3. Juli 2023

Allgemein,

Wirtschaftskriminalistik

Auf Tuchfühlung mit der Wirtschaftskriminalität

Auf Tuchfühlung mit der Wirtschaftskriminalität

Von Susanne Grau und Dr. Claudia V. Brunner

Wenn Unternehmen mit wirtschaftskriminellen Ereignissen konfrontiert sind, tauchen in der Regel diverse Fragen auf. Die Teilnehmenden des Seminars «Wirtschaftskriminalität» nutzten die Gelegenheit, von verschiedenen Referentinnen und Referenten einen Einblick in die Grundlagen und Ermittlungsmethoden der Thematik zu erhalten. Welche Vorgehensweisen sind in der Praxis aktuell, wie läuft eine Untersuchung ab und was trägt zu einer erfolgreichen Spurensuche im Netz bei?

Am 26. Juni 2023 durften die Seminarleiterinnen Susanne Grau und Dr. Claudia V. Brunner die interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem vielfältigen Tag im Zeichen der Wirtschaftskriminalität begrüssen. Allen gemeinsam war das Interesse, einen Überblick über das Phänomen der Wirtschaftskriminalität zu erhalten sowie in die Vorgehensweisen, Möglichkeiten und Herausforderungen der Ermittlung und Untersuchung eingeführt zu werden.

Das Phänomen Wirtschaftskriminalität

Zunächst erläuterte Rechtsanwältin Dr. Claudia V. Brunner, Leiterin des Themenbereichs Wirtschaftskriminalistik, Dozentin und Projektleiterin am Institut für Finanzdienstleistungen IFZ Zug der Hochschule Luzern, die verschiedenen Aspekte des Phänomens Wirtschaftskriminalität. Anhand der Entwicklung der letzten Jahre führte sie aus, inwiefern Unternehmen davon bedroht sind und welche Personen als potenzielle Täterinnen und Täter in Frage kommen. Mittels medienträchtiger Fälle zeigte sie in der Folge in anschaulicher Weise auf, wie raffiniert die Täterschaft vorgeht und dass der Kreativität der einzelnen Protagonisten keine Grenzen gesetzt sind. Weiter gewährte die Referentin einen Einblick in aktuelle Vorgehensweisen, wie beispielsweise dem Anlagebetrug unter Einsatz von Kryptowährungen. Danach folgte ein Überblick über die relevanten Straftatbestände, bevor die Teilnehmenden zum Abschluss vereinzelte davon anhand einfacher Fallbeispiele anwenden durften.

Die Möglichkeiten interner und staatlicher Untersuchungen

Von «Occupational Fraud», also der berufsbezogenen Kriminalität, und der Aufdeckung wirtschaftskrimineller Handlungen in Unternehmen mittels Warnsignale und Meldesystemen berichtete Susanne Grau, Dozentin am Institut für Finanzdienstleistungen IFZ Zug der Hochschule Luzern. Anhand einer Checkliste erklärte sie den Teilnehmenden, wie sie auf wirtschaftskriminelle Ereignisse reagieren können. Den Schwerpunkt bildeten dabei die Ausführungen zu den einzelnen Phasen interner Untersuchungen. In diesem Zusammenhang wies die Referentin darauf hin, dass interdisziplinäre Teams, bestehend aus erfahrenen Ermittlerinnen und Ermittlern und weiteren Fachpersonen, für die erfolgreichen Durchführung interner Untersuchungen von zentraler Bedeutung sind. Diese sehen sich regelmässig mit verschiedenen Fragestellungen konfrontiert, wie zum Beispiel, inwiefern E-Mails von Mitarbeitenden zu Untersuchungszwecken gelesen werden dürfen.

