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Das Unsichtbare sichtbar machen: ein Rassismus-Workshop mit Tzegha Kibrom

Das Unsichtbare sichtbar machen: ein Rassismus-Workshop mit Tzegha Kibrom

Rassismus in unserer Gesellschaft: Warum fällt es uns so schwer, darüber zu sprechen? Was kann jede:r Einzelne tun und was machen wir als Hochschule Luzern – Soziale Arbeit? Tzegha Kibroms Workshop zu rassismuskritischer Lehre öffnet Räume für Diskussion und Reflexion.

Die Hochschule Luzern – Soziale Arbeit setzt sich aktiv mit den Themen Rassismus und Diskriminierung auseinander und fördert den Dialog und die Weiterbildung von Dozierenden. Gemäss der Diversity-Policy der Hochschule Luzern verpflichten wir uns dazu, die Chancengleichheit von Mitarbeitenden und Studierenden zu unterstützen und strukturelle Diskriminierungen abzubauen.

In diesem Zusammenhang organisierte das Departement Soziale Arbeit diesen Herbst zwei Workshops für Mitarbeitende zu rassismuskritischer Lehre unter der Leitung von Tzegha Kibrom, Coach und Prozessbegleiterin. Dabei erklärte Kibrom auch, warum es uns so schwerfällt, über Rassismus zu reden: «Es ist ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Es geht um Entmenschlichung, und das erschwert es, darüber zu sprechen.»

«Wir leben in einer rassistischen Gesellschaft»

«Rassismus existiert auf verschiedenen Ebenen», erklärt Kibrom, «und es ist entscheidend, die rassistischen Strukturen anzuerkennen, die in Bildungssystemen oder am Arbeitsplatz vorhanden sind, bevor man sich persönlich damit auseinandersetzt.»

Die Veränderung beginnt laut Kibrom mit einem Bewusstseinswandel: «Schnell kommt der Gedanke: Wir sind nicht rassistisch als Individuum oder als Nation. Doch, wir leben in einer rassistischen Gesellschaft», sagt sie. Es sei wichtig zu verstehen, dass rassistisches Denken in uns allen existiert.

Warum anerkennen wir, dass es Rassismus gibt, denken aber, wir selbst seien nicht rassistisch? Kibrom zeigt auf, dass wir Rassismus oft mit einem schlechten Menschen gleichsetzen: «Rassistisch zu sein bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, ein schlechter Mensch zu sein. Wenn ich das verbinde, werde ich mich weigern, mein rassistisches Verhalten anzuerkennen. Wenn ich es getrennt betrachte, kann ich es zulassen, auch wenn es unangenehme Gefühle hervorruft.»

Auf die Frage, ob ein Workshop gegen Rassismus hilfreich ist, betont Kibrom, dass Rassismus eine komplexe Problematik ist, die sich über Jahrhunderte entwickelt hat und nicht in einem Tag abgehandelt werden kann. Sie erklärt: «Ein Workshop kann einen wichtigen Impuls geben. Um jedoch Strukturen und Denkweisen zu verändern, braucht es eine längerfristige Auseinandersetzung. Rassismus ist eine schwerwiegende Thematik, und wenn dieser nicht genug Raum gegeben wird, kann sich die Beschäftigung damit kosmetisch anfühlen.»

Workshop: reflektieren und integrieren

Der Workshop ermöglichte es den Teilnehmenden, sich zum Thema Rassismus auszutauschen und anhand von Tzegha Kibroms Erfahrungen auch subtile Formen von Verletzungen und Diskriminierungen zu reflektieren. Eine Teilnehmerin betonte die Bedeutung von «Empathie und Zuhören – sich nicht gleich verteidigen, sondern sich die Zeit nehmen, um zu verstehen und einen gewissen Schmerz zuzulassen.»

Die Evaluation der Workshops zeigte, dass der grösste Erkenntnisgewinn im Verständnis der «Wirkung von Rassismus auf Betroffene und Nichtbetroffene» liegt. Kommentare von Teilnehmenden verdeutlichen den Impuls zur Sensibilisierung im Umgang mit Diskriminierung. Eine Rückmeldung lautete: «Für mich ist erstaunlich, dass wir Menschen niemals vollumfänglich frei von Diskriminierungstendenzen handeln und denken können.»

