23. Oktober 2023

Wirtschaftskriminalistik

Umgang mit Wirtschaftskriminalität in der öffentlichen Verwaltung

Umgang mit Wirtschaftskriminalität in der öffentlichen Verwaltung

Von Hermann Grab

In der heutigen, komplexen, globalisierten Welt sind auch öffentliche Verwaltungen mit einer stetig wachsenden Palette von Risiken konfrontiert. Eine dieser Bedrohungen ist die Zunahme von Wirtschaftskriminalität. Dazu gehören Delikte wie Betrug, Korruption, Geldwäscherei und Cybercrime. Diese verursachen nicht nur finanzielle Verluste, sondern untergraben auch das Vertrauen in die Verwaltung. Angesichts dieser Herausforderung ist ein effektives Risikomanagement begleitet von einem adäquaten Internen Kontrollsystem von zentraler Bedeutung.

Das Risikomanagement ist ein systematischer Ansatz zur Identifizierung, Analyse, Bewertung und Steuerung von Risiken sowie zur Sicherung der Kernprozesse einer Organisation. Im Kontext von Wirtschaftskriminalität ist das Risikomanagement darauf ausgerichtet, präventive Massnahmen zu ergreifen, um das Risiko von Straftaten zu reduzieren und mögliche interne und externe Schäden zu begrenzen.

Das Phänomen der Wirtschaftskriminalität ist breit gefächert. Die Auswirkungen sind vielfältig und reichen von finanziellen Verlusten über Rechtsstreitigkeiten bis hin zu Imageschäden und Vertrauensverlusten. Insbesondere im Verwaltungsumfeld spielen das Image und das Vertrauen zentrale Rollen und stehen im politischen und öffentlichen Fokus.

Deliktische Handlungen in der öffentlichen Verwaltung

Die öffentliche Verwaltung ist aufgrund ihrer hierarchischen Organisation und der Obhut über staatliche Leistungen besonders anfällig für folgende Handlungsweisen und Deliktsbereiche:

1. Korruption

Korruption tritt in der Form von Bestechung, Bestechlichkeit und Amtsmissbrauch auf, wodurch öffentliche Ressourcen ungerechtfertigt genutzt werden und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in staatliche Institutionen erschüttert wird.

2. Geldwäscherei

In die öffentliche Verwaltung werden Gelder aus illegalen Quellen eingeschleust, um den Anschein der Legalität zu wahren, wie zum Beispiel Sozialabgaben und Steuern auf fiktiven Umsätzen oder bewusst überhöhte, provisorische Steuervorauszahlungen, die vom Staat zurückerstattet werden.

3. Veruntreuung

Mitarbeitende missbrauchen Gelder und Ressourcen zum persönlichem Nutzen, indem sie diese widerrechtlich abzweigen oder zweckentfremden. Dazu gehören beispielsweise fiktive Rechnungen, unberechtigte Spesenansprüche oder Subventionsleistungen sowie falsche Steuerveranlagungen.

4. Fälschungen von Dokumenten

Fälschungen von Rechnungen, Verträgen oder Lizenzen führen dazu, dass Gelder an falsche Empfänger fliessen oder illegale Aktivitäten verschleiert werden.

Effektives Risikomanagement gegen Wirtschaftskriminalität in der Verwaltung

Mit den nachfolgend aufgezählten Massnahmen lassen sich in der öffentlichen Verwaltung wirtschaftskriminellen Handlungen vorbeugen:

1. Risikobewertung und -identifikation

Die Analysen der Krenzprozesse der öffentlichen Verwaltung sind notwendig, um Risikobereiche zu identifizieren, bei denen wirtschaftskriminelle Vorgehensweisen auftreten können.

2. Stärkung der Kontrollen

Die Implementierung von robusten internen Kontrollmechanismen mit klar definierten Verantwortlichkeiten, die Trennung von Aufgaben sowie gewährleistete Stellvertretungen reduzieren das Risiko von deliktischen Handlungen erheblich.

3. Zentrale interne Anlaufstelle

Eine unkomplizierte und kompetente Anlaufstelle für Mitarbeitende sowie Bürgerinnen und Bürger hilft, verdächtige Aktivitäten zu melden und Verstösse frühzeitig aufzudecken sowie einzudämmen.

4. Technologie und Cybersecurity

Die wachsende Bedrohung durch Cybercrime erfordert ein stetiges Investieren in fortschrittliche Technologien und Cybersecurity-Lösungen. Um die Sicherheit bestmöglich zu gewährleisten sind Sicherheitsrichtlinien zu erlassen sowie regelmässige Sicherheitsaudits und Software-Updates durchzuführen.