Im dritten Referat führte David Zogg, Leitender Staatsanwalt, Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich für qualifizierte Wirtschaftsdelikte, Geldwäscherei und internationale Rechtshilfe, die Teilnehmenden in die gesetzlichen Grundlagen der Strafuntersuchung ein und zeigt auf, wie diese in der Praxis umgesetzt werden. Die meisten Unternehmen haben vor dem sogenannten «Ersten Angriff» keine Erfahrungen mit Strafuntersuchungen gemacht. Gemeint ist damit die Hausdurchsuchung, also das zwangsweise Betreten von Räumen sowie das Durchsuchen und Sicherstellen von Unterlagen und Daten. Um eine Strafbarkeit auf Seiten der Unternehmen zu verhindern, ist es für diese wichtig, stets eine funktionierende Unternehmensorganisation nachweisen zu können. Folglich legte der Referent ein besonderes Augenmerk auf die Herausforderungen, die damit verbunden sind, sowie auf die Möglichkeiten, mit denen sich die Unternehmen präventiv schützen können.

Spurensuche im Netz

Zum Abschluss des Seminartages führte Andreas Eugster, Dienstchef Cyber- und Wirtschaftsdelikte der Zuger Polizei, die Teilnehmenden in die Welt der Cyberkriminalität ein. Dabei wies er insbesondere auf die Wichtigkeit der sogenannten «Chain of Custody», also der firmeninternen Dokumentation hin. Diese unterstütze die Behörden bei der besseren Nachvollziehbarkeit der Beweise und trage damit zum Ermittlungserfolg der Untersuchungsbehörden bei. Nachdem er den Teilnehmenden den Begriff und die Funktionsweise des Darknets erläutert hatte, führte er diese gekonnt in die einzelnen Phänomene der digitalen Kriminalität ein. Anhand eines Beispiels zum CEO-Fraud, einer Betrugsmasche, bei welcher falsche Vorgesetzte die Mitarbeitenden per E-Mail veranlassen, unrechtmässige Bankzahlungen vorzunehmen, wies er auf die Wichtigkeit einer sehr guten nationalen und internationalen Zusammenarbeit der Behörden hin. Zu Letzterem gehört auch NEDIK, das Netzwerk für digitale Ermittlungsunterstützung Internetkriminalität der Polizei. Bei der Cyberkriminalität steht die Prävention an erster Stelle, weshalb der Referent diesem Aspekt besonderes Augenmerk einräumte. Die Teilnehmenden erhielten wertvolle Hinweise, wie sie die eigene persönliche Sicherheit im Internet erhöhen können. Dazu gehörten auch Ausführungen zu iBarry, einer Plattform für Internetsicherheit von Schweizer Behörden und der Wirtschaft.

Bedürfnis nach Erweiterung des Fachwissens

Die angeregten Diskussionen während den Referaten, in den Pausen und während des gemeinsamen Mittagessens zeigten, wie wichtig das Thema Wirtschaftskriminalität ist. Im Rahmen des Fachbereichs Wirtschaftskriminalistik können Interessierte im CAS Economic Crime Investigation ihr Wissen über dieses Phänomen vertiefen. Das Weiterbildungsprogramm kann schliesslich mit einem Master vervollständigt werden. Das Seminar Wirtschaftskriminalität wird im Jahr 2024 nächstmals durchgeführt.

Autorin: Susanne Grau

Susanne Grau ist Dozentin und Projektleiterin am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern und Inhaberin und Geschäftsführerin der SUSANNEGRAU Consulting GmbH. Sie amtet als Vizepräsidentin von veb.ch und Verwaltungsrätin der Controller Akademie AG. Zudem ist sie Vorstandsmitglied der Schweizerischen Expertenvereinigung zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität SEBWK und des ACFE Switzerland Chapters.

Autorin: Dr. Claudia V. Brunner

Rechtsanwältin Dr. Claudia V. Brunner ist verantwortlich für den Themenbereich Wirtschaftskriminalistik, Dozentin und Projektleiterin am Institut für Finanzdienstleistungen Zug der Hochschule Luzern sowie Partnerin bei Jositsch Brunner Rechtsanwälte. Sie verfügt über weitreichende Erfahrungen im Bereich Wirtschaftskriminalität, Compliance und Wirtschaftsstrafrecht. Zudem hat sie bei der BrunnerInvest AG ein Mandat als Vizepräsidentin des Verwaltungsrats inne, ist Vorstandsmitglied der SRO PolyReg und dort für das Schiedswesen verantwortlich.

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