24. Mai 2023

Sustainable Investments

Vorsicht bei Logos für nachhaltige Fonds: Nicht alle Gütesiegel sind glaubwürdig

Vorsicht bei Logos für nachhaltige Fonds: Nicht alle Gütesiegel sind glaubwürdig

In unserem letzten Blog-Beitrag zu nachhaltigen Gütesiegeln haben wir erläutert, dass Unabhängigkeit und Transparenz wichtige Kriterien für einen glaubwürdigen Siegelstandard darstellen. Der folgende Beitrag ist Teil 2 einer 3-teiligen Blog-Serie zu nachhaltigen Gütesiegeln. Wir erläutern darin unterschiedliche Arten von Gütesiegeln und zeigen die in der Schweiz und Europa weitverbreitetsten unabhängigen Logos für Nachhaltigkeitsfonds. Der Artikel stützt sich auf die IFZ Sustainable Investments Studie 2022. (1)

Autoren: Manfred Stüttgen, Brian Mattmann

Gütesiegel oder Logos auf Nachhaltigkeitsfonds werden grundsätzlich von drei Typen von Anbietern vergeben: ESG-Ratingagenturen, Produktanbietern und unabhängigen Institutionen. Nicht alle Logos dieser Anbieter folgen allerdings dem Ideal des Drei-Parteien-Systems, welches idealerweise einem glaubwürdigen Siegelstandard unterliegt (siehe letzter Blog-Beitrag).

Logos von ESG-Ratingagenturen, Produktanbietern oder unabhängigen Institutionen

ESG-Ratingagenturen: ESG-Ratingagenturen vergeben Produktlabels, die Anlegern das auf Fondsebene aggregierte ESG-Rating der Portfolio-Holdings anzeigen. Bei diesen Labels handelt es sich um eine rein quantitative und gewichtete Aggregation der einzelnen ESG-Unternehmensratings eines Fonds, ausgedrückt in einem numerischen oder alphabetischen Skalenwert. Die Qualität des Anlageprozesses sowie zugrundeliegende Nachhaltigkeitskriterien (z.B. bestimmte Ausschlusskriterien) bleiben dabei unberücksichtigt. Es werden lediglich die aktuellen Fonds-Holdings betrachtet. Dieser Art von Gütesiegeln liegen meist nicht eigene Siegelstandards zugrunde, sondern sie stützen sich auf die proprietären ESG-Ratings der Agenturen. Solche Qualitätsbescheinigungen haben für Investoren den Vorteil, dass sie Vergleiche über eine Vielzahl von Fonds unterschiedlicher Fondsanbieter ermöglichen. Die Labels werden von ESG-Ratingagenturen ohne Zutun der Fondsgesellschaften gestaltet und können daher von Investoren als authentisches Werturteil angesehen werden, wobei hier immer die Rating-Methodik einer gewissen Agentur zugrunde liegt. ESG-Rating-Agenturen verfolgen dabei unterschiedliche Leistungsversprechen und sind für Investoren nicht selten wenig transparent hinsichtlich ihrer Methodik. Beispiele für solche auf Fondsebene verdichteten Labels von ESG-Ratingagenturen sind das MSCI ESG Fund Rating von MSCI ESG Research, das «Globen»-Rating von Morningstar/Sustainalytics oder das ISS ESG Fund Rating von ISS ESG.

Produktanbieter: Auch Produktanbieter wie Fondsgesellschaften oder Vermögensverwalter bieten Gütesiegel an, die sie in Eigenregie den Fondsprodukten verleihen. Für Anleger bieten sie die Möglichkeit, Produkte eines Anbieters im Hinblick auf ihren Nachhaltigkeitsgehalt zu vergleichen. Beispiele solcher Qualitätsbescheinigungen eigener Anlageprodukte sind die «Sterne»-Bewertung der Liechtensteiner Privatbank- und Vermögensverwaltungsgruppe LGT oder die «Vögel»-Bewertung der Alternativen Bank Schweiz. Andere Anbieter arbeiten mit hauseigenen Scoring-Systemen wie beispielsweise BNP Paribas Asset Management. Fondsanbieter können mit eigenen Gütesiegeln die besondere ESG-Qualität ihrer offerierten Anlageprodukte signalisieren. Ein Nachteil solcher proprietären Label besteht in ihrer mangelnden Unabhängigkeit: Meist ist der Labelnutzer gleichzeitig die Kontrollstelle und auch der Inhaber des Siegels. Zudem beurteilen solche Labels oft nur die aktuellen Fondspositionen und nicht den Investmentprozess eines Anlageproduktes. Auch sind bei solchen selbstverliehenen Gütesiegeln die zugrundeliegenden Kriterien selten transparent ersichtlich.

Unabhängige Institutionen: Drittens vergeben unabhängige Institutionen ESG-Siegel auf nachhaltige Anlagefonds. Im Unterschied zu den Gütesiegeln von ESG-Ratingagenturen oder von Produktanbietern entsprechen solche Gütesiegel meist dem Prinzip des erwähnten Drei-Parteien-Systems. Unabhängige Gütesiegel können sowohl für Investoren als auch für Fondsanbieter nützlich sein: Anleger gewinnen Transparenz, die Informationsasymmetrie wird zu ihren Gunsten abgebaut. Auch können Investoren das Universum nachhaltiger Fonds anhand von unabhängigen Gütesiegeln filtern. Dies kann speziell für Privatinvestoren nützlich sein. Fondsanbieter hingegen können glaubwürdig signalisieren, dass ihre Produkte gewisse Qualitätsstandards einhalten, sie können damit werben, sich gegenüber Wettbewerbern differenzieren und sich gegen Greenwashing-Vorwürfe schützen. Zudem geben ESG-Gütesiegel Vermögensverwaltern einen Anreiz, glaubwürdige Nachhaltigkeitsprodukte zu produzieren. (2)

Eine Übersicht etablierter ESG-Gütesiegel in Europa zeigt die nachfolgende Abbildung.

