Per 1. Januar 2025 werden diverse Änderungen im ganzen Bereich des Sozialrechts und der Sozialversicherungen in Kraft treten. Für die Sozialberatung gibt es wichtige Neuerungen, die beachtet werden müssen. Die wichtigsten Änderungen sind hier zusammengefasst.
Von Peter Mösch Payot erstveröffentlicht auf sozialinfo.ch
Im Zentrum der Weiterbildungen in Sozialer Sicherheit stehen immer die praxistypischen Fragen, die sich in der Sozialberatung, in der Sozialhilfe, für Mandatsträgerinnen und Mandatsträger im Kindes- und Erwachsenenschutz oder in Eingliederungs- und Integrationsangeboten stellen.
Fachseminare AHV / IV / EL:
Die Revision der AHV (AHV 2021) wurde bereits im Jahr 2024 schrittweise in Kraft gesetzt.
Per 01.01.2025 wird der erste Schritt der Erhöhung des Rentenalters der Frauen eingeführt. Im Jahre 2025 beträgt das Referenzalter für den ordentlichen Bezug der AHV-Rente für Frauen 64 Jahre und drei Monate. Das betrifft die Frauen mit Jahrgang 1961. Ab 2026 bis 2028 wird das Referenzalter dann jährlich um weitere drei Monate erhöht.
Frauen, die erst ab dem Referenzalter ihre AHV-Rente beziehen, erhalten einen lebenslangen frankenmässig bestimmten Rentenzuschlag. Dieser beträgt für Frauen, die im Jahre 2025 das Referenzalter erreichen:
Frauen haben die Möglichkeit, die AHV-Rente vor dem Erreichen des Referenzalters mit tieferen Abschlägen als normalerweise (ganz oder teilweise) zu beziehen
Vorbezug im Alter von | ∅ Jahreseinkommen bis CHF 60’480 | ∅ Jahreseinkommen CHF 60’480 – 75’600 | ∅ Jahreseinkommen ab CHF 75’601 |
64 J. | 0% | 2,5% | 3,5% |
63 J. | 2% | 4,5% | 6,5% |
62 J. | 3% | 6,5% | 10% |
Entsprechend der Preis- und Lohnentwicklung hat der Bundesrat aufgrund der normalerweise zweijährlichen Prüfung die AHV-/IV-Renten um 2,9% angepasst. Der Entscheid basiert auf dem arithmetischen Mittel aus dem Preis- und dem Lohnindex (Mischindex) und berücksichtigt die Empfehlung der eidgenössischen AHV/IV-Kommission. Deswegen verändern sich viele Masszahlen für Beiträge und Leistungen.
Altersrente/IV-Rente
Witwen- und Witwerrente
Waisenrente
Hilflosenentschädigung AHV
Hilflosenentschädigung IV für Erwachsene
Hilflosenentschädigung IV für Minderjährige
Assistenzbeitrag IV
Beiträge AHV und IV
In den nächsten Monaten wird die AHV ein Topthema der politischen Diskussion bleiben. Die von der Stimmbevölkerung beschlossene 13. AHV-Rente wird per 2026 eingeführt. Zu diskutieren ist aber über deren Finanzierung. Ebenso steht die Abschaffung der Plafonierung der Altersrenten für Ehepaare wegen einer entsprechenden Volksinitiative auf der Agenda. Und ein Entwurf der Revision der Hinterlassenenrente ist bereit für die parlamentarische Beratung.
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Bei den Ergänzungsleistungen kommt es zu Anpassungen insbesondere der anerkannten Ausgaben aufgrund der Verknüpfung mit der AHV-Renten-Erhöhung.
