Rezept für Data-Driven Marketing

Rezept für Data-Driven Marketing

«Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts» ist ein geflügeltes Wort dieser Tage und scheint sich in den Umsätzen und Gewinnen von Daten sammelnden Konzernen wie Facebook und Google zu bestätigen. Viele Unternehmen überlegen sich deshalb heute zu recht, wie sie Daten sammeln und auch nutzen- und gewinnbringend einsetzen oder Kosten einsparen können. Auch im Marketing sind die Zeichen der Zeit heute unverkennbar auf «data-driven» gerichtet. Dies erfolgt in kompletter Abkehr vom blindgläubigen Vertrauen in Marketing-Gurus und Creative Directors früherer Zeiten. Diese hatten den Nimbus auf Basis ihres unfassbaren Erfahrungsschatzes stets die richtige Einschätzung zu treffen, welche Kampagne funktioniert und welche nicht.

Data-Driven Marketing ist sinnvoll, aber…

So sinnvoll, wichtig und richtig der Trend zu Data-Driven Marketing auch ist, so oft steckt heute jedoch vielmals auch nur eine inhaltlose Farce dahinter. Diese überspielt dann, dass Daten im besten Falle selektiv verwendet werden, um die eigene Meinung zu stützen. Im schlechtesten Fall wird die Data-Drivenness komplett vorgespielt und hat nichts mit der eigentlichen Entscheidungsfindung zu tun. Als «Pseudo-Data-Drivenness» oder «Schein-Datengetriebenheit» liesse sich diese grassierende Krankheit wohl am besten betiteln.

Woran Sie Pseudo-Data-Driveness erkennen

Typische Symptome, anhand deren sich auch eine einfache Diagnose erstellen lässt, sind zum Beispiel:

  • Es werden jede Menge an Daten gesammelt («alles») – jedoch ohne dass ein Zweck oder Ziel definiert ist. Erfahrungsgemäss werden dann tendenziell dennoch die falschen Daten gesammelt, was sich jedoch erst im Nachhinein feststellen und nicht mehr beheben lässt
  • Es werden schöne Dashboards, hübsche Charts und KPIs reportet – ohne Verständnis jedoch zu welchem Business-Zweck sie dienen. Klassische Vertreter unter diesen KPIs sind Vanity Metrics wie Anzahl Followers, Facebook Fans oder ähnlich
  • Es werden zwar Daten genutzt für Entscheide, jedoch sind die Daten falsch oder es fehlen die Kausalitäten. Ein Beispiel aus dem wahren Leben dazu: Der Marketingleiter zelebriert, wie erfolgreich die durchgeführten SEO-Massnahmen sind, da seit Beginn der Umsetzung deutlich mehr Besucher den Weg von der Suchmaschine zur Website gefunden haben. Ausser Acht lässt er dabei, dass die Auffindbarkeit von zahlreichen externen Einflussfaktoren abhängt – z.B. den SEO-Massnahmen der Konkurrenz, dem veränderten Suchalgorithmus oder ganz einfach den Saisonalitäten im Suchverhalten.

Wie sich «Pseudo-Data-Drivenness» behandeln lässt

Zur Prävention wie auch zur Abhilfe bei der Diagnose von «Pseudo-Data-Drivenness» empfehlen sich zwei ergänzende Behandlungen: Eine initiale Verknüpfung von Daten mit Business-Zielen einerseits, sowie ein tiefgreifendes Verständnis für die Entstehungsweise von digitalen Daten.

Die erste Behandlung

Bei der initialen Verknüpfung von Daten mit den Business-Zielen geht es darum, den Connect zwischen Metriken und Geschäftserfolg herzustellen. Um zu den relevanten Metriken und KPIs für die Digitalkanäle zu gelangen, gilt es dabei zuerst die Ziele für in den jeweiligen Digitalkanälen zu kennen. Üblicherweise hält eine Digital-Strategie solche Ziele fest, z.B. dass die Website das Ziel «Lead-Generation» und «Branding» verfolgt, die App primär auf «Self-Service» fokussiert und Social Media in erster Linie für «Kundenbindung» eingesetzt werden soll. Zu diesen definierten Zielen lassen sich alsdann konkrete Aktivitäten und Massnahmen zuordnen – sofern sie denn darauf einzahlen. Ein bestimmter Website-Inhalt, wie zum Beispiel der Download eines Whitepapers oder ein technischer Beschrieb, kann daher als wichtiges Element der Generierung von Leads zugeordnet werden. Gewichtet man nun noch den Einfluss, den die Aktivität auf das Ziel hat, so hat man nicht nur die strategisch wichtigen Datensammlungspunkte definiert, sondern auch gleich die zentralen Metriken und KPIs abgeleitet. Bezüglich Data-Driven Marketing ist man damit insofern schon einmal insofern richtig aufgestellt, als dass man die effektiv benötigen Daten misst und die geeigneten Zahlen für datenbasierte Entscheide anschaut.

Die zweite Behandlung

Die zweite Behandlung, das tiefgreifende Verständnis von der Entstehung digitaler Daten, lässt sich leider nicht einfach in einer Sitzung umfänglich abschliessen. Vieles ist bei der Datensammlung in digitalen Kanälen speziell oder hat mit technischen Gründen zu tun: Cookies, HTTP-Protokoll, Page Tags, Attribution usw. Viel Gutes bewirkt jedoch schon, technische Berührungsängste abzuschütteln und Zahlen grundsätzlich kritisch zu hinterfragen. Zum Beispiel «Wie stellt unser 360° Dashboard sicher, dass ein App-User auf der Website als die gleiche Person wiedererkannt wird?» Oder «Welchen Einfluss haben Nutzer, die auf dem Cookie-Banner ‘Nein’ klicken auf unsere Reports?» Die richtigen Antworten auf solche Fragen erklären schon die wesentlichen Problematiken in der Datensammlung. Vieles lässt sich auch mit einigen Handgriffen selbst klären – zum Beispiel indem man ein Analytics-System einfach mal versucht in den privaten Blog einzubauen. Die heutigen nutzerfreundlichen Cloud-Dienste wie Google Analytics garantieren, dass man dafür kein Nerd oder Techie mehr sein muss.

Fazit

Beherzt man diese beiden einfachen Punkte, dann ist man auf dem richtigen Weg, «echtes» Data-Driven Marketing zu betreiben und nicht nur einem trendigen Buzzword zu folgen. Wie immer gilt jedoch auch hier: Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Berater des Vertrauens. Und wie nicht anders zu erwarten war: die «Pseudo-Data-Drivenness» ist nicht von der Grundversicherung gedeckt.

PS: Wenn Sie der Pseudo-Data-Drivenness in Ihrem Data-Driven Marketing vorbeugen möchten, empfehle ich Ihnen den CAS Digital Analytics in Marketing. Der nächste Studienstart ist am 31. Januar 2020.

Kommentare

1 Kommentare

Dr. Alexander Linder

24. Februar 2020

Neben der Messung der effektiv benötigten Daten und dem umfassenden Verständnis der Entstehung von Daten sehe ich hier noch einen dritten Punkt. Dieser beinhaltet die vertiefte Auseinandersetzung mit der Dimension, was denn die relevanten Fragestellungen sind, welche beantwortet werden müssen. BIG data ist nur die eine Seite der Medaille, die BIG questions die andere. Nur wenn ich die relevanten Fragestellungen identifiziert habe, kann ich sicherstellen, dass eine zielgerichtete Auseinandersetzung im Sinne von data driven marketing möglich wird.

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