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Stress als Unfallursache: «Heute stehen die Arbeitsbedingungen im Fokus»

Stress als Unfallursache: «Heute stehen die Arbeitsbedingungen im Fokus»

Die Gefahrenherde am Arbeitsplatz sind nicht mehr dieselben wie früher. Wie Gesundheitsschutz im Betriebsumfeld heute aussieht und weshalb Unternehmen von einem fortschrittlichen Gesundheitsbewusstsein profitieren, erklären die beiden Dozentinnen Christina Meyer und Tanja Vitale im Interview.

1. Tanja Vitale und Christina Meyer, an welche Berufsgruppen richtet sich das CAS «Arbeit und Gesundheit / Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz»?

Tanja Vitale: Das CAS richtet sich an alle, die für die Sicherheit in ihren Betrieben zuständig sind. Dazu gehören Fachpersonen für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Beraterinnen und Berater, Arbeitsinspektorinnen und -inspektoren sowie Fachpersonen aus dem Bereich Qualitätsmanagement.

Christina Meyer: Das Programm ist zudem auch für Führungskräfte und Fachpersonen aus dem Human-Resources-Bereich relevant.

2. Auf welche aktuellen Herausforderungen geht das CAS-Programm ein?

Tanja Vitale:  Die klassische Arbeitssicherheit verliert an Bedeutung, da unsere Wirtschaft zunehmend in den Dienstleistungssektor übergeht. Einerseits gibt es dadurch weniger physische Unfälle, andererseits steigt die Zahl der stressbedingten Absenzen deutlich. Hinzu kommt, dass Stress auch zu physischen Unfällen führen kann – etwa zu Stolperunfällen, die sich aufgrund mangelnder Aufmerksamkeit ereignen. Heutzutage liegen die Unfallursachen also weniger in den technischen Gegebenheiten des Arbeitsplatzes, sondern primär in den Arbeitsbedingungen – und genau darauf legen wir im CAS den Fokus.

Christina Meyer: Die Ausgangslage hat sich in der Tat verändert. Psychische Erkrankungen wie Depressionen oder das Burn-out-Syndrom haben in den vergangenen Jahren massiv zugenommen und beeinträchtigen die Arbeitsleistung erheblich. Das CAS-Programm richtet deshalb einen stärkeren Fokus auf psychische Gefahren am Arbeitsplatz. Ein weiterer wesentlicher Faktor ist die zunehmende Vermischung von Arbeit und Privatleben, bei der oft eine klare Abgrenzung fehlt. Gleichzeitig sind Zeit- und Leistungsdruck deutlich gestiegen, was viele Arbeitnehmenden vor Herausforderungen stellt. Daraus resultiert Stress im Arbeits- und Privatleben.

3. Wie profitieren die teilnehmenden Fachkräfte von den vermittelten Themen?

Tanja Vitale: Die Teilnehmenden erhalten die fachlichen Hintergründe und Kompetenzen, um die Anforderungen des Arbeitsgesetzes zu kennen, zu verstehen und umzusetzen. Gleich zu Beginn des Programms beschäftigen wir uns mit den rechtlichen Bestimmungen rund um die Arbeitsbedingungen. Die Teilnehmenden lernen das Arbeitsgesetz und seine Verordnungen kennen – beispielsweise die Arbeits- und Ruhezeitbestimmungen. Diese Basis ist wichtig, um in Sachen Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz die richtigen Massnahmen treffen zu können.

Ein vorausschauendes betriebliches Gesundheitsbewusstsein verbessert das Image eines Unternehmens

Christina Meyer: Die Gesetzgebung ist in der Tat komplex. Umso wichtiger ist es, dass speziell ausgebildete Fachpersonen in der Lage sind, Unternehmen zu helfen, proaktiv zu handeln und dadurch rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Davon profitieren nicht nur die Arbeitnehmenden, sondern auch die Betriebe. Denn: Ein vorausschauendes betriebliches Gesundheitsbewusstsein verbessert das Image eines Unternehmens, motiviert Mitarbeitende und bietet somit einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil – dies gerade vor dem Hintergrund, dass in Zukunft in gewissen Branchen weniger Fachkräfte zur Verfügung stehen.

4. Können Sie Beispiele für spezifische Kompetenzen nennen, die im Rahmen des CAS vermittelt werden?

Tanja Vitale: Wir zeigen den Teilnehmenden zum Beispiel, wie man einen Schichtbetrieb inklusive Pausenregelung strukturiert und welche Punkte für eine möglichst geringe gesundheitliche Belastung des Personals zu beachten sind. Darüber hinaus lernen die Teilnehmenden Warnsignale zu deuten, die auf eine (zu) hohe Arbeitsbelastung der Mitarbeitenden hinweisen. Ausserdem beurteilen sie Situationen am Arbeitsplatz nach verschiedenen Kriterien und erkennen, wann weitere Experten, wie beispielsweise Ergonomen, hinzugezogen werden müssen. In ihrer Abschlussarbeit analysieren die CAS-Teilnehmenden Arbeitsplätze unter verschiedenen Gefährdungsaspekten und schlagen geeignete Massnahmen vor.

5. Wie ist das CAS-Programm aufgebaut – und welches sind wichtigsten Themenblöcke?

Tanja Vitale: Das Programm umfasst acht Themenblöcke, in denen wir verschiedene Einflüsse wie Lärm, Licht, Ergonomie, den Umgang mit gefährlichen Chemikalien und psychosoziale Einflüsse analysieren. Durch Betriebsbesichtigungen und Fachvorträge vertiefen wir die Themen praxisnah. Die Absolventinnen und Absolventen des CAS sind in der Lage, auch unter Zeitdruck Gefährdungen zu erkennen und Massnahmen zur Verbesserung der Situation einzuleiten.

Christina Meyer: Was über alle Themenblöcke gleichbleibt, ist der hohe Praxisbezug. Die HSLU ­– Soziale Arbeit hat dieses CAS-Programm in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Arbeitsmedizin, Ergonomie und Hygiene (AEH)  entwickelt. Letztlich geht es uns allen darum, die Arbeit sicher und gesund zu gestalten und die Mitarbeitenden gesund und arbeitsfähig zu erhalten.

Von: Ismail Osman
Veröffentlicht: 20. August 2024

CAS Arbeit und Gesundheit / Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz

Das CAS-Programm zeigt Belastungen und Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz auf, diskutiert Richtlinien und Erfahrungswerte zur Erhaltung der Gesundheit und stellt Massnahmen zur Verbesserung ungünstiger Arbeitsbedingungen vor. Die Teilnehmenden werden befähigt, gesundheitliche Belastungen zu erkennen, richtig einzuschätzen und Verbesserungsmassnahmen zu formulieren.

Infoveranstaltungen: 27. August, 22. Oktober und 3. Dezember 2024

Programmstart: 13. Januar 2025

Mehr Informationen: Webseite CAS Arbeit und Gesundheit

Christina Meyer

Dr. Christina Meyer

Christina Meyer ist seit März 2022 Dozentin und Projektleiterin am Institut für Sozialmanagement, Sozialpolitik und Prävention der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit. Zuvor war sie unter anderem bei Akzent Prävention und Suchttherapie Luzern tätig.

Tanja Vitale

Dr. Tanja Vitale

Tanja Vitale ist Sicherheitsingenieurin am Zentrum für Arbeitsmedizin, Ergonomie und Hygiene AEH und betreut in diesem Rahmen Betriebsgruppen-, Branchen- und Modelllösungen sowie Einzelfirmen im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.

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