Kindes- und Erwachsenenschutz,
Die Beistandschaft ist die am häufigsten von der KESB angeordnete Schutzmassnahme im Kindes- und Erwachsenenschutz. Ihre Ausgestaltung beeinflusst massgeblich die Wirksamkeit des Schutzes und der Unterstützung für die Betroffenen. Grund genug ihre Gelingensbedingungen an der Luzerner Tagung zum Kindes- und Erwachsenenschutz 2025 zu ergründen.
Die ausgebuchte Tagung vom 8. Mai 2025 – mit zusätzlichen Teilnehmenden im Online-Stream – betont den Kindes- und Erwachsenenschutz als Verbundaufgabe. Das Programm bot entsprechend Perspektiven von Betroffenen sowie Fachpersonen aus verschiedenen Disziplinen und Institutionen. Beleuchtet wurden dabei unterschiedliche Formen der Beistandschaft – eine Schutzmassnahme, die im Jahr 2023 rund 45’000 Kinder und 105’000 Erwachsene betraf.
Save the Date für die Tagung 2026
Die nächste Luzerner Tagung zum Kindes- und Erwachsenenschutz findet am 7. Mai 2026 statt.
Die Referierenden am Vormittag machten deutlich, wo Handlungsbedarf gesehen wird. Sie stellten Projekte vor, die auf bestehende Lücken reagieren. Die Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (KOKES) verortet den Handlungsbedarf unter anderem in der Reduktion von Besuchsrechtsbeistandschaften im Kindesschutz sowie der allmählichen Umwandlung der umfassenden Beistandschaften im Erwachsenenschutz in andere Arten der Beistandschaft, die spezifisch auf die Bedürfnisse der Betroffenen eingehen. KOKES-Generalsekretärin Diana Wider führte unter anderem die noch angeordneten umfassenden Beistandschaften auf unterschiedliche behördliche Praxis in der Deutsch- und Westschweiz zurück.
Hinsichtlich der Berufsbeistandschaft als Organisation, adressiert die KOKES den bestehenden Anpassungsbedarf mit den konkreten Empfehlungen zur Organisation von Berufsbeistandschaften sowie zur Ernennung der geeigneten Beistandsperson. Martha Friedrich und Tanja Sieber berichteten von der gelungenen Installation von Qualitätszirkeln, ebenfalls eine KOKES-Empfehlung, für die bessere Zusammenarbeit zwischen der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde sowie der Berufsbeistandschaft.
Den Perspektivenwechsel zu den Betroffenen vollzog Franziska Weder mit dem Referat zu ihrer Dissertationsarbeit. Darin vermittelte sie einen Einblick in die Wirkkraft von Erziehungsbeistandschaften auf den Alltag von Müttern und Kindern und zeigte auf, wie bedeutsam es für die Betroffenen ist, dass ihnen mit der Beistandsperson vor allem ein zugewandter und interessierter Mensch begegnet.
Zum Abschluss des Vormittags gab Daniel Rosch eine Übersicht über weitere Qualitätsbestrebungen sowie -zugewinne im Kindes- und Erwachsenenschutz aufgrund von aktuellen Forschungsprojekten.
In den Workshoprunden am Nachmittag konnten sich Teilnehmende mit spezifischen Themen rund um Beistandschaften (siehe Workshopübersicht unten). Gut besucht war auch der Workshop 7 zur Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeitsbelastung als Fachperson sowie den persönlichen Ressourcen. Das Fazit dessen war: Neben fachlichen Inputs trage Selbstfürsorge auch zu erhöhter Wirksamkeit sozialer Arbeit bei. Das erinnert an die Anweisung, sich in Flugzeugen im Notfall jeweils zuerst selbst die Sauerstoffmaske aufzusetzen.
Workshop 1: Interner Rechtsdienst in einer Berufsbeistandschaft – Vor- und Nachteile? – Astrid Estermann & Angela Roos
Workshop 2: Erfahrungen mit Kinderbeistandschaften aus Sicht der unabhängigen Beratungsstelle KESCHA – Bruno Roelli
Workshop 3: Wie kann eine Erziehungsbeistandschaft gelingen? – Franziska Weder
Workshop 4: Häusliche Gewalt – Wichtige Aspekte für den Auftrag im Rahmen einer Beistandschaft – Beat Reichlin
Workshop 5: Kindesvertretung und Beistandsperson – konstruktiv zusammenarbeiten für das Kind – Claudia Toblers
Workshop 6: Das Einmal-Eins im Kontakt mit psychisch erkrankten Personen – Elke Brusa-Hoevels
Workshop 7: Nachhaltige und gesunde Lebens- und Arbeitshaltung bei hoher Arbeitslast – Susann Bongers
Workshop 8: Einbezug nahestehender Personen in der Mandatsführung – Umgang mit Stolpersteinen – Luca Maranta
Workshop 6 verdeutlichte, wie die Orientierung an den menschlichen Grundbedürfnissen ein zentraler Schlüssel im Kontakt mit psychisch erkrankten Personen ist. Unerfüllte Bedürfnisse zu erkennen und auf sie einzugehen, verhelfe dem professionellen Beziehungsaufbau. Gleichzeitig verdeutlichen die Grundbedürfnisse die menschliche Verbundenheit, die Fachpersonen und Klientel miteinander teilen.
Zum Tagungsabschluss informierte Debora Gianninazi über die Projekte des Bundesamtes für Justiz im Kindes- und Erwachsenenschutz und Philippe Meier gab eine Übersicht der Rechtsprechung im Kindes- und Erwachsenenschutz.
Die Tagung zeigte eindrücklich, wie zentral Beistandschaften im System des Kindes- und Erwachsenenschutzes sind – sowohl in fachlicher als auch in menschlicher Hinsicht. Sie verdeutlichte die Bedeutung von Qualitätssicherung, interdisziplinärer Zusammenarbeit und rechtlicher Weiterentwicklung. Nicht zuletzt wurde spürbar: Wirkungsvolle Unterstützung braucht nicht nur Struktur, sondern vor allem Beziehung – getragen von Achtsamkeit, Selbstfürsorge und dem Blick auf die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen.
Von: Tanja Mitrovic
Bilder: Riccarda Achermann
Veröffentlicht: 3. Juni 2025
Tagungsunterlagen
Alle Unterlagen zu den Vorträgen und Workshops finden Sie auf der Tagungswebseite.
Weiterbildungen im Kindes- und Erwachsenenschutz
An der HSLU bieten wir für Mitarbeitende von KESB, Berufsbeistandschaften und Abklärungsdiensten verschiedene Weiterbildungen an. Je nach Funktion und Profil kann der Schwerpunkt auf rechtliche Rahmenbedingungen und/oder methodisches Fach- und Handlungswissen gelegt werden. Die CAS-Kurse dauern 22-24 Tage, die Fachkurse 6-13 Tage, die Fachseminare 1-2 Tage. Eine Übersicht mit allen Angeboten finden Sie unter www.hslu.ch/kes
Für Kurzentschlossene: Weiterbildungen mit Anmeldeschluss im Juli
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