5. Kennen der Geschäftspartner

Die Gemeinden, die Kantone und der Bund müssen ihre Geschäftspartner und Kunden kennen. Privatpersonen sollten identifiziert und Hintergründe zu Unternehmungen von ansässigen Steuerzahlenden und Subventions- und Leistungsempfängern bekannt sein. Das betrifft beispielsweise den Firmenzweck, globale Verbindungen oder geopolitische Abwägungen. Unliebsamen Schlagzeilen betreffend Korruption, Geldwäscherei, Betrug oder Verstösse gegen Staatsinteressen können damit vorgebeugt werden. Begangen werden diese Handlungen durch unethisch denkende und agierende Ansässige, welche in Branchen tätig sind, die für wirtschaftskriminelle Handlungen anfällig sind. Dazu gehören beispielsweise Rohstoff-, Finanz- oder Waffenkonzerne, aber auch sogenannte «Datenkraken», also übermässig datensammelnde Unternehmen wie Online-Plattformen.

6. Kontrolle und Überwachung

Durch das Implementieren adäquater interner Kontrollen können öffentliche Verwaltungen potenzielle Schwachstellen in ihren Kernprozessen überwachen und steuern. Dazu gehören regelmässige Aktualisierungen des Risikomanagements, effektive Führungskreisläufe, eine konsolidierte und in die Zukunft gerichtete Risikobetrachtung durch die Verwaltung und die Exekutive, interne Prüfungen durch Rechnungsprüfungskommissionen und Finanzkontrollen sowie ein zielgerichtetes Krisenmanagement.

7. Transparenz und Rechenschaft

Transparenz und die Errichtung von Mechanismen zur Rechenschaftspflicht, welche informative Jahresberichte, Controlling und Risikoberichte umfassen, tragen dazu bei, deliktische Praktiken zu verhindern.

8. Schulungen

Schulungen für Mitarbeitende der Verwaltung und der Exekutive sind hilfreich, um für verschiedene Formen von Wirtschaftskriminalität zu sensibilisieren. Dadurch können verdächtige Aktivitäten besser erkannt werden.

9. Kompetentes Handeln

Die rasche und kompetente Zusammenarbeit der internen Anlaufstelle mit den externen Strafverfolgungs- und Aufsichtsbehörden trägt dazu bei, deliktische Handlungen zeitnah aufzudecken, notwendige Sofort- und Sicherungsmassnahmen zu treffen, Delikte effektiv zu bekämpfen, weitere Schäden zu verhindern und die Täterschaft zur Rechenschaft zu ziehen.

Gefahr der Wirtschaftskriminalität wirksam begegnen

Wirtschaftskriminalität stellt auch für öffentliche Verwaltungen eine Bedrohung dar. Ein fundiertes Risikomanagement mit einer angemessenen Prozesssicherung im Rahmen des internen Kontrollsystems (IKS) ist von grundlegender Bedeutung, um diesen Gefahren wirksam zu begegnen. Insbesondere die Gemeinden, die Kantone und der Bund sollten sich den verschiedenen Formen von Wirtschaftskriminalität bewusst sein, präventive Massnahmen ergreifen und robuste Organisationen und Technologien einführen, um sich zu schützen. Letztlich ist das Risikomanagement, in Verbindung mit dem Krisenmanagement und dem IKS, bei der Verhinderung von Wirtschaftskriminalität ein kontinuierlicher Prozess, der eine offene, vorausschauende und proaktive Einstellung erfordert und das Ziel einer vertrauenswürdigen Verwaltungstätigkeit mit einem positiven Einfluss auf die Gesellschaft verfolgt.

Autor: Hermann Grab

Hermann Grab ist Vorsteher des Amtes für Finanzen beim Kanton Schwyz mit Verantwortung für die Gesamtsteuerung der Finanzen und Leistungen (Aufgaben- und Finanzplan, Controlling, Risikosteuerung, Langfristperspektiven, Jahresbericht, Aufsicht über Bezirke und Gemeinden und Inkasso). Im Weiteren verfolgt er Lehr- und Referatsaufträge in Verwaltungssteuerung und Risikomanagement. Ausserdem ist er Absolvent des MAS Economic Crime Investigation an der Hochschule Luzern (HSLU).

Kommentare

0 Kommentare

Kommentar verfassen

Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.