Vertrauen gewinnen, Motivation schaffen: Case Management im Pflichtkontext

Die Arbeit mit Klient:innen im Pflichtkontext stellt Fachpersonen vor besondere Herausforderungen. Der neue Fachkurs der Hochschule Luzern bietet spezialisierte Methoden und Techniken, um tragfähige Beziehungen aufzubauen und Motivationsprozesse zu initiieren, wie Dozentin und Projektleiterin Barbara Marti erläutert.

1. Barbara Marti, wie fügt sich der Fachkurs «Case Management mit Klient:innen im Pflichtkontext» in das Weiterbildungsangebot zum Themenfeld Case Management ein?

Der Grundkurs CAS Case Management wird seit Jahren stark nachgefragt. Teilnehmende äusserten jedoch häufig den Wunsch nach einer Vertiefung für spezifische Klient:innengruppen. Evaluationen und Anfragen zeigten, dass vor allem drei Gruppen besonders relevant sind: Menschen mit psychischen Erkrankungen, Jugendliche und junge Erwachsene sowie Personen im Pflichtkontext. Um den Bedarf zu decken, wurden gemeinsam mit der Berner Fachhochschule (BFH) drei Fachkurse entwickelt: Zwei finden an der BFH statt, der Fachkurs «Case Management mit Klient:innen im Pflichtkontext» wird in Luzern angeboten.

2. Welche spezifischen Herausforderungen begegnen Fachpersonen bei der Arbeit mit Pflichtklient:innen ­– und wie trägt der Fachkurs dazu bei, diese erfolgreich zu meistern?

Pflichtklient:innen erhalten Unterstützung auf gesetzlicher Grundlage; die Unterstützung basiert somit nicht auf Freiwilligkeit. Kommt hinzu, dass die Biografien der Pflichtklient:innen häufig abbruchbelastet sind. Umso wichtiger ist es, eine vertrauensvolle und motivierende Arbeitsbeziehung mit den Klient:innen aufzubauen. Der Fachkurs unterstützt Fachpersonen, indem er die Methoden des Case Managements mit praktischen Instrumenten für den Beratungsalltag kombiniert.

3. Der Kurs vermittelt verschiedene Inhalte – darunter das mentale Kontrastieren. Was heisst das?

Studien zeigen, dass Menschen oft wenig motiviert sind, wenn sie nur von einer wünschenswerten Zukunft träumen, ohne die Herausforderungen auf dem Weg dorthin zu bedenken. Beim mentalen Kontrastieren stellt man sich nicht nur die gewünschte Zukunft vor, sondern auch die Hindernisse, die auf dem Weg dorthin überwunden werden müssen. Durch die Kontrastierung der Zukunftsphantasien mit der Realität tritt keine Entspannung ein – die dann zu weniger energievollem Vorangehen führt. Stattdessen wird eine Spannung aufgebaut, da realisiert wird, was alles getan werden muss, aber auch kann, um die Zukunftsideen zu erreichen. Mit dieser Technik können Motivationsprozesse bei Klient:innen ausgelöst werden.

4. Gibt es einen Inhalt in den neuen Fachkursen, der aus Ihrer Sicht besonders interessant ist?

Mir gefällt besonders das Format der Supervision, das in allen drei Fachkursen angeboten wird. Ein Kurstag ist dabei speziell der Selbstreflexion und der Verknüpfung von theoretischen Inhalten mit praktischen Beispielen gewidmet. Das erachte ich als sehr hilfreich für Fachpersonen bei der Ausführung ihrer täglichen Arbeit.

5. Welche Vorkenntnisse oder Berufserfahrungen sollten die Teilnehmenden mitbringen?

Zugelassen sind Fachpersonen mit einem CAS-Abschluss in Case Management oder einem gleichwertigen Abschluss. Der Fachkurs richtet sich an Fachpersonen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich, dem Versicherungswesen, der beruflichen Integration, dem Migrations-, Bildungs- und Sonderschulbereich, dem Justizwesen sowie weiteren Handlungsfeldern mit nicht-freiwilligen Klient:innen. Hierzu kann man anfügen, dass Menschen, welche sich Unterstützung ausserhalb ihres informellen Netzwerkes suchen müssen, dies oftmals nicht freiwillig tun. Dieser Gedanke ist stark in die Ausarbeitung des Fachkurses eingeflossen.

Von: Ismail Osman
Veröffentlicht: 30. Januar 2025