrat wurden in der parlamentarischen Beratung verworfen. Für den Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung bestehen folgende neue Pflichten, um die Zahlungsunfähigkeit der Aktiengesellschaft zu verhindern.
Für den Verwaltungsrat besteht keine Pflicht den Konkurs zu beantragen, wenn die Gläubiger die Nachrangigkeit ihrer Forderungen akzeptiert haben. Sofern die begründete Annahme besteht, dass die Überschuldung rechtzeitig überwunden werden kann, ist der Verwaltungsrat davon befreit den Konkurs anzumelden. Da diese Frist auf 90 Tage beschränkt ist, ist anzunehmen, dass die Klausel in der Praxis kaum Anwendung finden wird.
Transparenzvorschriften für rohstofffördernde Unternehmen
Als Zeichen der Korruptionsbekämpfung sind rohstofffördernde Unternehmen verpflichtet, Leistungen, welche an staatliche oder staatsnahe Personen und Stellen geleistet werden, offenzulegen. Diese Bestimmungen würden zusätzlich zu den möglichen Pflichten die sich aus der Konzenverantwortungsinitiative resp. deren Gegenvorschlag ergeben gelten.
Weitere Revisionspunkte
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Der vorliegende Beitrag befasst sich mit Teilaspekten der umfangreichen Revision des Aktienrechts. Weitere Informationen entnehmen Sie auf der Webseite des Bundes zur Revision des Aktienrecht.
Zudem stützt sich der Artikel auf den Beitrag der Kanzlei Bär & Karrer zur Aktienrechtsreform.
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