So beträgt der allgemeine Lebensbedarf neu für:
Alleinstehende
Ehepaare
Kinder bis 11 Jahre
Kinder 12 bis 25
Ebenfalls erhöht werden die anerkannten Wohnkosten:
Maximal anrechenbare Wohnkosten (pro Jahr) | |||
---|---|---|---|
Haushaltsgrösse | Region 1 (Grosszentrum) | Region 2 (Stadt) | Region 3 (Land) |
Alleinstehende | CHF 18’900 | CHF 18’300 | CHF 16’680 |
2 Personen | CHF 22’320 | CHF 21’720 | CHF 20’160 |
3 Personen | CHF 24’780 | CHF 23’760 | CHF 22’200 |
4 und mehr Personen | CHF 27’060 | CHF 25’920 | CHF 24’000 |
Einzelpersonen in einer Wohngemeinschaft | CHF 11’160 | CHF 10’860 | CHF 10’080 |
Zudem werden einige Pauschalen rund um Wohnkosten angepasst:
Zudem kommt es auf der Seite der anrechenbaren Einkünfte zu einer Anpassung der Freibeträge. Der Freibetrag auf Erwerbseinkünfte beträgt neu für Alleinstehende CHF 1’300. Für Ehepaare und Personen mit minderjährigen Kindern oder Kindern in Ausbildung beträgt er neu CHF 1’950.
Ein Gesetzesentwurf um Erweiterungen der Pflege- und Betreuungsleistungen als Krankheits- und Behinderungskosten im Rahmen des betreuten Wohnens älterer Menschen ist bereit für die parlamentarische Debatte.
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Per 2025 werden die Mindestansätze der Familienzulagen erhöht. Der Hintergrund: Wenn der Landesindex für Konsumentenpreise (LIK) seit der letzten Festsetzung der Zulagen um über 5 Punkte gestiegen ist, ist eine Anpassung auf die nächste Änderung der AHV-Renten vorzunehmen. Da die letzte Festsetzung 2009 war und per 2024 die Teuerung seither mehr als 5% betragen hat, kommt es jetzt zur Anpassung.
Die Familienzulagen betragen neu mindestens CHF 215 (bisher 200) und die Ausbildungszulagen CHF 268 (bisher 250).
Viele Kantone haben bereits heute höhere Ansätze. Eine zwingende Anpassung dieser Ansätze erfolgt deshalb nur in Kantonen, in denen die Beiträge bisher darunter lagen. Eine gute Übersicht über alle kantonalen Ansätze und weitere Leistungen wie Geburts- und Adoptionszulagen findet sich hier.
Zudem ändern sich einige Masszahlen zu den Anspruchsvoraussetzungen der Familienzulagen:
Zusätzlich erhöht sich das Höchsteinkommen, bis zu dem ein Anspruch auf Ausbildungszulagen bestehen kann, auf CHF 2’520 im Monat bzw. 30’240 im Jahr (entspricht der vollen AHV-Altersrente). In der Sozialberatung ist die damit verbundene mögliche Folge des Verlusts von Ausbildungszulagen bei Erwerbstätigkeiten zu beachten, bzw. die Beteiligten sind entsprechend zu informieren.
Per 01.01.2025 werden die Invaliden- und die Hinterlassenenrenten der obligatorischen beruflichen Vorsorge an die Teuerung angepasst. Die erste Anpassung erfolgt nach drei Jahren, danach ist sie an die Anpassung der AHV-Renten gekoppelt und findet in der Regel alle zwei Jahre statt.
Für die Altersrenten schreibt das BVG keinen periodischen Teuerungsausgleich vor. Anpassungen erfolgen nach den Möglichkeiten und dem Entscheid der einzelnen Vorsorgeeinrichtungen (Art. 36 Abs. 2 BVG).
Per 2025 wird der Höchstbeitrag angepasst, welcher in die dritte Säule einbezahlt werden kann und zu einem Steuerabzug berechtigt: Für Personen, die bei einer Vorsorgeeinrichtung versichert sind, beträgt er CHF 7’258 (das entspricht 8% des oberen Grenzbetrages des obligatorisch versicherten Verdienstes in der beruflichen Vorsorge). Für Personen ohne Vorsorgeeinrichtung beträgt der Höchstbetrag mit Steuerabzug CHF 36’288: (das entspricht 40% des oberen Grenzbetrages des versicherten Verdienstes gemäss BVG).
