31. Januar 2022
Von Susanne Grau
Am 25. Januar 2022 ist der Corruption Perceptions Index 2021 erschienen, der weltweit bekannteste Indikator zur Messung der Wahrnehmung der Korruption im öffentlichen Sektor. Die Schweiz liegt mit 84 Punkten auf Rang 7. Was lässt sich aus dieser Platzierung ableiten?
Korruption beziehungsweise der «Missbrauch anvertrauter Machtstellung zu privatem Nutzen», wie Transparency International Schweiz das Phänomen in ihrem Ratgeber für Schweizer KMU beschreibt, gilt sowohl im staatlichen Sektor als auch im privaten Geschäftsverkehr als schädlich. Korruptes Handeln untergräbt die Loyalität der Mitarbeitenden und schwächt ihr Unrechtsbewusstsein. Zudem erschüttern bekannt gewordene Vorfälle das Vertrauen, welches Kunden, Mitarbeitende und Geldgeber Regierungen und Unternehmen und ihren Verantwortlichen entgegenbringen. Schliesslich hat Korruption nicht unerhebliche, negative finanzielle Folgen, welche durch Bestechungszahlungen, ineffiziente Geschäftsabläufe und betriebswirtschaftlich unsinnige Geschäftsentscheide sowie im Entdeckungs- und Streitfall durch Bussen und Anwaltskosten entstehen. Die Bekämpfung der Korruption ist eine Herausforderung zu deren Bewältigung aussagekräftiges Datenmaterial, wie beispielsweise die von Transparency International seit 1995 weltweit erhobenen Daten zur Wahrnehmung der Korruption im öffentlichen Sektor, beiträgt.
Korruptionswahrnehmungsindex 2021
Der von Transparency International jährlich veröffentlichte Corruption Perceptions Index (CPI) misst die Wahrnehmung der Korruption im öffentlichen Sektor. Mittels eines Punktesystems auf einer Skala von 0 bis 100 wird festgelegt, ob ein Land als sehr korrupt wahrgenommen wird (0 Punkte), oder ob es als sehr sauber gilt (100 Punkte).
Die Schweiz liegt mit 84 Punkten weltweit auf Rang 7 – hinter Norwegen, Singapur und Schweden, welche sich mit 85 Punkten zusammen den vierten Platz teilen. Spitzenreiter sind Dänemark, Finnland und Neuseeland mit je 88 Punkten. Am Ende der Tabelle befindet sich der Südsudan mit 11 Punkten. Die Schweiz hat im Vergleich zum Vorjahr einen Punkt und vier Ränge verloren. Der auf den ersten Blick hohe Rangverlust ist darauf zurückzuführen, dass sich mehrere Länder bei gleicher Punktezahl den gleichen Rang teilen können. Im Jahr 2020 belegte die Schweiz zusammen mit Finnland, Singapur und Schweden gemeinsam den dritten Platz – hinter Dänemark und Neuseeland.
Gemäss Transparency International liegt der globale Durchschnitt auch das zehnte Jahr in Folge unverändert bei 43 von 100 Punkten. 131 Länder hätten trotz Zusagen keine nennenswerten Fortschritte im Kampf gegen die Korruption erzielt. Zwei Drittel der Länder erreichten einen Wert unter 50, was auf ernsthafte Korruptionsprobleme hindeute, und 27 Länder kamen auf den tiefsten Wert aller Zeiten. Was sieht es regional aus?
Die Region Westeuropa & Europäische Union führt den Index weltweit an. Korruptionsenthüllungen wie beispielsweise der Skandal um den ehemaligen Bundeskanzler Kurz in Österreich, haben jedoch dazu geführt, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Redlichkeit ihrer Regierungen auch in dieser Spitzenregion gelitten hat.
