Im Rahmen der internationalen Studienwoche mit dem Thema «Diaspora – Perspektiven transkultureller Verflechtungen» wurde eine Podiumsdiskussion mit fünf Expert*innen durchgeführt. Die Expert*innen diskutierten, inwiefern Diaspora ein Entwicklungsfaktor ist und was die Soziale Arbeit dazu beitragen kann.
Beitrag aus der internationalen Studienwoche von Moana Voggensperger (Studentin soziokulturelle Animation)
Die Expert*innen sind sich einig – Diaspora Gruppen haben grosses Potential. Auch in Jahren, als Covid unseren Alltag im Griff hatte, sind von diasporischen Gruppierungen hier in der Schweiz bis zu einer Milliarde Schweizerfranken in die Herkunftsländer geflossen. Die Solidarität mit den Menschen im Herkunftsland ist enorm gross laut Hilmi Gashi. Als Vorstandsmitglied von Germin, einer albanischen Nichtregierungsorganisation, versucht er die Diaspora zu vereinen und mit ihrem Herkunftsland zu verbinden. Der transnationale Transfer von finanziellen Ressourcen und Wissen ist nicht wegzudenken als Entwicklungsfaktor im Herkunftsland.
Auch für die Diasporamitglieder in der Schweiz erschliesst sich gemäss Abdulah Moradi Wichtiges – die transnationale Gemeinschaft dient dazu, die Kultur aus dem Herkunftsland und sich selbst nicht zu verlieren. Abdulah Moradi engagiert sich in einem afghanischen Verein hier in der Schweiz und gründete eine Mädchenschule in Bakar.
Unterstützung kann laut Dilyara Müller-Suleymanova jede einzelne Person leisten, indem sie hilft Hürden und Ängste abzubauen. Dilyara Müller-Suleymanova ist als Projektleiterin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der ZHAW tätig. Aus ihrer Forschung zu in der Schweiz lebenden jungen Menschen, die Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien haben, zieht sie einige Schlüsse. Es fehlt in der Schweiz an Diversität in den Bereichen Politik, Medien, Kunst, Kultur und Bildung. Den jungen Menschen mit Migrationserfahrung fehlen Vorbilder, die in diesen Bereichen tätig sind. Hier sieht sie die Aufgabe der Sozialen Arbeit im Empowering; die jungen Menschen müsstn von den Professionellen ermächtig werden, damit sie sich auch in diesen Bereichen wiederfinden.
Hamit Zeqiri, Geschäftsführer der FABIA, dem Kompetenzzentrum für Migration in Luzern, ist der Meinung, dass wir genau dort ansetzen können. Es geht um Respekt und Gleichstellung hier vor Ort und gerade die Schweiz hat grosse Chancen dies zu erreichen. Es sei aber wichtig, dass sich die Schweiz nicht zufrieden gibt mit der aktuellen Situation. Das Land schneidet gut ab in einem internationalen Vergleich, wenn es um die zentralen Themen, wie Gleichberechtigung und Integration geht, doch muss die Politik und die Bevölkerung selbstkritisch bleiben und sich weiterhin hinterfragen. Wir dürften nicht neokolonialistisch, im Sinne von «wir würden alles besser wissen», auftreten. Beispielsweise kann es nicht sein, dass Menschen aus sogenannten Dritt-Staaten keine Personenfreizügigkeit erhalten und gegenüber europäischen Migrant*innen derart benachteiligt sind. Eine zirkuläre Migration funktioniere nur mit Personenfreizügigkeit für alle.
Aus Sicht von Edin Dadic könne man diese Punkte nur erfolgreich ändern, wenn man politisch aktiv wird und selbst in die Politik einsteigt. Die Soziale Arbeit kann hier aktiv werden, indem sie sich positioniert und politische Forderungen stellt. Edin Dadic hat als Unternehmer und Vorstandsmitglied bei i-Plattform viel Wissen und Erfahrung. Die i-Plattform strebt Kooperationen zwischen der Schweiz und Bosnien und Herzegowina an, um dort die Entwicklung voranzutreiben. Die Entwicklung hier in der Schweiz sieht er in einem positiven Licht. Als er damals in die Schweiz kam, erlebte er die Gesellschaft als geschlossen. Heute empfindet Erin Dadic die Schweizer offener und ein «Hin- und Herreisen zwischen Kulturen» ist möglich. Diverse Diaspora-Vereine in der Schweiz ermöglichen den Menschen wertvolle transkulturelle Verflechtungen. Professionelle der Sozialen Arbeit sind gefordert, diese Vereine zu unterstützen.
Moana Voggensperger studiert im 6. Semester Soziale Arbeit an der Hochschule Luzern mit Vertiefung Soziokulturelle Animation
Bild: Adobe Stock
Veröffentlicht: 13. März 2023
Vom 30. Januar bis 3. Februar 2023 fand an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit die Internationale Studienwoche zum Thema «Diaspora – Perspektiven transkultureller Verflechtungen» statt. Gäste präsentierten dabei Projekte sowie Forschungsansätze zu Diaspora, transkulturellen Lebenspraktiken und sozialen Unterstützungsnetzwerken. Auf dieser Grundlage erarbeiten wir Handlungsansätze für die Soziale Arbeit und diskutieren, wie transnationale Beziehungsnetzwerke in die Praxis der Sozialen Arbeit einbezogen werden können.
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