14. November 2025
Die Energiewende entwickelt sich von einem technischen Projekt zu einem wirtschaftlichen Paradigmenwechsel: Erneuerbare Energien gewinnen an Bedeutung, Netze werden ausgebaut und Kapitalströme verlagern sich in neue Technologien. Dieser Wandel betrifft längst auch Investoren. Die «IFZ Sustainable Investments Studie 2025» von den Autoren Manfred Stüttgen und Brian Mattmann zeigt, welche Rolle Energie heute im Markt nachhaltiger Fonds spielt – von Chancen durch Elektrifizierung bis zu Risiken fossiler Anlagen. Der Sustainable Investments Day in Zürich bot dazu Einblicke aus Forschung, Asset Management und institutioneller Praxis.
Autor: Fadri Beer
Auch in diesem Jahr nahmen über 100 Teilnehmende – darunter Asset Manager, Pensionskassenvertreter und ESG-Spezialisten – am Sustainable Investments Day im Zunfthaus zur Schmiden in Zürich teil. Im Zentrum stand diesmal die Frage, wie die Energietransition die Kapitalmärkte verändert und welche Rolle Investoren bei diesem tiefgreifenden Strukturwandel spielen. Der folgende Beitrag fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Referenten zusammen.
Zum Auftakt präsentierte Prof. Dr. Manfred Stüttgen vom Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) die neuesten Ergebnisse der IFZ Sustainable Investments Studie 2025. Diese zeigt, dass nachhaltige Fonds in der Schweiz weiterhin an Bedeutung gewinnen – trotz steigender regulatorischer Anforderungen. Per Mitte 2025 sind 2’033 nachhaltige Publikumsfonds mit Schweizer Vertriebszulassung verfügbar, was etwa 20 Prozent des Gesamtmarktes entspricht.
Ein wichtiger Treiber des Marktwandels ist die neue ESMA-Leitlinie zur Namensgebung von Fonds. Sie definiert präzise Kriterien, wann ein Produkt als «nachhaltig» bezeichnet werden darf. Viele Fondsanbieter haben darauf reagiert und ihre Produkte umbenannt oder nachgeschärft, um den neuen Vorgaben zu entsprechen. Die Studie zeigt zudem, dass Schweizer Retailbanken bei ihren eigenen Produkten überproportional auf nachhaltige Lösungen setzen: Rund 55 Prozent ihrer 510 Fonds sind nachhaltig positioniert, und fast 70 Prozent der Neugelder fliessen in dieses Segment.
Mit dem diesjährigen Vertiefungsthema – Energie im Wandel – richtete sich der Blick auf die Energietransition als zentrale Herausforderung und Chancenfeld für Investoren. Die aktuelle Analyse der International Energy Agency (IEA) zeigt, dass von den weltweit 3.3 Billionen etwa 2.1 Billionen in saubere Energien und ungefähr 1.2 Billionen in fossile Brennstoffe fliessen. Ein Drittel der Investitionen entfällt auf erneuerbare Energien, weitere zwei Drittel auf Netze, Speicher und Elektrifizierung. Damit ist die Energiewende nicht nur eine ökologische, sondern auch eine wirtschaftliche Transformation – mit deutlich zunehmender finanzieller Relevanz für den Kapitalmarkt.
Dr. Gerhard Wagner stellte dar, wie stark sich globale Kapitalströme durch die Energietransition verändern. Ausgangspunkt seiner Analyse ist die International Energy Agency (IEA), die seit 50 Jahren zentrale Daten zur Energieversorgung sammelt. Sie zeigt: Die Welt elektrifiziert sich immer schneller – Stromverbrauch, erneuerbare Energien und Energieeffizienz gewinnen massiv an Bedeutung.
Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, benötigt es laut IEA deutlich höhere Investitionen in klimaverträgliche Energielösungen. Bereits heute werden weltweit rund doppelt so viele Mittel in saubere Energien investiert wie in fossile Brennstoffe. Das Kapital fliesst hauptsächlich in erneuerbare Energien, Stromnetze, Speichertechnologien und Energieeffizienz. China spielt hier eine führende Rolle – getrieben nicht nur von Klimaschutz, sondern auch von Energiesicherheit.
Für Investoren besonders relevant: Die Analyse zeigt einen klaren strukturellen Trend. Während Investitionen in fossile Energieträger stagnieren oder sinken, wachsen die Bereiche Erneuerbare Energien, Netzinfrastruktur und Elektrifizierung stark und werden voraussichtlich die wichtigsten Investitionsfelder der nächsten Jahre sein. Wagner stellte zudem dar, dass sich Engagements im Themenfeld Energietransition in der Vergangenheit ausgezahlt haben: Über die letzten zehn Jahre erzielten entsprechende Strategien eine überdurchschnittliche Performance.
Die zentrale Frage, die sich daraus für Investoren ergibt: In welchen Segmenten der Energiewende entstehen die attraktivsten Kapitalrenditen und wie lässt sich Kapital gezielt dorthin lenken, wo es den grössten Beitrag zur Dekarbonisierung leistet?