Abbildung: Übersicht etablierter Gütesiegel für nachhaltige Fonds

Unabhängige Gütesiegel: Staatlich gestützt oder durch private Organisationen getragen

Eine Gruppe von Siegelinhabern in der Liste sind staatliche Stellen. Träger staatlicher Labels sind meist Ministerien oder Departemente von Staaten, als Prüfer treten hingegen akkreditierte Prüfgesellschaften auf, welche die Prüfgutachten im Auftrag der Fondsgesellschaften erstellen. Eines der ersten ESG-Gütesiegel in Europa ist das österreichische Umweltzeichen (UZ 49) auf nachhaltige Finanzprodukte. Träger des Labels, also der Siegelinhaber, ist das österreichische Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT). In Frankreich existieren zwei staatlich gestützte Gütesiegel auf Nachhaltigkeitsfonds: Das Label ISR, das vom französischen Wirtschafts- und Finanzministerium eingeführt wurde, und das Greenfin Label (vormals TEEC-Label), welches vom Umweltministerium verantwortet wird. Eine zweite Gruppe von Inhabern unabhängiger Gütesiegel sind Verbände und Non-Profitorganisationen aus der Finanzindustrie. Etablierte Beispiele hierfür sind die Labels der luxemburgischen Non-Profitorganisation LuxFLAG oder das Towards Sustainability Label der belgischen Central Labelling Agency (CLA), einer Initiative des Verbands der belgischen

Finanzbranche (Febelfin). In der DACH-Region hat sich das FNG-Siegel des Forums Nachhaltige Geldanlage (FNG), des Fachverbands für nachhaltige Geldanlagen im deutschsprachigen Raum, etabliert.

Labels mit Fokus auf den ESG-Investmentprozess oder mit Fokus auf die Umweltqualität

Auch inhaltlich lassen sich die Gütesiegel in zwei Hauptkategorien einteilen, wenngleich eine trennscharfe Unterscheidung nicht immer leicht ist. Einerseits gibt es eine Gruppe von ESG-Labels, die sich auf Mindestanforderungen konzentrieren und einen Fokus auf die SRI/ESG-Managementprozesse nachhaltiger Fonds legt. Beispiele hierfür ist das Label ISR, das FNG-Siegel oder das Towards Sustainability Label. Andererseits gibt es «grüne» Labels, die sich auf die Umweltqualität der Portfolios konzentrieren und auf einer Taxonomie grüner Aktivitäten basieren. In diese Kategorie können z.B. das Greenfin-Label oder die LuxFLAG-Labels «Climate Finance» und «Environment» verordnet werden. Diese Labels spezialisieren sich auf umweltorientierte Investitionen und zertifizieren Kapitalanlagen, die solche tätigen.

Fazit

Verschiedene Akteure attestieren mit Gütesiegeln die Nachhaltigkeitsqualität von Finanzprodukten: ESG-Ratingagenturen, Produktanbieter oder unabhängige Institutionen. Meist erfüllen nur unabhängige Drittanbieter die Anforderungen an einen glaubwürdigen Gütesiegelstandard mit autonomem Drei-Parteien-System. Solche Gütesiegel können von Privatanlegern und auch von Produktanbietern genutzt werden, um mit einem hohen Grad an Glaubwürdigkeit die Nachhaltigkeitsqualität von Anlagefonds zu prüfen respektive zu signalisieren. Wie wir in unserem nächsten Blog-Beitrag sehen, werden solche unabhängigen Gütesiegel in der Schweiz immer relevanter. Wir zeigen, dass bereits jeder dritte Nachhaltigkeitsfonds in der Schweiz seine Qualität extern zertifizieren lässt, obwohl bis heute noch kein Schweizer Siegelstandard existiert.


(1) Die Studie wurde dankend unterstützt von: iShares by BlackRock, Robeco, Zürcher Kantonalbank, DWS, Graubündner Kantonalbank, Jupiter Asset Management, Natixis Investment Managers, UBS, Vanguard, abrdn, AllianceBernstein, Amundi Asset Management, Candriam, Credit Suisse, DPAM, Generali, INOKS Capital, Invesco, Janus Henderson Investors, Lombard Odier Investment Managers, Morningstar, NN Investment Partners , Nordea Asset Management , OLZ, Schroders, Inrate, Thurgauer Kantonalbank und Investment Navigator.

(2) Vgl. Gabriel, Klaus (2013). Gütesiegel für nachhaltige Publikumsfonds. Damit drin ist, was draufsteht. In: S. Ziermann (Hrsg.), Socially Responsible Investments in Banken. Markt – Bedingungen – Praxiserfahrungen (91–101). Köln: Bank-Verlag sowie Steiauf, Thomas (2017). Die Produktgestaltung von Klimaschutzfonds als nachhaltiges Anlageprodukt für Privatanleger – Eine empirische Analyse der Präferenzen und Produktanforderungen deutscher Retailanleger. Wiesbaden: Springer Gabler.

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