Zudem ermöglicht eine Verordnungsänderung ab 01.01.2025, dass zukünftig Nachzahlungen von Säule 3a-Beiträgen möglich werden. Dies gilt für Jahre, in denen der entsprechende Beitrag nicht voll einbezahlt wurde. Die Nachzahlung kann zusätzlich zum Jahresbetrag einbezahlt und vom steuerbaren Einkommen abgesetzt werden.
Schon per 2024 wurde ein Teil der Revision der Vollstreckung von Prämienschulden eingeführt: Damit entfiel die Haftung der Volljährigen für Prämien und Kostenbeteiligungen, welche die Eltern für sie schuldig blieben. Betroffene Versicherte können also mit der Volljährigkeit auch die Krankenversicherung, etwa zu einem kostengünstigeren Angebot, ändern. Die Versichernden müssen die Versicherten über diese Möglichkeit informieren (Art. 64a Abs. 7bis KVG; Art. 105l KVV).
So können ab 2025 die Versichernden noch höchstens zwei Betreibungsverfahren pro Jahr bei Prämienschulden und Schulden von Kostenbeteiligungen gegenüber Versicherten anheben.
Ab Juli 2025 können sich Kantone Verlustscheine für eine Sonderprämie von 5% von den Krankenversichernden ausstellen lassen. Das ermöglicht den Versicherten, trotz Ausständen die Krankenversicherung zu wechseln.
Für die Sozialberatung ist zu empfehlen, sich die nächsten Monate bei den kantonalen Gesundheitsdirektionen zu erkundigen, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.
Mit einer Neufassung von Art. 100 der Krankenversicherungsverordnung (KVV) hat der Bundesrat zusätzlich eine gewisse Vereinfachung des Wechsels des Versicherungsmodells geschaffen. Eine Person kann neu auch unterjährig, also während des gesamten Jahres, und nicht nur einmal im Jahr, bei derselben Krankenversicherung in das Versicherungsmodell mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer wechseln, zum Beispiel etwa vom Standardmodell zu alternativen Versicherungsmodellen wie Hausarzt, HMO oder TeleMed. Dies kann für die Sozialberatung wichtig sein, um den Klient*innen Kostenersparnisse zu ermöglichen, wenn sie nicht auf das Standardmodell angewiesen sind.
Kleinere Änderungen, die per 2025 in Kraft treten, betreffen die Krankenleistungsverordnung (KLV), also den Leistungskatalog der obligatorischen Krankenversicherung. So werden etwa neu Kosten der Kopforthesentherapie bei einem vorzeitigen Schädelnahtverschluss bei Säuglingen unter sechs Monaten übernommen, wenn die versicherungsmässigen Voraussetzungen zur Kostenübernahme durch die Invalidenversicherung (IV) nicht gegeben sind.
Zudem wird das kantonale Früherkennungsprogramm für Darmkrebs des Kantons Solothurn von der Franchise befreit (wie bereits in den Kantonen BE, BL, BS, FR, GE, GR, JU, LU, NE, SG, TI, UR, VD, VS).
Die Anpassung des Grundbedarfs für den Lebensunterhalt (GBL) an die Teuerung erfolgt gemäss SKOS-Richtlinien im gleichen prozentualen Umfang wie die Anpassung der Ergänzungsleistungen zu AHV/IV, spätestens mit einem Jahr Verzögerung. Diese Koppelung an den Mischindex wurde 2010 eingeführt und hat sich seither bewährt.
Vor diesem Hintergrund hat die Sozialdirektor*innenkonferenz (SODK) entschieden, den Kantonen die Erhöhung des GBL entsprechend der Erhöhung der AHV-Rente um 2,9% auf 1’061 Franken zu empfehlen. Dies soll bis spätestens am 01.01.2026 erfolgen. Die SKOS hat die aktuelle Umsetzung dieser Empfehlung in den Kantonen publiziert.
Ab 01.01.2025 haben bestimmte Opfer häuslicher Gewalt einen eigenständigen Aufenthaltsanspruch. Damit soll vermieden werden, dass sich Opfer häuslicher Gewalt aus aufenthaltsrechtlichen Gründen von Gewalttäter*innen nicht trennen.
