Die Kür der Unternehmenskompetenz

Die Kür der Unternehmenskompetenz

Autor: Prof. Jan-Erik Baars

Die Bedeutung von Emotionalität und Gestaltungsfähigkeit für den langfristigen Erfolg wird beleuchtet. Der Beitrag zeigt, wie Unternehmen Kunden durch optimierte Marken-, Erlebnis- und Touchpoint-Gestaltung nachhaltig überzeugen und begeistern können. Die Kunst der Emotionalisierung ist der Schlüssel zur Spitze der Unternehmenskompetenz.

„So wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus!“
Diese alte Binsenweisheit trifft auch auf die Leistungen von Unternehmen zu: Die Kunden reagieren darauf mit derselben Motivation und Hingabe, wie es das Unternehmen aufbringt diese zu erzeugen. Ist das Unternehmen unmotiviert und halbherzig bei der Sache, dann sind auch die Kunden unmotiviert und halbherzig bei der Sache. Die Wirkung auf den Kunden, und dementsprechend das Engagement, welches Kunden dem Unternehmen zurückgeben, wird massgeblich von der Leistungsfähigkeit des Unternehmens beeinflusst.

Natürlich gibt es auch Einflüsse von Aussen, die das Kundenengagement stören, fördern oder anderswertig beeinflussen, aber der grösste Hebel auf eine möglichst positive und motivierte Kundenreaktion hat jedes Unternehmen selbst in der Hand: Es ist ihre eigene Unternehmenskompetenz!

Abbildung 1: Die Kundenwertekette, Baars/Georgi, 2019

Was Kunden von der Fähigkeit der Unternehmen wahrnehmen, hat die Hochschule Luzern, in Zusammenarbeit mit schweizerischen Unternehmen, in ein Messinstrument überführt. Dieses Instrument erfasst die wahrgenommene Kundenzentrierung anhand von Kriterien, die sich in einer Kundenbefragung erheben lassen.

Abbildung 2: Die Kriterien der Kundenwahrnehmung – Customer Impact Score, 2022

Das Verdikt einer Marktstudie in der Schweiz im Jahre 2022 unter 19 bekannten Unternehmen war recht eindeutig: Die Kunden halten nicht sehr viel von der Fähigkeit der Unternehmen! Nur ein einziges Unternehmen erhielt einen positiven Wert, alle anderen mussten sich mit eher schlechten Beurteilungen zufriedengeben.

Schwache Bewertungen in der Emotionalitätskategorie – Sind Kunden zu anspruchsvoll oder Unternehmen nicht leistungsfähig?

Das Instrument, der Customer Impact Score, gliedert die Kriterien in drei Themenbereiche auf: Die wahrgenommene Funktionalität, die Individualität und die Emotionalität. Und vor allem in der letzten Kategorie hagelte es schlechte Noten. Erzielt die Funktionalität noch einen durchschnittlichen Wert von -16 (auf einer Skala von -100 bis 100), so kommt die Individualität nur auf -26 und die Emotionalität gar nur auf -39. Warum ist das so? Sind die Kunden zu Miesepeter verkommen (was nach Corona ja sein könnte) oder haben sie in Sachen Emotionalität sehr hohe Anforderungen? Oder kann es sein, dass die Unternehmen hier nicht leistungsfähig sind und den Kunden entsprechend nicht emotionalisieren können?

Die wahrgenommene Emotionalität wird durch Kriterien wie Differenzierung, Authentizität, Stimmigkeit oder Begeisterung erfasst. Und dies sind alles Eigenschaften, die Unternehmen nur über ihre Gestaltungsarbeit bei Kunden und im Markt auslösen können. Die Fähigkeit zur effektiven Gestaltung ist also eine Grundvoraussetzung, um die Emotionalität beim Kunden entfachen zu können: Eine differenzierte Marke, konsistente Touchpoint-Gestaltung, relevante Angebote, etc. Und daher lohnt sich der Blick in die Unternehmen, um zu klären, ob sie die nötige Gestaltungskompetenz besitzen um Emotionalität liefern zu können!
Dass Kunden allerdings gar nicht so klar trennen zwischen allen Kriterien, liegt zudem auf der Hand. Dies bedeutet daher auch, dass Unternehmen in allen Belangen kompetent sein müssen, wollen sie die Kunden überzeugen. Aber, wie sieht es jetzt genau mit der Gestaltungskompetenz in den Unternehmen aus?

