5. April 2024

Sustainable Investments

Externe Effekte: Soziale Kriterien im Blick von Investoren

Externe Effekte: Soziale Kriterien im Blick von Investoren

Investoren werden sensibler für die externen sozialen Effekte ihrer Anlagen. Manche Investoren drängen darauf, dass Unternehmen negative Effekte auf die Gesellschaft minimieren. Andere Investoren wollen, dass ihre Portfolio-Unternehmen positive Auswirkungen generieren. In diesem Blog-Beitrag beleuchten wir das Konzept der externen sozialen Effekte und zeigen, wieso soziale Auswirkungen für Investoren an Bedeutung gewinnen.[1]

Autoren: Manfred Stüttgen, Brian Mattmann

Soziale Aspekte der Unternehmensführung können finanzielle Risiken oder Chancen darstellen: Für Unternehmen einerseits, für betroffene Anspruchsgruppen andererseits. Soziale Kriterien werden daher auch für Investoren, die an der Wertschöpfung von Unternehmen partizipieren wollen, wichtiger – aus finanziellem Kalkül oder aus sozialer Verantwortung. Schematisch lässt sich dieser Zusammenhang wie folgt darstellen (Abbildung 1)

Abbildung 1: Wertschöpfungsprofil eines Unternehmens[2]

Im Idealfall schafft ein Unternehmen positiven ökonomischen Wert, symbolisiert anhand des linken Balkens im Diagramm. Die ökonomische Wertschöpfung wird anhand der firmenweit internalisierten Erträge und Kosten berechnet. Nicht alle Kosten und Erträge einer Firma werden aber von dieser internalisiert. So werden etwa soziale oder ökologische Kosten und Erträge – meist geht es um Kosten, selten(er) um Erträge – noch kaum systematisch erfasst. Die hier angesprochenen Kosten nennt man auch «externe Effekte»: sie werden vom Verursacher, dem Unternehmen, nicht selbst getragen, sondern Dritten, typischerweise der Allgemeinheit, aufgebürdet.

In Abbildung 1 werden die positiven und die negativen externen Effekte für die beiden Kategorien «sozial» bzw. «ökologisch» getrennt voneinander dargestellt. So stehen hier den positiven sozialen Effekten eines Unternehmens gegenläufige negative soziale Effekte gegenüber. Saldiert man die positive und die negative soziale Externalität, so verbleibt im gewählten, schematisch dargestellten Beispiel als Saldo eine positive soziale Wertschöpfung. Der ökologische Saldo ist im gewählten Beispiel hingegen negativ: das Unternehmen schadet der Umwelt mehr, als es der Umwelt Nutzen stiftet. Selbstverständlich könnte das dargestellte Schema im Einzelfall auch anders ausfallen als im gewählten Beispiel. Wir fokussieren nachstehend auf soziale Effekte von Unternehmen.

Positive soziale Effekte: Aufbau von Sozialkapital, Infrastruktur, Steuersubstrat

Unternehmen können auf vielerlei Art positive soziale Wirkungen generieren. Sie schaffen Ausbildungs- und Arbeitsplätze, generieren Wissen, von dem die Allgemeinheit profitiert (z.B. im Gesundheits-/Pharmabereich), bauen Infrastruktur auf oder bezahlen Sozialabgaben und Steuern. Steuereinnahmen können wiederum für sozial benachteiligte Bevölkerungsschichten eingesetzt oder dem Bildungswesen zugeführt werden, wodurch positive soziale Effekte gestiftet werden. Ebenso verursachen Unternehmen aber auch zahlreiche negative soziale Effekte.

