13. November 2023
Von Stefan Kühn und Stefan Freivogel
Korruption im Sport ist kein neues Phänomen. Während der erste dokumentierte Fall von Bestechung über 2’300 Jahre zurückliegt, ist die Sportbranche heute von weitaus mehr und komplexeren illegalen Aktivitäten betroffen. Welche Formen nimmt sie an und was wird dagegen getan?
In der globalisierten und technologisierten Welt wird der Sportbranche ein Wachstumsvolumen von 110 Milliarden US-Dollar bis 2027 prognostiziert. Es ist also naheliegend, dass bei den immensen Geldsummen, die in den Sport investiert werden, auch auf illegale oder unethische Art und Weise versucht wird, Geld zu verdienen. Und da die Industrie nicht nur vertikal, sondern auch lateral wächst, entstehen neue, regulatorisch schwach aufgestellte Subbranchen, wie beispielsweise der rasant wachsende E-Sport Sektor, die den perfekten Nährboden für illegale Aktivitäten bieten.
Arten und Formen von Korruption
Korruption in der Sportbranche lässt sich grob in drei Bereiche gliedern:
1. Wettbewerbsmanipulation
Bei der Wettbewerbsmanipulation wird versucht, den Verlauf oder das Resultat eines Wettkampfs durch Absprachen und geplante Handlungen zu beeinflussen. Darunter fällt unter anderem auch Doping. Während die Anzahl an positiven Dopingtests im Zeitraum 2016 bis 2021 aufgrund neuer Dopingstandards und einem Rückgang von Sport Events aufgrund der Corona Pandemie um rund 50% gesunken ist, nimmt das sogenannte «Match Fixing» wieder zu. «Match Fixing» bezieht sich auf die absichtliche Manipulation von Sportveranstaltungen, um das Ergebnis zu beeinflussen – oft zum Vorteil von illegalen Wetten oder persönlichen Interessen. Ursache für diese Art der Korruption ist unter anderem die Unsicherheit von langfristiger finanzieller Stabilität. Laut einer Datenerhebung in US-Amerikanischen Profiligen dauert die durchschnittliche Profikarriere zwischen drei bis sechs Jahren. Das durchschnittliche Rücktrittsalter liegt deutlich unter dreissig Jahren. Folglich ist die Karriere von Athleten zeitlich sehr begrenzt. Hinzu kommt, dass der Verdienst meist von den Leistungen und Resultaten abhängt. In ihren Bemühungen, sich finanziell abzusichern, lassen sich vereinzelte Athleten zu korrupten Handlungen verleiten.
2. Institutionelle Korruption
Bei der institutionellen Korruption handelt sich um unethische, unehrliche oder illegale Tätigkeiten, die in den administrativen oder den geschäftsführenden Organen der Sportbranche ausgeübt werden. In diese Kategorie fallen auch Korruptionsfälle im Zusammenhang mit der Sport-Infrastruktur, wie beispielsweise Preisabsprachen beim Stadionbau. Die Kosten für Infrastruktur sind über die letzten 30 Jahre enorm gestiegen. Als Beispiel betrugen die Infrastrukturkosten für die Fussball Weltmeisterschaft in den USA 1994 weniger als 30 Millionen USD, die WM in Russland 11.8 Milliarden USD, während die Ausgaben in Katar 222 Milliarden USD erreichten. Die hohen Baukosten, schwaches Monitoring der (lokalen) Behörden und komplexe Strukturen machen grosse Sportevents anfällig für Korruption. Dem Weltfussballverband FIFA wird seit Jahren immer wieder Korruption und Geldwäsche vorgeworfen. Die Vorwürfe gegen die Organisation beziehen sich unter anderem auf die Vergabe der Fussball-Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar sowie die Vergabe von Sponsoring- und Vermarktungsrechten durch einzelne Funktionäre der FIFA, insbesondere im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien. Auch die Schweizer Bank Julius Bär wurde von der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma im Februar 2020 wegen schwerer Mängel in der Geldwäschereibekämpfung gerügt, wobei sie ebenfalls auf Korruptionsfälle rund um den Fussballverband sowie um den staatlichen Ölkonzern Petróleos de Venezuela Bezug nahm.
