Soziokultur,

Studium

Sichtbare Arbeit am Sozialen: das ist Soziokultur

Sichtbare Arbeit am Sozialen: das ist Soziokultur

In den hoch spezialisierten Gesellschaften des 21. Jahrhunderts unterliegt auch die Soziale Arbeit einem kontinuierlichen Differenzierungsprozess. So gibt es nicht mehr einfach «Soziale Arbeit» sondern: Schulsozialarbeit, Spitalsozialarbeit, Sozialpädagogik, Jugendarbeit, Quartierarbeit, Altersarbeit, Sozialarbeit im Justizvollzug und in weiteren Zwangskontexten, und vieles mehr.

An der HSLU bietet das Bachelorstudium in Sozialer Arbeit drei Vertiefungsrichtungen an: Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Soziokulturelle Animation. Die Soziokulturelle Animation ist dabei jene Vertiefungsrichtung, die zumindest auf den ersten Blick das am wenigsten spezifische Arbeitsfeld abdeckt und zudem mit offenen, ebenfalls wenig festgeschriebenen Methoden und Konzepten arbeitet. Soziokulturelle Animator:innen arbeiten stark projektorientiert und situativ.

Mit Partizipation und Ressourcenorientierung als Handlungsgrundsätzen ist die Soziokulturelle Animation die Meisterin der Verbindung. Wo unterschiedliche Lebenswelten und gegensätzliche Perspektiven das Zusammenleben mitunter schwierig machen, wo neue Herausforderungen ehemals funktionierende Systeme an ihre Grenzen bringen und Potentiale wegen fehlender Vernetzung brach liegen, da können Soziokulturelle Animator:innen ihre Karte spielen und – zusammen mit den involvierten Menschen – bedürfnisorientierte Lösungen entwickeln und neue Antworten finden.

Zwei innovative Projekte in der Soziokulturelle Animation

Die Stiftung Soziokultur stellt die Arbeit von zwei Soziokulturellen Animator:innen vor, die in neuen Arbeitsfeldern der Soziokultur innovative Projekte erarbeitet haben:

Leonie Schaffner arbeitet als Soziokulturelle Animatorin in der Stiftung Rodtegg für körperlich und kognitiv beeinträchtigte Menschen. Sie setzt inklusive Arbeitsplätze um, und zwar nicht (nur) in der Stiftung selbst, sondern in der «normalen» Welt. Das Kulturzentrum Neubad in Luzern profitiert von der administrativen Mitarbeit eines Bewohners der Stiftung Rodtegg. So kommen die unterschiedlichen Lebenswelten von Rodtegg und Neubad Luzern zusammen. Wie weit der Weg der Inklusion, den wir in der Schweiz zu gehen haben, noch ist, zeigen die witzigen Bilder einer Rollstuhlrallye über das Stiftungsgelände – Besucher:innen werden dabei von geübten Rollstuhlfahrer:innen angeleitet.

Milena Mischol, ebenfalls Soziokulturelle Animator:in, arbeitet in Adligenswil im Pflegezentrum Riedbach. Sie ist einerseits eine wichtige Person im Pflegezentrum selbst, ist für Bewohner:innen und Besucher:innen da. «Soziokultur verbindet», heisst der Claim der HSLU, und das ist es, was Milena Mischol macht: sie verbindet die Menschen im Pflegezentrum, sei es über eine gemeinsame Aktivität, eine verbindende Erfahrung. Die Soziokulturelle Animator:in koordiniert zudem die Freiwilligen, welche auch im Pflegezentrum Riedbach (wie in den meisten Alters- und Pflegezentren) eine wichtige, ebenfalls verbindende Funktion haben und zu einer hohen Zufriedenheit aller beitragen. Schliesslich kommt Milena Mischol auch in der Öffnung des Pflegezentrums zur Gemeinde Adligenswil hin eine wichtige Rolle zu.

Altersarbeit in der Soziokulturellen Animation

Die Altersarbeit ist für die Soziokulturelle Animation ein junges Arbeitsfeld, welches sich in den letzten Jahren stark entwickelt hat und mittlerweile auch stärker wahrgenommen wird. So hat die Zeitschrift «Gerontologie CH» im Juni 2023 der Soziokultur ein ganzes Themenheft gewidmet.