Negative soziale Effekte: Schädigung der Gesundheit, Ausbeutung von Arbeitnehmenden, mangelnde Produktsicherheit

In diesem Fall werden Menschen gesundheitlich, monetär oder auf andere Art geschädigt. Das verursachende Unternehmen trägt die Kosten der Schädigung aber nicht selbst, sondern sie werden der Allgemeinheit oder Dritten aufgebürdet. Die Beispiele hierfür sind zahlreich: Ein Unternehmen produziert unter Arbeitsbedingungen, welche die Gesundheit von Arbeitnehmenden oder lokalen Gemeinschaften schädigen. Ein Unternehmen nutzt mangelhafte institutionelle und rechtliche Rahmenbedingungen im Ausland zum eigenen finanziellen Vorteil und beutet Arbeitnehmende – z.B. Kinder oder vulnerable Bevölkerungsgruppen – aus, etwa in der Produktion landwirtschaftlicher Agrarprodukte (z.B. Kakao, Kaffee), in der Hochseefischerei oder der Textilindustrie. Ein Unternehmen produziert und vertreibt fehlerhafte Produkte und haftet nicht für die mangelhafte Sicherheit oder Umweltstandards, beispielsweise in der Automobil- oder Luftfahrtindustrie.

Negative externe Effekte werden für Unternehmen finanziell wesentlicher

Externe soziale Effekte werden für Investoren dann finanziell materiell, wenn sie von Unternehmen internalisiert werden. Dies kann zwangsweise geschehen, beispielsweise, weil bestehende oder neue Gesetze Unternehmen dazu verpflichten, für negative soziale Externalitäten zu haften. Insbesondere die EU-Länder bemühen sich aktuell, im Rahmen von EU-Aktionsplan und weiterführenden Nachhaltigkeitsgesetzen (Stichworte sind: EU-Lieferkettengesetz, Nachhaltigkeitsberichterstattung) die negativen externen Effekte von Unternehmen sichtbar zu machen und zu reduzieren. Die sozialen Kosten, die der Allgemeinheit oder Dritten durch Unternehmen entstehen, sollen durch entsprechende Transparenzrichtlinien zunächst sichtbar und anschliessend – anhand von Anreizsystemen (z.B. Sanktionen) – internalisiert werden. Negative soziale externe Effekte können aber auch den Ruf von Unternehmen substanziell schädigen und sich auf diese Weise finanziell materialisieren. Je mehr externe soziale Effekte eines Unternehmens heute oder in Zukunft internalisiert werden, umso mehr wird sich das finanzielle Chancen-/Risikoprofil eines Unternehmens für Investoren verändern. Im schlechtesten Fall besteht die Gefahr, dass ein Unternehmen seine «licence to operate» verliert, dass also seine gesellschaftliche Akzeptanz erodiert und dass wesentliche Anspruchsgruppen dem Unternehmen auf Dauer die Unterstützung verweigern – mit entsprechenden finanziellen Rückwirkungen auf das Unternehmen selbst und letztlich auf deren Investoren.

Fazit: Investoren müssen ihre Anlagen systematischer auf soziale Kriterien prüfen

Für Investoren heisst dies, dass sie ihre Anlagen künftig verstärkt auf soziale Kriterien überprüfen müssen. Stand in der Vergangenheit mehrheitlich die Umweltdimension (negativer) externer Effekte im Zentrum, gewinnt künftig auch die soziale Dimension von externen Effekten an Gewicht. Für Investoren empfiehlt es sich, die Chancen und Risiken sozialer Aspekte in ihren Anlagen besser zu erkennen und zu kontrollieren. Sei es aus finanziellem Kalkül, sei es aus moralischer oder rechtlicher Verpflichtung.


[1] Der Blog-Artikel stützt sich auf die «IFZ Sustainable Investments Studie 2023: Nachhaltige Fonds und soziale Verantwortung», verfügbar unter https://hub.hslu.ch/sustainable. Die Studie wurde dankend unterstützt von: Goldman Sachs Asset Management, Robeco, Zürcher Kantonalbank, DWS, Graubündner Kantonalbank, Natixis Investment Managers, UBS, Vanguard, abrdn, AllianceBernstein, Amundi Asset Management, Candriam, Generali, INOKS Capital, iShares by BlackRock, Lombard Odier Investment Managers, Morningstar, OLZ, PGIM Investments, Schroders, Inrate, Thurgauer Kantonalbank und Investment Navigator.

[2] Vgl. Stüttgen/Mattmann (2023). IFZ Sustainable Investments Studie 2023: Nachhaltige Fonds und soziale Verantwortung, S. 50. Verfügbar unter: https://hub.hslu.ch/sustainable/

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