12. September 2022

Cybercrime,

Wirtschaftsrecht

Daten und kryptobasierte Vermögenswerte im Konkurs

Daten und kryptobasierte Vermögenswerte im Konkurs

Von Ursula Sury und Luca Müller

Im Zuge der Digitalisierung werden Daten zunehmend an Dritte ausgelagert. Durch den uneingeschränkten Zugriff auf diese Daten wird der Anschein erweckt, dass diese auch ständig physisch verfügbar sind. Nicht selten wird den Nutzern erst bei Konkurs des Cloud-Anbieters bewusst, dass die Daten effektiv durch einen Dritten aufbewahrt wurden. Durch das Mantelgesetz und die zugehörige Mantelverordnung im Bereich der Distributed Ledger Technologie (DLT) wurde nun Rechtssicherheit für Daten und kryptobasierte Vermögenswerte geschaffen.

Daten gehören heutzutage zu den wichtigsten Gütern moderner Unternehmen und Organisationen. Kundendaten, Buchhaltungsdaten, Geschäftsgeheimnisse und unter Umständen die gesamten Daten des täglichen Geschäfts werden (einzig) digital verwaltet. Das Datenvolumen nimmt somit ständig zu. Im Weiteren steigt das Bedürfnis, von überall sowie zu jeder Zeit auf sämtliche Daten zugreifen zu können. Letzteres erfordert nicht nur eine entsprechende Infrastruktur, sondern ist mit ziemlich viel Aufwand verbunden. Demnach werden die (digitalen) Daten zunehmend bei Cloudanbietern platziert.

Cloud Computing

Durch die grossen und für viele Unternehmen fast unverzichtbaren Vorteile des Cloud-Computings, wie die externe Nutzung von Computerressourcen im Fachjargon genannt wird, werden wertvolle Unternehmensdaten in fremde Hände gelegt. Häufig geht dabei vergessen, dass man sich dadurch auch in eine gewisse Abhängigkeit begibt, denn Cloud-Anbieter verwalten Informationen von erheblichem wirtschaftlichem Wert.

Dieselbe Problematik liegt auch bei kryptobasierten Vermögenswerten, sogenannten Token, vor, welche aus Sicherheits- und Praktikabilitätsgründen oftmals auch durch Dritte verwahrt werden. Durch die Möglichkeit des einfachen und jederzeitigen Zugriffs via Cloud auf die eigenen Daten respektive Token wiegt man sich oft in falscher Sicherheit. Fällt ein Cloud-Anbieter oder ein Verwalter von kryptobasierten Vermögenswerten in Konkurs, besteht die Gefahr, dass der eigentliche Dateninhaber über keinen Zugang mehr zu seinen unverzichtbaren Datensätzen oder Token verfügt.

Revision des Konkursrechts

Lange konnte nur das sachenrechtliche Eigentum im Konkursverfahren ausgesondert und herausverlangt werden. Das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) bot keine Sicherheit dafür, dass auch Daten oder Token, welche wegen ihrer fehlenden Körperlichkeit rechtlich gesehen nicht als Sachen gelten, wieder in den Besitz der Dateninhaber fallen. Im Zuge der Inkraftsetzung des Bundesgesetzes zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register, des sogenannten DLT-Mantelgesetzes, und der zugehörigen Verordnung per 1. August 2021 konnte nun die notwendige Rechtssicherheit in Bezug auf Daten und den Umgang mit kryptobasierten Vermögenswerten im Konkurs geschaffen werden. Die im SchKG neu aufgenommenen gesetzlichen Grundlagen zur «Herausgabe kryptobasierter Vermögenswerte» und zum «Zugang zu Daten und deren Herausgabe» bieten den Gläubigern unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, Zugang zu den eigenen Daten oder kryptobasierten Vermögenswerten, oder unter Umständen sogar deren Herausgabe aus der Konkursmasse, zu verlangen. Voraussetzung für die Herausgabe ist, dass ein gesetzlicher oder vertraglicher Anspruch auf die Daten/Token besteht. Daher ist es wichtig, dass vertraglich eindeutig festgelegt wird, wem die verwahrten Daten oder kryptobasierten Vermögenswerte «gehören». Der vertragliche Anspruch muss vor der Eröffnung des Konkurses begründet worden sein. Bei kryptobasierten Vermögenswerten ist es zudem wichtig, dass die einzelnen Token individuell zugeordnet werden können.

Fazit

Die Auslagerung von wichtigen Geschäftsdaten in die Cloud ist in den vergangenen Jahren längst zum Standard geworden. Das im Sommer 2021 in Kraft getretene DLT-Mantelgesetz und die zugehörige Verordnung schaffen Rechtssicherheit im Konkursverfahren. Doch nun gilt es, dafür zu sorgen, dass die Daten- respektive Tokeninhaber ihre neu geschaffenen Rechte auch wahrnehmen, indem sie die einzelnen Ansprüche vertraglich festhalten.

Autorin: Ursula Sury

Rechtsanwältin Ursula Sury ist seit 2016 Vizedirektorin der Hochschule Luzern – Informatik in Rotkreuz und leitet den Bereich Weiterbildung. Als Verwaltungsratspräsidentin und Geschäftsführerin führt sie „Die Advokatur Sury AG“ in welcher sie auch als Rechtsanwältin praktiziert.

Autor: Luca Müller

MLaw Luca Müller ist Jurist bei der Advokatur Sury AG. Daneben ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Luzern – Informatik und als Dozent für Informationssicherheit an der Fernfachhochschule Schweiz tätig.

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