Opfer häuslicher Gewalt erhalten neu ein eigenständiges Aufenthaltsrecht, wenn sie sich von einem*einer gewalttätigen Partner*in mit einer Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B), einer Kurzaufenthaltsbewilligung (Ausweis L) sowie von vorläufig Aufgenommenen (Ausweis F) trennen. Bisher galt diese Regelung nur für ausländische Familienangehörige von Schweizerinnen und Schweizern sowie von Personen mit einer Niederlassungsbewilligung (Ausweis C).
Bei einer Verlängerung einer Bewilligung sind den negativen Folgen von häuslicher Gewalt (oder auch Zwangsheirat) für die Opfer angemessen Rechnung zu tragen.
Das Gesetz benennt präzise, welche Indizien als Hinweise auf häusliche Gewalt gelten, die dann für Betroffene zu eigenem Aufenthaltsrecht bei Trennung führen, bzw. bei der Verlängerung der Bewilligung Berücksichtigung finden müssen (vgl. Art. 50 Abs. 2 lit. a AIG).
Als solche Hinweise gelten insbesondere:
In der Sozialberatung ist also darauf zu achten, dass Betroffene die entsprechende behauptete Gewalt gemäss den anerkannten Indizien belegen können.
Von: Peter Mösch
Bild: Adobe Stock
Veröffentlicht: 14. Januar 2025
Peter Mösch Payot ist seit 2009 Professor an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit im Sozialrecht tätig. Er hat als Jurist und Leiter das Kompetenzzentrum Soziale Sicherung mit aufgebaut. Seine thematischen Schwerpunkte liegen im Sozialversicherungs-, Sozialhilfe- und Arbeitsrecht sowie in Rechtsfragen in Beratung, Betreuung und Pflege. Zu diesen Themen publiziert er regelmässig und wirkt an Forschungsprojekten mit. Er verantwortet an der HSLU Weiterbildungen und Dienstleistungen zu Sozialrechts- und Organisationsfragen und unterrichtet in der Lehre und in diversen Weiterbildungen. Er ist unter anderem Mitglied der Sozialbehörde der Stadt Bern, fungiert als Referent an Hochschulen und Universitäten und im Vorstand von sozialinfo.ch tätig.
Das CAS Sozialversicherungsrecht bietet praxisnahes Expertenwissen für Mitarbeitende in der Sozialversicherungsbranche. Das CAS baut auf dem Fachwissen der eidg. Berufsprüfung und der höheren Fachprüfung im Sozialversicherungsbereich auf und stellt die Vernetzung und Reflexion aktueller Fragen aus dem gesamten Bereich des Sozialversicherungsrechts ins Zentrum.
Zielgruppe: Fachpersonen aus der Sozialversicherungsbranche und dem Personalwesen
Infoveranstaltungen: 25. Februar 2025
Programmstart: 12. September 2025
Mehr Informationen: Webseite CAS Sozialversicherungsrecht
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Im Zentrum der Weiterbildungen in Sozialer Sicherheit stehen immer die praxistypischen Fragen, die sich in der Sozialberatung, in der Sozialhilfe, für Mandatsträgerinnen und Mandatsträger im Kindes- und Erwachsenenschutz oder in Eingliederungs- und Integrationsangeboten stellen.
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Kommentare
1 Kommentare
Christoph Häfeli
Lieber Peter Selber bin ich in meinem 82. Lebensjahr nicht mehr aktiv tätig. Mit dem Abschluss des NFP 76 habe ich anfangs Dezember 2024 mein letztes Mandat als Mitglied der Leitungsgruppe beendet. Im Kindes- und . Erwachsenenschutz bin ich schon länger nicht mehr beraterisch tätig. Umso mehr freue ich mich über Deine vielseitige Tätigkeit im Sozialrecht. Mit besonderem Interesse habe ich Deine vorstehenden klaren und verständlichen Ausführungen zu den Neuerungen 2025 im Sozialversicherungsrecht gelesen. Mit herzlichem Gruss Christoph Häfeli
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.