Auch hier benötigen die Unternehmen Kriterien, sodass sie den Grad ihrer Gestaltungsfähigkeit evaluieren können. Diese Kriterien umfassen die Kompetenzen der Markengestaltung, der Erlebnisgestaltung und der Produkt-, Service- sowie Touchpoint-Gestaltung. Und auch hier sollte gelten: Je ausgeprägter und umfassender diese Fähigkeiten vorhanden sind, desto grösser ist der „Impact“ auf die Kunden. Doch ein Blick in die momentane Praxis der Unternehmungen zeigt, dass es wenig Klarheit darüber gibt, was diese Fähigkeiten genau auszeichnet und wie man diese entwickeln kann.

Die Bedeutung der Gestaltungsfähigkeit für nachhaltigen Unternehmenserfolg

Aus diesem Grund wurde ein weiteres Forschungsprojekt gestartet, um der Gestaltungsfähigkeit auf den Grund zu gehen. Mit Unterstützung von Miele und USM-Haller, zwei herausragende Unternehmen, mit ausgewiesener Marken- und Designfähigkeit, wurden die Kriterien der Gestaltungsfähigkeit erarbeitet, mit dem Ziel, diese als messbare Eigenschaften den Unternehmen an die Hand geben zu können. So können KMU wie Grossunternehmen im Rahmen eines Assessment ihre Fähigkeit zur Gestaltung von differenzierenden und kundenrelevanten Angeboten überprüfen und feststellen, wo sie Stärken und Schwächen haben: Sind sie in der Lage, ihre Positionierung und Strategie in ein klar differenzierendes Markenbild zu überführen und können sie dies auch in ihre Angebote und Touchpoints umlegen und dabei Stimmigkeit und Authentizität erzeugen?

Abbildung 3: Kriterien der Gestaltungsfähigkeit in Unternehmen, Baars 2023

Die Fähigkeit zu gestalten, ist also weit mehr als nur ein hübsches Design zu erzeugen. Kunden merken sehr schnell, ob das Resultat aller Designresultate ein stimmiges und differenzierendes Ganzes ergibt und urteilen entsprechend – wenn ja, dann sind sie emotionalisiert und entwickeln Begeisterung und Engagement, wenn nicht, dann nehmen sie vielleicht nur die Funktionalität entgegnen, aber entwickeln keine Loyalität. Sobald ein Wettbewerber Gleiches liefert aber das emotionaler tut, sind sie weg!
Die Unternehmensfähigkeit ist also die Basis für den Unternehmenserfolg und dabei ist es nicht anders als im Sport: Wer die Pflicht beherrscht, hat die Hälfte geschafft, aber nur wer auch die Kür beherrscht, kann letztendlich ganz oben auf dem Treppchen stehen. Und die Kür der Unternehmenskompetenz ist die Fähigkeit zu emotionalisieren!

Wer also den Erfolg sucht, ob als Einzelunternehmer, KMU, Non-profit oder Grossunternehmen, der muss seine Kunden in allen Belangen überzeugen können und dafür die nötigen Fähigkeiten mitbringen: die Fähigkeit, das Unternehmen sicher und bedacht zu managen, als auch die Fähigkeit, für Kunden und Kundinnen relevante und emotionalisierende Angebote zu gestalten! Beim Managen scheint es recht gut zu funktionieren, aber bei der Gestaltung ist noch viel Luft nach oben.

Also, besser Gestalten, statt nur Verwalten!

Erweitern Sie Ihre Gestaltungskompetenz und erlernen Sie im CAS Design Management, wie Sie Design im Unternehmen optimal managen und Teams zu menschenzentrierten Lösungen führen können.

Autor: Prof. Jan-Erik Baars

Dozent und Projektleiter am Institut für Kommunikation und Marketing, Hochschule Luzern – Wirtschaft

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