30. September 2019
Jeder Baumangel stellt ein Ärgernis dar. Wurde dieser Baumangel jedoch vorsätzlich begangen und geheim gehalten, so ist die Situation gravierend. Dabei könnte es sich um einen Betrug handeln, welcher strafrechtlich geahndet werden kann.
Viele Menschen in der Schweiz träumen davon, ihre eigenen vier Wände gemäss ihren Wünschen zu gestalten und somit eine kleine Idylle für sich und ihre Liebsten zu kreieren. Dafür investieren sie zuweilen ihre gesamten Ersparnisse. Wie steht es nun aber damit, wenn sie nicht das erhalten, wofür sie bezahlt haben? Falls ihr Eigenheim Mängel aufweist, die es nicht haben sollte, sind dafür die Strafbehörden zuständig?
Dieser Beitrag setzt sich mit der Frage auseinander, ob Werkmängel Hinweise auf betrügerische Handlungen geben können. Zunächst wird der Begriff Werkmangel erläutert. Danach werden die Voraussetzungen des Betruges dargestellt. Schliesslich werden die Voraussetzungen des Betruges auf einen konkreten Fall angewendet.
Werkmangel
Zur Erstellung eines Bauwerkes wird in der Regel ein schriftlicher Werkvertrag zwischen dem Bauherrn und dem Unternehmer abgeschlossen. Dieser Werkvertrag beinhaltet einerseits die zu leistenden Arbeiten des Unternehmers und andererseits die dafür zu leistende Vergütung durch den Bauherrn. Der Werkmangel besteht in einer Abweichung des Werkes vom Vertrag. Dem Bauwerk fehlt damit eine Eigenschaft, welche es gemäss vertraglicher Vereinbarung besitzen sollte. Dadurch begründet der Werkmangel einen vertragswidrigen Zustand. Fehlt eine Vereinbarung über die Beschaffenheit des Bauwerkes liegt ein Werkmangel dann vor, wenn das Bauwerk sich nicht wie vertraglich vorausgesetzt verwenden lässt. Ein Werkmangel liegt bereits dann vor, falls das Werk sich weder zur gewöhnlichen Verwendung eignet noch eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Bauherr nach Art des Werkes erwarten konnte. Beispielsweise stellt ein undichtes Hausdach bei einem Neubau auch ohne spezifische Vereinbarung einen Werkmangel dar, weil Hausdächer von Neubauten üblicherweise dicht sind und ihre Dichtigkeit auch erwartet werden darf.
Betrug
Der Tatbestand des Betruges setzt zum einen voraus, dass der Täter beim Opfer durch eine arglistige Täuschung entweder einen Irrtum hervorruft oder das Opfer in einem bereits bestehenden Irrtum bestärkt. Aufgrund des Irrtums trifft das Opfer eine Vermögensdisposition, die entweder das eigene Vermögen oder das Vermögen eines Dritten betrifft. Als Folge dieser Vermögensdisposition tritt ein Vermögensschaden ein. Das Vermögen schmälert sich aufgrund des Fehlens eines entsprechenden Gegenwertes. Zum anderen ist Vorsatz sowie Bereicherungsabsicht des Täters erforderlich. Mit anderen Worten muss der Täter den Betrug mit Wissen und Willen begehen. Zudem muss der Täter einen unrechtmässigen wirtschaftlichen Vorteil anstreben. Der Betrug stellt ein sogenanntes Selbstschädigungsdelikt dar. Im Gegensatz zum Diebstahl wird beim Betrug der Vermögenschaden vom Opfer selbst vorgenommen und nicht vom Täter. Dem Opfer wird nichts weggenommen, es gibt irrtumsbedingt etwas freiwillig weg. Das Hauptmerkmal des Betrugs liegt somit in der Arglistigkeit der Täuschung, welche den Irrtum des Opfers hervorruft. Lehre und Rechtsprechung haben die Arglist der Täuschung beim Vorliegen mindestens einer der folgenden Voraussetzungen bejaht:
Bleiben wir bei unserem Beispiel vom Hausdach und nehmen wir an, dass es sich dabei um ein Flachdach handelt. Vertraglich wurde die Verwendung einer bestimmte Dachfolie vereinbart. Um einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen, verwendet der Unternehmer indes nicht die vereinbarte Dachfolie, sondern ein minderwertiges Produkt. Diese sieht beinahe identisch aus, besitzt allerdings bei Weitem nicht dieselbe Dichtigkeitseigenschaft wie die vereinbarte Dachfolie. Es kommt wie es kommen muss, das Dach ist bereits nach kurzer Zeit undicht. Was nun? Ein Mangel liegt vor, weil eine Abweichung von der vertraglichen Vereinbarung besteht. Und ein Betrug? Der Unternehmer hat mit dem Eingehen der expliziten vertraglichen Vereinbarung beim Opfer den Irrtum hervorgerufen, dass er die vereinbarte Dachfolie einbaut. Die Überprüfung der Dachfolie durch das Opfer hätte, insbesondere aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit der vereinbarten Folie, nur mit aufwendigen Untersuchungen durchgeführt werden können. Zudem konnte der Täter davon ausgehen, dass das Opfer die Dachfolie nicht prüft, weil dies nicht üblich ist. Aufgrund des Irrtums hat das Opfer einen höheren Preis bezahlt. Der Täter wusste, dass er die falsche Folie einbaut und wollte dies auch. Dadurch bezweckte er einen höheren, jedoch nicht gerechtfertigten Gewinn. Folglich hat sich der Unternehmer des Betruges strafbar gemacht.
Selbstverständlich zeigt sich der Sachverhalt in der Realität in aller Regel nicht derart klar, wie im Fallbeispiel. Es ist dennoch ratsam, bei einem Mangel zweimal hinzuschauen.
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