11. März 2024
Im ersten Blog-Beitrag zur Studie «Wie denken Privatinvestoren über den Anlegerschutz durch Banken in der Schweiz?» haben wir festgestellt: Kunden sind mit der Anlageberatung durch ihre Bank zufrieden. Dennoch begrüssen die meisten Investoren gesetzlich verbindliche Vorgaben zum Kundenschutz in der Anlageberatung. In unserem heutigen Blog widmen wir uns dem Bereich der sogenannten «nachhaltigen Anlagen». Seit Beginn 2024 fragen Banken in der Schweiz routinemässig die Nachhaltigkeitspräferenzen von Privatanlegern ab. Bei Bedarf offerieren sie geeignete Anlagelösungen. Eine neue Selbstregulierung der Schweizerischen Bankiervereinigung verpflichtet sie dazu. Wie aber beurteilen Bankkunden solche Vorgaben?[1]
Autoren: Manfred Stüttgen, Tatiana Agnesens, Urs Blattmann, Felix Buschor und Joël Ettlin
Ende 2023 haben wir 456 Privatinvestoren in der Deutschschweiz befragt, wie sie über ausgewählte Aspekte des Anlegerschutzes durch Banken denken:
Die Ergebnisse der Umfrage überraschen: Das Interesse an einer Beratung zu nachhaltigen Vermögensanlagen ist hoch. Eine verbindlich vorgeschriebene Aufklärungspflicht durch Banken hingegen polarisiert. Die Meinungsbildung ist noch im Gange.
Eine Pflicht für Banken, Kunden zu nachhaltigen Anlagen zu beraten, wird kontrovers beurteilt
Knapp ein Drittel (32%) der befragten Privatinvestoren beurteilen eine Verpflichtung von Banken, auf Nachhaltigkeit in der Anlageberatung zu achten, als «sehr sinnvoll», weitere 29% als «eher sinnvoll». 19% der Befragten hingegen sind kritisch eingestellt, weitere 20% neutral. Zu den Befürwortern verbindlicher Vorgaben für Banken im Nachhaltigkeitsbereich – beispielsweise um potenziellem «Greenwashing» vorzubeugen – zählen mehrheitlich Frauen, Beratungs- und Vermögensverwaltungskunden, Investoren mit einem tiefen Vermögen (bis CHF 100k) sowie Personen im Alter von 60+ Jahren. Skeptisch eingestellt gegenüber einer Pflicht für Banken im Nachhaltigkeitsbereich sind häufiger Männer, Selbstentscheider in der Vermögensanlage, Personen im Alter von 30-39 Jahren sowie 50-59 Jahren. Generell beurteilen Kunden den Sinn einer gesetzlichen Regulierung von Banken im Nachhaltigkeitsbereich zurückhaltender als den Sinn einer Regulierung im Bereich der Risikoabklärung, siehe Abbildung 1.
Gesamthaft wird das Thema «Nachhaltigkeit» beim Anlegen sehr differenziert wahrgenommen: Einerseits wird von Banken als gesellschaftlichen Akteuren eine aktive Rolle im Nachhaltigkeitsbereich erwartet. Andererseits wird auch erkannt, dass viele Fragen im Bereich nachhaltigen Investierens als einem «jungen Thema» noch offen sind, dass Investoren selbst auch in der Pflicht stehen, und dass Banken oder der Regulator diese nicht belehren oder bevormunden sollen.
Das Interesse privater Investoren an nachhaltigen Anlagen ist hoch, die eigenen Kenntnisse und Erfahrungen sind gering
Für etwa die Hälfte der von uns befragten privaten Investoren ist es «eher wichtig» oder «sehr wichtig», nachhaltig zu investieren. Rund ein Drittel ist dem Thema gegenüber «neutral» eingestellt. Nur 17 Prozent beurteilen nachhaltige Investments als «eher unwichtig» oder «unwichtig», siehe Abbildung 2 (links). Ähnliche Ergebnisse wurden auch hier präsentiert.
