Soziokultur

Was Martin Luther King, Greta Thunberg und die HSLU gemeinsam haben

Was Martin Luther King, Greta Thunberg und die HSLU gemeinsam haben

Eine Woche lang stand die Hochschule Luzern – Soziale Arbeit unter dem Motto «Empowerment – eine Idee mit einer langen Geschichte». Doch was muss man sich darunter vorstellen? Was hat Empowerment mit Macht zu tun? Und inwiefern ist der Begriff in der Sozialen Arbeit wichtig? Diesen Fragen sind wir auf den Grund gegangen. Und eines vorweg: Empowerment ist nicht nur hochspannend, sondern oftmals auch der Schlüssel zum Erfolg.

Mit Empowerment werden Strategien und Massnahmen bezeichnet, die den Grad an Autonomie und Selbstbestimmung im Leben von Menschen oder Gemeinschaften erhöhen sollen, um es ihnen zu ermöglichen, ihre Interessen (wieder) eigenmächtig, selbstverantwortlich und selbstbestimmt zu vertreten. Hä, wie? In einfach: Hilfe zur Selbsthilfe. So breit die Definition, so breit auch das Thema an sich. Denn Empowerment umfasst viele unterschiedliche Aspekte und Ebenen. Und es betrifft uns alle – wie zum Beispiel dieses Video zeigt.

Es betrifft aber nicht nur uns als Individuen, sondern uns als Gesellschaft. Und das auch global. Denn in Bezug auf Macht und Politik ist Empowerment allgegenwärtig. In unterschiedlichen Ausprägungen erscheint dies nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich. Doch das Wort an sich zeigt ja schon, da ist Macht (Power) drin. Die Anfänge machte die Bürgerrechtsbewegung des Schwarzen Amerikas mit Martin Luther King und setzte ein fettes Ausrufezeichen hinter den Begriff. Friedensbewegungen in ihrem Kampf gegen kriegerisch-imperiale Einmischungen in die Souveränität anderer Staaten, Armutsbewegungen oder auch die Frauenbewegung – sie alle standen und stehen unter dem Begriff Empowerment. Weiterspinnen kann man dies bis zur Neuzeit und der “Fridays for Future” Bewegung rund um Greta Thunberg. Empowerment also als ein politischer Prozess, als kollektives Projekt zur politischen Selbstbestimmung. Oder wie es die Klimajugend laut rausschreit: “Power to the people. ‘Cause the people got the power.”

Empowerment ist allgegenwärtig. Und so wurde das Thema während der Blockwoche an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit unterschiedlichst beleuchtet. In Form von Texten, Diskussionen, Präsentationen, Referaten, Filminputs, World Cafés, Workshops und Gesprächen haben wir uns gemeinsam rangetastet. Wir haben diskutiert, zugehört, gefragt, seziert, philosophiert und verstanden – oftmals kontrovers und emotional. Und wir haben uns gegenseitig befähigt – Empowerment also am lebenden Beispiel. Einige Themen stimmten mich nachdenklich, andere inspirierten mich, wieder andere fand ich verwirrend und schwer einzuordnen.

Was ich als von dieser Woche mitnehme: Es braucht mehr echtes und ehrliches Empowerment auf Augenhöhe. Bei Einzelnen, in Teams, in Institutionen und in der Politik. Und das schliesst die Hochschule Luzern – Soziale Arbeit mit ein. Eine klare Positionierung wäre wünschens- und erstrebenswert. Denn die moderne Soziale Arbeit muss vermehrt lernen, die Bedürfnisse jedes Einzelnen mit einzubeziehen. Die Kritik an den Machtverhältnissen zwischen Sozialarbeiter:innen und Klient:innen, den Bedürfnissen eben dieser nicht Rechnung zu tragen, muss zum Denken anregen. Wie kommen wir dahin? Mit Zuhören und sich einlassen. Mit Offenheit, Akzeptanz, Toleranz und Vertrauen. Mit Wertschätzung dafür, dass man vom Gegenüber etwas lernen kann und Mut, dies anzunehmen. Mit Aushalten, wenn Empowerment einmal ergebnisoffen bleibt. Dies ist nicht immer einfach, aber notwendig. Die persönliche Haltung immer wieder (kritisch) reflektieren, im Wissen, dass die eigene Sichtweise nicht die einzig richtige ist. Und: Dass es eine Ressource ist, dass wir alle unterschiedliche Vorstellungen von Lebensentwürfen haben dürfen.

Inspiration zum Thema

Buchempfehlung

Streulicht
«Mein Gelingen war abhängig von minimalistischen Abweichungen, von einmaligen Ereignissen, davon, wie ich meine Stifte hielt und ob ich meine Augen genug aufmachte, davon, ob ich die richtige Haltung hatte, schon bevor ich das Schulgebäude überhaupt betrat; ob ich meine Schultern zurücknahm und mit erhobenem Kopf ging.» Ein eindrückliches Zitat aus Deniz Ohde’s Roman “Streulicht” (Ohde, 2021, S.183). Die Geschichte hat mich bewegt, obwohl sie wenig eigentliche Handlung beinhaltet. Die namenlose Ich-Erzählerin behandelt Themen wie Rassismus, soziale Herkunft und Stigmatisierung: Das Buch zeigt auf, wie sehr stark soziale Herkunft Chancen, vor allem in der Bildung, verhindert und wie intensiv Kinder von ihrem Umfeld geprägt werden. Prädikat lesenswert.

Filmempfehlung

Sonita
Der Film “Sonita” handelt von einer jungen Frau, die aus Afghanistan in den Iran geflüchtet ist und keine Papiere hat. Ihr Traum: Eine erfolgreiche Rapperin zu werden. Über ihre Leidenschaft zur Musik verleiht sie den Mädchen und Frauen eine Stimme, die einem Brauch zum Opfer fallen: dem “Brautkauf”, einer traditionellen Form von Zwangsheirat.  Sonita wehrt sich – mit Rap. Und das in einem Land, in dem Mädchen nicht einmal öffentlich singen dürfen. Eine wunderbar bewegende Geschichte einer jungen Frau, die mit beeindruckender Entschlossenheit und viel Mut entschlossen für ihren Traum und ihre Freiheit einsteht.


Dieser Artikel wurde am 10. Februar 2022 von Virginia Beljean verfasst und auf dem Soziokulturblog veröffentlicht.

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