Wo gesellschaftliche Herausforderungen sind, neue Fragen auftauchen, frühere Strukturen nicht mehr funktionieren – da kommt Soziokultur zum Zug. Soziokulturelle Animation hat selten einen gesetzlichen Auftrag und ist im Vergleich zur Sozialarbeit und auch zur Sozialpädagogik wenig reglementiert. Und doch liegen die frühesten Beispiele Sozialer Arbeit ziemlich nahe bei der heutigen soziokulturellen Projektarbeit: Jane Addams Hull House in Chicago etwa ist ein frühes Beispiel für Community Work. Soziale Probleme angehen, Chancen erhöhen, Armut bekämpfen. Das waren im 19. Jahrhundert die aktuellen zu bearbeitenden Fragen – wenn auch punkto Methoden noch wenig partizipativ und ressourcenorientiert und von einer moralisch als überlegen verstandenen Warte aus verabreicht.

Und wen es jetzt erst recht wundernimmt, wo Soziokultur sonst noch so unterwegs ist – die SoziokulTOUREN finden auch diesen Herbst wieder statt. Die Spaziergänge durch Luzern verbinden jeweils unterschiedliche Soziokulturprojekte und ermöglichen den Austausch mit den Projektverantwortlichen, und selbstverständlich auch untereinander.

SoziokulTOUREN Flyer:

Von: Simone Gretler Heusser
Bild: Youtube
Veröffentlicht: 26. Oktober 2023

Bachelor-Studium mit Vertiefung Soziokulturelle Animation

Soziokulturelle Animatorinnen und Animatoren ermutigen Menschen dazu Lebensräume aktiv zu gestalten, indem sie Brücken zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen, Kulturen und Generationen bauen. Sie fördern die Interaktion und Vernetzung zwischen den Quartieren, Gemeinden und Institutionen und sind in Quartier und Kulturtreffpunkten, im Schul und Jugendkulturbereich, in Senioren und Flüchtlingszentren, in Nichtregierungsorganisationen und in Migrationsprojekten aktiv.

Du interessierst dich für ein Studium in Sozialer Arbeit? Anmeldung: Bachelor in Sozialer Arbeit

Der neue Bachelor: Der Bachelor in Sozialer Arbeit mit Schwerpunkt neue Konzepte und Innovation.

Kommentare

6 Kommentare

Ja Fe

Guten Tag, gibt es bereits Beispiele für Soziokulturelle Animation im Strafvollzug beziehungsweise im Bereich der Straffälligenhilfe? Mit freundlichen Grüßen Ja Fe

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Gast

Hallo Ja Fe Ich kenne das Projekt "Step inside the circle" (https://www.youtube.com/watch?v=FVxjuTkWQiE) vom Compassion Prison Project (https://compassionprisonproject.org/sitc/), wo es um Stigmatisierung, Kindheitstrauma und einer Haltung von Mitgefühl/Empathie geht. Für mich erkenne ich darin Ansätze der Soziokulturellen Animation. Vielleicht magst Du da ja mal reinschauen. LG

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Roger Ettlin

Vielen Dank für den Input.

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Simone Gretler Heusser

Liebe*r Ja Fe Danke für diese Frage - eine interessante Idee! Mir sind aus dem Justizvollzugsbereich keine soziokulturellen Projekte bekannt. Ein Punkt ist sicher, dass Soziokultur ja auf Freiwilligkeit basiert, und die in einem Zwangskontext nicht gegeben ist. Zudem ist Offenheit ein wichtiges Prinzip der Soziokulturellen Animation - auch das nicht gerade, was man gemeinhin mit dem Strafvollzug verbindet. Nichtsdestotrotz könnte ich mir vorstellen, dass Soziokulturelle Animation durchaus auch im Strafvollzug interessante Initiativen lancieren könnte. einfach mit etwas anderen Regeln.

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Ja Fe

Vielen Danke für die Antwort! In Bezug auf den Strafvollzug kann ich das verstehen. Sobald sich was bei Ihnen auftut, wäre ich an einer Rückmeldung interessiert. Aber was ist mit dem Bereich der Straffälligenhilfe? Diesen haben Sie ausgespart. Hier wäre ja alles freiwillig und offen möglich. Aber heißt das, hier gibt es bisher auch nichts?

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Simone Gretler Heusser

Es ist mir nichts bekannt. Aber gerne nehme ich Ideen auf und teile sie, wenn ich etwas höre! Herzliche Grüsse, Simone Gretler Heusser

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