3. Kriminelle Unterwanderung
Wenn organisierte Gruppen in die Sportindustrie eindringen, um illegalen Profit zu generieren, spricht man von krimineller Unterwanderung. So zum Beispiel bei der Nutzung der Sportindustrie für Geldwäsche oder illegale Sportwetten. Der weltweite Markt für illegale Sportwetten belief sich im Jahr 2020 auf stolze 500 Milliarden US Dollar, davon 80% in Asien. Von allen Organisationen, die im Bereich Sportwetten tätig sind, handeln ganze 67,8% illegal. Illegal bedeutet in diesem Kontext, dass die Betreiber der Wett-Plattformen in den Ländern, in denen sie operieren, keine Lizenz besitzen. Hinzu kommt, dass Sportwetten für Geldwäsche im Wert von jährlich mehr als 97 Milliarden US Dollar genutzt werden. Der expandierende globale Transfermarkt mit einer zunehmenden Zahl internationaler Spielertransfers und der Höhe der Ablösesummen schafft neue Möglichkeiten für Geldwäsche in der Sportbranche. Darüber hinaus stört ein ineffizienter Transfermarkt eine faire Korrelation zwischen den Fähigkeiten eines Sportlers und den Transfergebühren und stört die Dynamik von Angebot und Nachfrage bei Sporttalenten.
Es ist wichtig zu verstehen, dass Korruption im Sport oft aus einer Kombination dieser Kategorien besteht und die Integrität der Sportindustrie auf komplexe Art und Weise untergraben wird. Doch welche Massnahmen sind sinnvoll und was wird konkret unternommen, um die Risiken zu mindern und die Integrität des Leistungssports zu wahren?
Bekämpfung der Korruption im Sport
Grundsätzlich gilt bei der Bekämpfung von Korruption, dass die Massnahmen nur dann als sinnvoll betrachtet werden können, wenn die Kosten nicht höher sind als der Nutzen, den sie bringen. Eine der einfachsten Möglichkeiten, Korruption zu verhindern, besteht in der Schaffung von Transparenz in den verschiedensten involvierten Prozessen. Einige andere ergriffene Massnahmen sind aus ökonomischer Sicht entweder nicht wirksam oder zumindest fragwürdig in ihrer Wirksamkeit. So zum Beispiel die Einführung von Komitees, da diese aufgrund ihrer meist geringen Mitgliederzahl anfällig für Korruption sein können. Es wurden bereits zahlreiche internationale Initiativen gegründet und Massnahmenpläne erarbeitet. Diese Anstrengungen erstrecken sich über Sportorganisationen, politische Organe und Non-Profit Organisationen hinweg. So fügte das Internationale Olympische Komitee im Jahr 2022 den «Olympic movement code on the prevention of the manipulation of competitions» zu ihrem Code of Conduct hinzu, um illegale Wetten, Matchfixing und Wettbewerbsmanipulation zu unterbinden. Die Non-Profit Organisation International Betting Integrity Association setzt sich ihrerseits seit ihrer Gründung 2005 gegen Wettkorruption und für den Schutz der Integrität des Sportsektors ein. Die Mitglieder der Organisation müssen sich rigorosen Überprüfungen unterziehen und verschreiben sich verantwortungsvollem Wettverhalten. Mehrere namhafte Korruptionsfälle führten in der Vergangenheit auch zur Kollaboration von staatlichen Behörden und Organisationen, die sich für eine betrugs- und korruptionsfreie Sportindustrie einsetzen.
Mit der zunehmenden Grösse der Sportbranche ist es also umso wichtiger, diese Transparenz in allen Bereichen zu schaffen und auch neue, zielführende Initiativen stets voranzutreiben, damit mehr Fair Play auf und neben den Sportplätzen der Welt gelebt wird.
Kommentare
0 Kommentare
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.