Wir haben zum Jahresende 2018 die Gelegenheit genutzt, die rund 200 Dozierenden des Instituts für Kommunikation und Marketing IKM zu den Überraschungen 2018 und den Erwartungen für das Jahr 2019 zu befragen. Hier geben wir nun einen Überblick über die Trends 2019.
Die Dozierenden des IKM haben die Entwicklungen in der Voice-Technologie deutlich hervorgehoben. So werden wir künftig vermehrt mit persönlichen Assistenten wie Alexa, Siri & Co. kommunizieren. Die persönliche Assistentin kann nämlich einen Termin für den nächsten Haarschnitt vereinbaren, Uber für die Fahrt zum nächsten Meeting bestellen oder als Dolmetscher fungieren, wenn der Kollege am anderen Ende der Welt nicht verstanden wird. So werden Marketer gezwungen sein, ihre Botschaften mit Kurztexten (Microcopy) auch für Chatbots und AI-Technologie bereitzustellen. Im Rahmen der Entwicklung von Voice-Technologien wird allerdings auch über neue Geschäftsmodelle nachzudenken sein, denn: «Voice Bots vereinfachen und limitieren die Kundenbeziehung zugleich», gibt Nils Hafner, Dozent für Kundenmanagement und CRM, zu bedenken.
Die Entwicklungen rund um Suchmaschinen sollten wir 2019 besonders im Auge behalten. Kunden suchen vermehrt direkt in grossen digitalen Vertriebsplattformen wie Youtube, Zalando, Amazon oder Digitec Galaxus in der Schweiz. Während sich Google eher der KI- und Voice-Technologie widmet (Android ist das Betriebssystem für KI-Anwendungen).
Ein Grund für diese Entwicklungen ist der Anspruch der Kunden an die Geschwindigkeit. Nils Hafner weiss: «Kunden nutzen Onlineangebote, die sie in ihrem realen Leben unterstützen. Google wird genutzt, um beispielsweise ein Restaurant zu finden, in dem man gut essen kann. Youtube wird genutzt, um kaputte Produkte selbst reparieren zu können. Unternehmen wie Google, Youtube und Amazon haben das sehr gut verstanden: Sie dienen dazu, das Leben der Menschen besser zu machen. Dabei ist diesen Unternehmen sehr klar, wie Kundennutzen entsteht. Und Kunden haben die Vorteile in breiter Masse für sich entdeckt. Je schneller und bequemer sie mit Onlineangeboten ihre täglichen Aufgaben bewältigen und ihre Ziele erreichen können, desto mehr nutzen sie die Plattformen.»
Mehrere Dozierende haben der internen Kommunikation ein Aufleben in den kommenden Jahren bestätigt. Mit Zunahme digitaler Arbeitsplätze und der damit verbundenen räumlichen und zeitlichen Entfernung stehen der Austausch und das Community-Building im Fokus der Kommunikations- und HR-Abteilungen. «Die zunehmende Dynamik stellt Unternehmen zudem vor die Herausforderungen, sich flexibler, agiler und schlanker aufzustellen», meint Ursula Stalder, Leiterin des CAS Online Media and Campaign Management sowie Dozentin für Kampagnenmanagement, und fügt hinzu: «Die interne Kommunikation gewinnt dabei an Bedeutung, um mit geeigneten Methoden die Kommunikations- und Führungskompetenzen der Mitarbeitenden zu stärken, die den Wandel gestalten.»
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«Klassische und etablierte Brands müssen sich noch mehr auf das Prinzip der Selbstähnlichkeit und damit auf die Vertrauensbildung konzentrieren. Denn neue Marken drohen wegen hoher Akzeptanz bei den Millennials zunehmend zu Hypes zu werden», prognostiziert René Zeier, Co-Leiter des Programms Smart-up und Co-Koordinator des MSc BA, Major Business Development and Promotion an der Hochschule Luzern – Wirtschaft. So müssen sich bestehende Marken und Unternehmen wieder auf ihre wesentlichen Eckpfeiler konzentrieren, auf glaubwürdiges Agieren und den Vertrauensaufbau. «Vielmehr erwarte ich, dass sich vermehrt neue Brands und Innovationen einen Platz im Markt erkämpfen», sagt Gordon Nemitz, Geschäftsführer Strategie bei thjnk und Dozent für
Markenführung und Strategie, und bescheinigt zudem: «Neben der digitalen Kommunikation wird das individuelle, physische Erleben von Marken ein wichtiger Bestandteil, um eine emotionale Beziehung zu einer Marke aufzubauen. Sozusagen: Back to reality!» Werner Gerber, Leiter Verkauf bei Kambly und Dozent für Verkaufsförderung, erwartet für 2019 vor allem in der Lebensmittelindustrie einen starken Druck auf die Händler-Eigenmarken, einen Preiskampf der Grossverteiler, neue Discounter und ein weiteres Wachstum der Online-Märkte.