Innerhalb der Stichprobe gibt es erhebliche Unterschiede: Überdurchschnittlich wichtig ist das Thema für Frauen, für Investoren an der Schwelle zum dritten Lebensabschnitt (Alter 60-69 Jahre) bzw. in jungen Jahren (Alter 20-29) sowie für Beratungs- und Vermögensverwaltungskunden. Die genannten Gruppen legen überdurchschnittlich hohen Wert darauf, dass während der Anlageberatung die Abklärung der Präferenzen in Bezug auf nachhaltiges Anlegen gemacht wird, dass die Anlageziele entsprechend definiert werden, und dass die Informationen zur Nachhaltigkeit einzelner Wertschriften zur Verfügung gestellt und im Depotauszug der Bank dargestellt werden.
Die eigenen Kenntnisse und Erfahrungen mit nachhaltigen Anlagen schätzen Privatinvestoren im Durchschnitt als eher gering ein: lediglich 16 Prozent der befragten Investoren halten ihre Kenntnisse für «eher gross» bis «sehr gross». Auch die Erfahrungen mit nachhaltigen Anlagen liegen im Durchschnitt sehr tief, siehe Abbildung 2 (rechts). Die Kenntnisse und Erfahrungen mit nachhaltigen Anlagen sind unabhängig von Geschlecht, Alter oder Anlagetyp, sie steigen allerdings tendenziell mit wachsendem Bankvermögen. Generell wird eine verbesserte Aufklärung zu nachhaltigen Anlagen von Banken gewünscht. Nach Meinung der Investoren erfüllen Banken diese Erwartung gegenwärtig noch nicht genügend.
Die Beratungskompetenz der Banken zu nachhaltigen Anlagen kann verbessert werden
15% der Investoren beurteilen die Beratung bei nachhaltigen Anlagen als «sehr kompetent», weitere 34% als «eher kompetent», siehe Abbildung 3 (links). 29% der Investoren hingegen bewerten die Beratungskompetenz der Banken in Nachhaltigkeitsthemen als «neutral». Zudem herrscht eine hohe Unsicherheit: 16 Prozent der Anleger antworten auf die Frage nach der Beratungskompetenz in Sachen Nachhaltigkeit mit «weiss nicht/keine Angabe». Absolut betrachtet beurteilen Investoren die Nachhaltigkeitsexpertise von Banken sehr reserviert – dies fällt insbesondere im Vergleich zur mehrheitlich positiven Beurteilung der Anlagekompetenz von Banken im klassischen Anlagebereich auf, siehe Abbildung 3 (rechts). Zwar registrieren die Anleger den bereits vorhanden (Aufklärungs-)Beitrag von Banken zu nachhaltigen Anlagen positiv. Trotzdem wünschen sie sich eine vermehrte und verbesserte Aufklärung und Unterstützung zum nachhaltigen Anlegen. Diese könne und solle auch digital unterstützt werden.
Fazit
Banken in der Schweiz erheben immer systematischer die Nachhaltigkeitsvorlieben von Investoren und bieten bei Bedarf entsprechende Anlagelösungen an. Dies entspricht nicht nur den selbstregulatorischen Vorgaben der Schweizerischen Bankiervereinigung, sondern auch einem hohen Interesse privater Investoren an nachhaltigem Anlegen. Weil die Kenntnisse und Erfahrungen von Privatanlegern zu diesem Thema aber noch gering und die Erwartungen hoch sind, eröffnet sich für Banken eine Chance zur Differenzierung. Eine gleichhohe Beratungsqualität im Nachhaltigkeitsbereich wie in der konventionellen Anlageberatung wäre sowohl aus Sicht von Kunden als auch aus Sicht von Banken wünschenswert.
Möchten Sie das Thema vertiefen? Dann nehmen Sie am Webinar «Wie denken Privatinvestoren über den Anlegerschutz durch Schweizer Banken?» vom 10. April 12:00-12:45 teil, hier geht’s zur Anmeldung: Link
[1] Die vollständige Studie «Wie denken Privatinvestoren über den Anlegerschutz durch Schweizer Banken?» finden Sie hier: Link
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