Egal ob es um Sozialversicherungen, Sozialhilfe oder arbeitsrechtliche Themen geht: Rechtliche Fragen sind fester Bestandteil der Sozialen Arbeit. Cathrin Habersaat (CAS Soziale Sicherheit) und Peter Mösch (CAS Sozialversicherungsrecht) erklären, worauf es in der Praxis ankommt – und wie sie Fachkräfte auf die unterschiedlichsten Herausforderungen vorbereiten.
1. Cathrin Habersaat, warum sind rechtliche Kenntnisse in der Sozialen Arbeit so wichtig?
Cathrin Habersaat: In der Sozialberatung geht es darum, Ressourcen gezielt zu nutzen, staatliche Unterstützung nur bei Bedarf einzusetzen und rechtliche Vorgaben korrekt anzuwenden. Um Klientinnen und Klienten praxisnah begleiten zu können, sind rechtliche Grundkenntnisse und methodisches Know-how essenziell. Rechtswissen allein genügt aber nicht – es muss verständlich vermittelt werden, damit die Klientinnen und Klienten aktiv mitwirken und zu ihrem Recht gelangen können. Unsere Weiterbildungsangebote stellen daher stets das Klientel ins Zentrum.
2. Mit welchen Herausforderungen sind Fachpersonen im Sozialversicherungsrecht konfrontiert – und wie werden diese in Ihren Weiterbildungen thematisiert?
Cathrin Habersaat: Mehrfachproblematiken sind häufig. Hier gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und Prioritäten zu setzen: Was hat Vorrang, was kann warten? Eine Herausforderung ist beispielsweise die Koordination zwischen verschiedenen Versicherungen und Leistungserbringern. Oft sind mehrere Stellen gleichzeitig involviert – Fachpersonen müssen deshalb wissen, welche Prioritäten sie setzen und welche Fristen sie einhalten müssen. Unsere Weiterbildungen vermitteln dieses Wissen systematisch. (Siehe Box)
3. Welche methodischen Ansätze werden in den Fachkursen genutzt?
Peter Mösch: Im CAS Sozialversicherungsrecht sind alle Themenblöcke nach demselben Muster aufgebaut: Zuerst kommen die Grundlagen, dann eine ausgewählte Vertiefungsrichtung und zum Schluss blicken wir auf die aktuellen Entwicklungen im jeweiligen Bereich. Bei unserem Unterricht handelt es sich um einen Mix aus individueller Vorbereitung, Kontaktunterricht mit Vorlesungsteil, Diskussion und Nachbereitung.
Praxisbezug ist uns wichtig. Wir ermutigen die Teilnehmenden, eigene Fälle einzubringen, um mit praxisnahen Beispielen zu arbeiten.
Cathrin Habersaat: Praxisbezug ist uns wichtig. Wir ermutigen die Teilnehmenden, eigene Fälle einzubringen, um mit praxisnahen Beispielen zu arbeiten. Auch die Dozierenden verfügen alle, nebst ihrem Fachwissen, über viel Praxiserfahrung. Lösungen für Problemstellungen werden nicht vorgegeben, sondern von den Teilnehmenden selbst erarbeitet und besprochen.
4. Wie tragen die Weiterbildungen dazu bei, dass Fachpersonen Ressourcen für Klientinnen und Klienten besser erschliessen können?
Cathrin Habersaat: Wir vermitteln fundiertes Wissen im Sozialversicherungsrecht und in der Sozialhilfe. Oft erleben wir, dass Teilnehmende erst durch die Weiterbildung bestimmte Rechtsansprüche erkennen. Da sich das Sozialrecht laufend ändert, ist es wichtig, auf dem neuesten Stand zu bleiben – wozu auch unsere regelmässige Sozialhilferechtstagung beiträgt.
Ein Beispiel für den kontinuierlichen Wandel ist die Berechnung der Ergänzungsleistungen: Oft fehlt das Wissen darüber, wie hypothetische Einkommen und Vermögen angerechnet werden und wie Klientinnen und Klienten davon befreit werden können. Ebenso wichtig ist es, Entscheide korrekt zu lesen, zu prüfen und den richtigen Rechtsweg zu kennen, falls ein Entscheid angefochten werden muss.
5. Wie fördern die CAS-Programme die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen juristischen Fachpersonen und Sozialarbeitenden?
Peter Mösch: Die Vielfalt der Teilnehmenden und Dozierenden ist ein zentraler Bestandteil des Unterrichtskonzepts. Bei der Aufnahme wird gezielt auf eine breite Mischung aus verschiedenen Disziplinen und Branchen geachtet. Dieser interdisziplinäre Ansatz fördert ein vernetztes Verständnis sozialversicherungsrechtlicher Fragestellungen.
Cathrin Habersaat: Wir leben die interdisziplinäre Zusammenarbeit vor: Beide Berufsgruppen unterrichten gemeinsam, teils im Co-Teaching. Dabei werden sowohl Gemeinsamkeiten als auch unterschiedliche Herangehensweisen sichtbar. Ein Beispiel: Aus juristischer Sicht ist eine rasche IV-Anmeldung sinnvoll, um Fristen einzuhalten. Sozialarbeitend kann es jedoch wichtiger sein, zunächst das Commitment der Klientin oder des Klienten zu stärken, bevor ein Antrag gestellt wird. Wer ein Problem nicht erkennt, wird sich auch nicht aktiv an dessen Lösung beteiligen.
Von: Ismail Osman
Veröffentlicht: 12. Februar 2025
Weiterbildungsangebote an der Schnittstelle von Sozialer Arbeit und Recht
«Das CAS Sozialversicherungsrecht spricht primär Fachpersonen aus der Sozialversicherungsbranche an, etwa von Ausgleichskassen, IV-Stellen, Pensionskassen sowie Unfall-, Arbeitslosen- und Krankenversicherungen», erklärt Peter Mösch, Programmleiter CAS Sozialversicherungsrecht. Auch Fachleute aus Rechtsschutzversicherungen, Gerichten, Treuhand, HR, Beistandschaften, dem medizinischen Bereich und der Sozialberatung profitieren. Das Programm richtet sich insbesondere an Sozialversicherungsfachleute, Jurist:innen, Treuhänder:innen – aber auch an Sozialarbeitende.
Das CAS Soziale Sicherheit vertieft gezielt das Wissen im Bereich der Sozialen Sicherheit. «Angesprochen sind Fachkräfte der Sozialen Arbeit in sozialen Diensten, Berufsbeistandschaften und Beratungsstellen», so Cathrin Habersaat, Programmleiterin CAS Soziale Sicherheit. Auch Fachpersonen aus Sozial- und Privatversicherungen sowie Leistungserbringer:innen aus der medizinischen Rehabilitation oder der beruflichen und sozialen Integration können von der Weiterbildung profitieren.
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