Rückblickend auf das Jahr 2018 haben viele Dozierende eine zunehmende Dynamik des digitalen Wandels festgestellt, die immer weitere Bereiche des unternehmerischen Handels erfasst. Ursula Stalder stellt fest: «Die verschiedenen Unternehmensbereiche sind dafür unterschiedlich gut gewappnet. Besonders schlecht vorbereitet auf die Erfordernisse sind die Strategie- und Entscheidungsbereiche – da fehlt es an Verständnis, Methoden und auch an Bereitschaft zur Anpassung des Altbewährten.» Robert Schumacher, Director von gateB und Dozent für datenbasiertes Marketing, ist sich sicher: «Schnelligkeit ist der Schlüssel zum Erfolg. Agilität, Zusammenarbeit und Einbringen von verschiedenen Perspektiven sind zentral. Mittelgrosse Firmen können diese iterative, integrierte und interdisziplinäre Arbeitsweise am besten und schnellsten umsetzen. Die Konsolidierung von nicht mehr kundenzentrierten Geschäftsmodellen geht weiter, manchmal eher schleichend und unbemerkt, manchmal mit grossem Getöse. Gewinnen werden die Unternehmen, die die digitalen Möglichkeiten gut mit dem Analogen verbinden können – und dies schnell! Customer Journeys sowie Customer Experience sind wieder im Kommen.»
Noch immer ist die Kundenzentrierung in vielen Unternehmen lediglich ein Lippenbekenntnis. Selbst Innovationen werden hierzulande unter dem Label der Digitalisierung im Markt eingeführt und nicht, weil der Kunde es fordert. Dies wird sich allerdings in den nächsten Jahren ändern – auch in der Schweiz. Gemäss Nils Hafner werden «schrumpfende Margen und ein hoher Druck auf das Thema Kunde» entstehen, schon allein aus Datenschutz-Gründen. Die Konkurrenz lauert bereits im Ausland. Schweizer Unternehmen müssen sich der Entwicklungen in den Bereichen AI, Machine Learning, NLP Bots, biometrische Identifikation, Marketing Automation und Datenqualitätsmanagement stellen, um Kunden nach deren Bedürfnissen individuell zu behandeln.
Mit der Unterstützung von modernen Tools müssen die Bedürfnisse der Kunden also besser verstanden und Kampagnen zielgerichteter und schneller ausgeführt werden.
«Die Vernetzung der Marketing- und Kommunikationskanäle wird 2019 noch stärker. Sie müssen aufeinander abgestimmt und kundenzentriert ausgerichtet sein», prognostiziert Georg Klassen, Digital Analytics & Optimization bei Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG sowie Dozent für Digital Analytics & Optimization.
In unserer Umfrage unter den Dozierenden des IKM sind als Trend für 2019 mehrmals die veränderten Anforderungen an Marketing und Kommunikationsspezialisten aufgetaucht. Häufig ist dabei der Begriff MarTech, die Verbindung der Disziplinen Marketing und Technologie gefallen.
«Schon lange beobachten wir, dass Marketer viel Technologiewissen und Daten-Know-how mitbringen müssen», so Esther Cahn, CEO Signifikant Solutions und Dozentin für Big Data in Marketing, Datenvisualisierung und Mediaplanung. «Technologie bringt eine ganz neue Transparenz in alle Bereiche des Marketings und der Kommunikation, aber nur, wenn man zumindest in den Grundzügen versteht, wie das Ganze funktioniert.»
Marco Hassler, Senior Principal Consultant bei Namics und Dozent für Digital Analytics und Data Management, stellt sogar die These auf, «dass Unternehmen sich im Marketing mit Technologie und Daten einen enormen Vorsprung verschaffen können. Marketers werden heute nicht mehr nur an ihrer Kreativität gemessen, sondern müssen darüber hinaus die Fähigkeiten besitzen, Daten zu analysieren und in Hinblick auf die Bedürfnisse der Kunden zu interpretieren».
Marcel Härtlein, Head Digital Transformation der Emmi Group und Dozent für Digitale Transformation, bestätigt: «Die klassischen Marketingaufgaben verschwinden mehr und mehr. Im Marketing sind neue Fähigkeiten gefragt: Datenanalysen, Hypothesen entwickeln, A/B Testing, Customer Journeys definieren, kontinuierliches Testen, neue Tools erlernen, etc.»
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