25. November 2019
Von Michael Dietrich und Susanne Grau
Wie erkennt man, ob jemand lügt? Dieser Frage und den Techniken zur Analyse von Körpersprache und Aussagen gingen die Teilnehmenden des Workshops «Introduction to Lie Detection» des ACFE Switzerland Chapters in Genf nach.
Ein interessierter Kreis aus Teilnehmenden aus Verwaltung und Privatwirtschaft liess sich am Montag 18. November 2019 in Genf am Workshop «Introduction to Lie Detection» des ACFE Switzerland Chapters in die Geheimnisse der Lügenerkennung einführen. Allen Teilnehmenden gemeinsam war das Interesse, in Interviews und Einvernahmen erkennen zu können, ob die befragten Personen lügen.
Lügen
Wir sind alle Lügner. Haben Sie gewusst, dass während einer zehnminütigen Konversation 60 Prozent der Personen im Durchschnitt 2,92 Mal lügen? Männer lügen mehr als Frauen, aber weniger als junge Frauen im Teenageralter.
Die folgenden Merkmale können Lügenindikatoren sein:
Die erwähnten Indikatoren reichen natürlich nicht aus, um Lügereien auf die Spur zu kommen.
Methoden
Im Workshop wurden Methoden vorgestellt, welche sich mit der Analyse von Text, Körpersprache und Mikro-Mimik befassen. Mit der Analyse der Mikro-Mimik erzielt man bei der Lügenerkennung die besten Ergebnisse, diese Methode ist aber am schwierigsten zu erlernen und anzuwenden.
Um feststellen zu können, ob jemand lügt, muss man zuerst beobachten, wie sein Körper auf normale Fragen reagiert. Man geht von der Annahme aus, dass es bei normalen Fragen nicht nötig sein sollte, zu lügen. Danach vergleicht man die normalen Reaktionen mit denjenigen, die sich bei kritischen Fragen beobachten lassen, denn hier besteht nun die Möglichkeit, dass gelogen wird. Bei diesem Vorgehen wird mit einer unproblematischen Frage gestartet wie beispielsweise «Was haben Sie heute zum Frühstück gegessen?». Es folgt eine unverfängliche Frage, wie «Haben Sie schon mal daran gedacht, etwas zu stehlen?», bis dann eine relevante Frage gestellt wird: «Haben Sie schon mal illegale Drogen konsumiert?».
(Maxime Chrétien, Chief Audit Executive bei Ville de Genève und
Vorstandsmitglied ACFE Switzerland Chapter)
Textanalyse: Der Woody Allen Test
Anhand anschaulicher Beispiele konnten die Workshop-Teilnehmenden ihr Urteilsvermögen bei der Analyse von Texten üben. Dazu gehörte der Woody-Allen-Test. Hat sich Woody Allen als junger Mann an seiner Adoptivtochter vergangen? Die Teilnehmenden diskutierten sein ausführliches Statement zu dieser heiklen Frage, welches am 7. Februar 2014 in der New York Times veröffentlicht wurde. Das Gericht hatte ihn damals nicht schuldig gesprochen. Wenn man sein Zeitungsstatement liest, bleiben einige offene Fragen zurück. Vor allem, wenn dieses mit dem Statement der Adoptivtochter verglichen wird.
Körpersprache: Gesten
Wir machen mit unserem Körper verschiedene Bewegungen wie beispielsweise Arme verschränken, Beine übereinanderschlagen, mit dem Körper nach vorne beugen und so weiter. Darüber hinaus gibt es viele bewusste und unbewusste Gesten, welche insbesondere im Zusammenhang mit Aussagen sehr interessant sein können. Eine hohe Aussagekraft hat beispielsweise der Mittelfinger, welcher im Widerspruch zu einer bejahenden Aussage im Gesicht dazu verwendet wird, die Brille über der Nase hochzudrücken. Das Gesagte dürfte hier in einem klaren Widerspruch zum wirklich Gemeinten stehen. Obama kratzte sich beispielsweise mit diesem Finger seitlich im Gesicht, während er seinem Kontrahenten im Präsidentschaftswahlkampf seine Dienste verdankte. In unseren Gesichtern lassen sich aber auch Emotionen ablesen.
Mikro-Mimik
Weltweit und in allen Kulturkreisen gleich sind die sieben allgemeinen Emotionen Ekel, Ärger, Angst, Traurigkeit, Freude, Überraschung und Verachtung. Sie offenbaren sich in unseren flüchtigen Gesichtsausdrücken, welche nur Sekundenbruchteile dauern. An dieser Mikro-Mimik erkennt man beispielsweise, ob jemand wirklich glücklich ist, indem die Regungen in den Mundwinkeln mit denjenigen in den Augen übereinstimmen. Im Vergleich dazu lässt ein aufgesetztes, falsches Lachen die Augen kalt.
Am Ende des Workshops fühlten sich alle Teilnehmenden geübter, «Body Language» lesen zu können. Natürlich war allen klar, dass die vorgetragenen Techniken stets in einem Gesamtkontext zu betrachten sind. Als zusätzliches Element, um falsche von wahren Aussagen zu unterscheiden, können sie aber durchaus Verwendung finden.
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