Die Definition von Begriffen im Kontext von Rassismus bleibt eine Herausforderung und konnte im Rahmen des Workshops nicht abschliessend behandelt werden. Die Teilnehmer:innen des Workshops diskutierten die «4 I’s der Diskriminierung» (Ideologie, institutionell, interpersonell, Internalisierung) und dekonstruierten den Begriff «Rasse». Tzegha Kibroms Literaturhinweise (siehe am Schluss) laden zum Weiterlesen ein. Cinzia Gabellini und Valeria Iaconis vom Zentrum für Lernen, Lehren und Forschen (ZLLF) geben in ihrem Beitrag einen zusätzlichen Einblick in diesen Workshop.

4 I der Diskriminierung
4 I der Diskriminierung: Ideologie, institutionell, interpersonell, Internalisierung
Impulse diskriminierungssensible Hochschule
Impulse diskriminierungssensible Hochschule
Impulse Lehre, Hochschul-Struktur, Verschiedenes
Impulse Lehre, Hochschul-Struktur, Verschiedenes
Workshop Rassismus Tzegha Kibrom, Daniel Kunz, Pia Gabriel
Workshop zu rassismuskritischer Lehre – auf dem Bild Tzegha Kibrom, Daniel Kunz und Pia Gabriel
4 I der Diskriminierung
4 I der Diskriminierung: Ideologie, institutionell, interpersonell, Internalisierung
Impulse diskriminierungssensible Hochschule
Impulse diskriminierungssensible Hochschule
Impulse Lehre, Hochschul-Struktur, Verschiedenes
Impulse Lehre, Hochschul-Struktur, Verschiedenes
Workshop Rassismus Tzegha Kibrom, Daniel Kunz, Pia Gabriel
Workshop zu rassismuskritischer Lehre – auf dem Bild Tzegha Kibrom, Daniel Kunz und Pia Gabriel

Ein erster Schritt: Wie geht es weiter?

Der Diversity-Beauftragte Daniel Kunz betont, dass der Sensibilisierungsworkshop erfolgreich die vielfältigen Emotionen aufgefangen habe, die das Thema Rassismus hervorgerufen hat. «Tzegha Kibrom hat es geschafft, einen Diskussionsraum zu schaffen, der von Wertschätzung geprägt ist. Um rassismuskritische Lehre effektiv umzusetzen, ist es notwendig, nicht nur Selbst- und Sozialkompetenzen zu stärken, sondern auch entsprechende Fach- und Methodenkompetenzen aufzubauen. Dies ist Teil unserer nächsten Planungsschritte.»

Positive Erfahrungen wurden am Institut für Soziokulturelle Entwicklung gemacht, welches bereits 2022 einen Sensibilisierungsworkshop durchführte und 2023 an konkreten Fallbeispielen für den und aus dem Unterricht weiterarbeitete. Zudem startete für Mitarbeitende das Projekt «Rassismuskritische Lehre im Grundstudium Bachelor» mit dem Ziel, Studierende im beruflichen Umgang mit Rassismus bzw. Antirassismus zu stärken. Die Modulverantwortlichen erhalten ein Coaching zu Literatur und methodisch-didaktischer Umsetzung für eine entsprechende Unterrichtssequenz.

Pia Gabriel-Schärer, Vizedirektorin und Leiterin des Didaktik-Teams, sagt: «Der Sensibilisierungsworkshop mit Tzegha Kibrom konnte erste Impulse setzen. Das Thema Rassismus und Diskriminierung ist damit nicht vom Tisch. Gerade in der Sozialen Arbeit und in der Ausbildung ist die Reflexion über strukturelle Rahmenbedingungen für Chancengleichheit immer wieder notwendig. Das nehmen wir auch in Zukunft ernst und bieten Raum für faktenbasierte Diskurse. Das Didaktik-Team der Sozialen Arbeit ist mit dem ZLLF im Austausch, um sinnvolle Angebote zu entwickeln, welche Dozierende bei der Entwicklung von rassismussensibler Didaktik unterstützen.»

Von: Roger Ettlin
Bild: Unsplash
Veröffentlicht: 5. Dezember 2023

Weiterführende Literatur

Manuela Bojadžijev (online Artikel 20.11.2023) Rassismus. Zur Geschichte eines Begriffs

Tupoka Ogette (2022) Exit Racism – rassismuskritisch denken lernen

Gümüsay Kübra (2020) Sprache und Sein

Laila F. Said (2020) Me and White Supremacy – How to Recognise Your Privilege, Combat Racism and Change the World

Robert Jensen (2005) The Heart of Whiteness: Confronting Race, Racism and White Privilege

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