Roman Boner von Robeco zeigte auf, dass die Energietransition nicht nur Risiken, sondern vor allem Investitionschancen bietet. Der Schwerpunkt liegt auf Unternehmen, die technologische Lösungen für eine dekarbonisierte Wirtschaft entwickeln – etwa im Bereich erneuerbare Energien, Energiespeicherung oder Netzinfrastruktur. Robeco setzt dabei auf einen klar messbaren Impact-Ansatz, der sowohl ökologische als auch finanzielle Ergebnisse berücksichtigt. Damit lassen sich Klimarisiken im Portfolio gezielt reduzieren und gleichzeitig Wachstumschancen nutzen.
Dr. Dominik Irniger zeigte auf, wie institutionelle Investoren das Thema Energie in ihren Portfolios adressieren. Bei grossen Pensionskassen gehört Nachhaltigkeit mittlerweile zum Standard, wobei Dekarbonisierung und Engagement-Strategien im Fokus stehen. Der SVVK-ASIR, dem elf Schweizer Institutionen angehören, koordiniert dabei gemeinsame Dialoge mit Unternehmen auf Basis internationaler Standards wie dem UN Global Compact und dem Pariser Abkommen.
Dr. Irniger betonte, dass eine effektive Dekarbonisierung nur durch den Umbau der Energiesysteme hin zu erneuerbaren Quellen und die Elektrifizierung zentraler Wirtschaftsprozesse möglich ist. Institutionelle Investoren können hier eine Schlüsselrolle spielen – etwa durch Engagements, gezielte Impact-Investments in erneuerbare Energien oder nachhaltige Infrastruktur. Zudem verwies er auf den ASIP-Reporting-Standard (Schweizerische Pensionskassenverband), der die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Pensionskassen vereinheitlicht und damit Transparenz fördert.
Mit dem Appell «Es ist fünf vor zwölf» schloss Irniger seine Präsentation – eine Erinnerung daran, dass Investoren ihre Kapitalströme konsequent in Richtung nachhaltiger Energiesysteme lenken müssen, um die globalen Klimaziele zu erreichen.
Den Abschluss der Veranstaltung bildete die geführte Paneldiskussion, in der zahlreiche aktuelle und auch kritische Fragen aufgegriffen wurden. Dabei stand unter anderem zur Debatte, ob die neuen ESMA-Richtlinien tatsächlich ein wirksames Mittel gegen Greenwashing darstellen oder ob sie Fondsanbieter zwar zu mehr Transparenz, aber nicht zwingend zu besserer Nachhaltigkeitswirkung verpflichten. Auch wurde diskutiert, inwiefern Nachhaltigkeitsratings weiterentwickelt werden müssen, um verstärkt zukunftsgerichtete Kriterien anstelle von rein vergangenheitsbasierten Daten zu berücksichtigen. Ein weiterer zentraler Punkt war die Frage nach der Regulierungszuständigkeit: ESMA gilt nur für Fonds, die nach EU-Recht reguliert sind. Schweizer Fonds unterstehen weiterhin der Schweizer Selbstregulierung durch Bankenverbände. Da jedoch rund 85 Prozent der Fonds mit Schweizer Vertriebszulassung in der EU domiziliert sind oder in EU-Ländern vertrieben werden, übernimmt die Mehrheit der Fondsanbieter die ESMA-Namensrichtlinie. Nur für die restliche Minderheit der Anbieter ohne EU-Vertriebszulassung oder EU-Domizil bleibt ausschliesslich die Schweizer Selbstregulierung relevant. Abschliessend wurde der hohe Energiebedarf der künstlichen Intelligenz thematisiert und die These aufgeworfen, dass der «KI-Wettlauf» trotz steigenden Stromverbrauchs auch technologische Innovationen in Effizienz, Netz und Energieinfrastruktur beschleunigen kann. Die Diskussion machte deutlich: Regulatorische Rahmenbedingungen, technologische Entwicklungen und Kapitalallokation sind heute untrennbar miteinander verbunden.
Am Donnerstag, 20. November 2025 von 08:30 bis 09:30 Uhr werden die Ergebnisse der «Sustainable Investments Studie 2025» zusätzlich in einem Webinar vorgestellt. Mehr Informationen zum Webinar sind hier zu finden.
Die «IFZ Sustainable Investments Studie 2025» kann unter ifz@hslu.ch für 190 Franken bestellt werden. Eine digitale Version der Studie ist hier verfügbar.
Wir danken allen Sponsoren herzlich für die wertvolle Unterstützung! Sponsoren und Partner der «IFZ Sustainable Investments Studie 2025»
Platin Sponsoren
Robeco
Swisscanto
Gold Sponsoren
DWS
Graubündner Kantonalbank
UBS
Vanguard
Partner
aberdeen Investments
AllianceBernstein
Candriam
ISS
Morningstar
OLZ
Supporter
Inrate
Technologie Partner
Investment Navigator
Kommentare
0 Kommentare
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.