Wie die Grafik zeigt, teilen sich Dänemark und Finnland in der Region Westeuropa & Europäische Union den ersten Rang – gefolgt von Schweden und Norwegen. Die Schlusslichter bilden Rumänien, Ungarn und Bulgarien. Gemäss Transparency International stagnieren die Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung in dieser Region und es gibt deutliche Verlierer, wie beispielsweise Ungarn, welches seit 2012 12 Punkte verloren hat und aktuell gerade mal bei 43 Zählern liegt. Dies sei auf die eingeschränkte Meinungsfreiheit und die Machtausweitung der regierenden Partei zurückzuführen. Aber auch die Länder mit den besten Bewertungen können sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. So haben sie im vergangenen Jahrzehnt wenig dafür getan, die Integrität ihres eigenen öffentlichen Sektors zu schützen. Es herrscht «Ärger an der Spitze». So habe zum Beispiel die Schweiz die Gelegenheit verpasst, eine Lücke bei der Geldwäschereibekämpfung zu schliessen. Im Unterschied zu anderen Ländern unterliegen Anwälte und Notare bei risikobehafteten Dienstleistungen, wie beispielsweise das Gründen und Verwalten heikler Sitzgesellschaften und Trusts, weiterhin nicht dem Geldwäschereigesetz. Eine abgeschlossene Untersuchung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht der Schweiz habe zudem gezeigt, dass der Nachweis der individuellen Verantwortung für Bankmanager eine Herausforderung geblieben sei.
Situation in der Schweiz
In der Schweiz ist die Bestechung von Amtsträgern und Privatpersonen strafbar. Es wird unterschieden zwischen Bestechung, bei welcher jemand einem Amtsträger oder einer Privatperson einen unerlaubten Vorteil gibt, anbietet oder verspricht und dafür eine bestimmte Gegenleistung erhält, und Vorteilsgewährung. Letztere wird auch Anfütterung oder Klimapflege genannt. Sie gilt gegenüber Amtspersonen, denen unerlaubte Vorteile gegeben oder angeboten werden, ohne dafür eine direkte Gegenleistung zu verlangen. Man will sie für künftige Anliegen positiv stimmen und ihre Handlungen beeinflussen. Auch Unternehmen können sich strafbar machen, indem sie Korruptionshandlungen im Unternehmen aufgrund eines Organisationsmangels keiner bestimmten Personen zuordnen können. Darüber hinaus können sie unabhängig von Handlungen einzelner Personen zur Verantwortung gezogen werden, wenn es im Rahmen der Erfüllung des Unternehmenszwecks zu aktiven Bestechungshandlungen von Amtsträgern oder Privatpersonen kommt. Wie sieht es mit der Strafverfolgung von Korruptionsdelikten aus?
Wie die Auswertung aus der polizeilichen Kriminalstatistik 2020 zeigt, wurden in den letzten Jahren nur wenig Korruptionsfälle polizeilich untersucht. Die Urteilszahlen fallen sogar noch tiefer aus. Dabei gilt es zu beachten, dass diese den Ermittlungen zeitlich meist Jahre hinterherhinken. Die Kriminalstatistik enthält alle von den kantonalen Polizeibehörden und dem Bund gemeldeten und registrierten Straftaten. Sie bildet nur das sogenannte Hellfeld ab. Das Dunkelfeld mit den nicht gemeldeten Fällen ist den Strafverfolgungsbehörden nicht bekannt und dürfte einiges höher liegen.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD hat die Schweiz immerhin als eines der aktivsten Länder bezeichnet, wenn es um die Verfolgung der Bestechung fremder Amtsträger geht. Die Bundesanwaltschaft hat seit 2018 sieben Verurteilungen von Personen und Unternehmen erwirkt. Es gibt jedoch auch für die Schweiz noch einiges zu tun. Die OECD fordert nach wie vor strengere Sanktionen gegen Unternehmen und den Schutz von Whistleblowern – sowohl im öffentlichen, wie auch im privaten Sektor.
Der nächste Beitrag auf dem Blog Economic Crime erscheint nach den Sportferien am 21. Februar 2022
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