Information & Cyber Security, Privacy
Frau Hänggi, welche Entwicklung hat Sie 2021 überrascht?
Vor einem Jahr sagte ich an dieser Stelle, dass wir noch lange darauf warten müssen, bis es keine IT-Security-Probleme mehr geben wird. Es war zu erwarten, dass die Angriffe vieler Cyber-Kriminellen gelingen würden. Überrascht hat mich indes, wie betroffene Firmen erfolgte Angriffe sehr offen publik gemacht haben.
Wir werden mithelfen, die Widerstandsfähigkeit von KMU zu stärken.
Wie erklären Sie Ihr Fachgebiet so einfach wie möglich?
Es geht darum, sichere IT-Systeme zu bauen. Für mich ist das wie Detektivarbeit. Ich finde das sehr spannend. Dabei helfe ich nicht nur mit, Angriffe zu verhindern, sondern auch Innovationen zu ermöglichen. Oft denken Aussenstehende, wir kämpften hauptsächlich dagegen an, dass Kriminelle via E-Banking Privatpersonen Geld stehlen. Oder dass sie Viren auf privaten Laptops einschleusen.
Dabei geht es auch darum, massiven wirtschaftlichen Schäden vorzubeugen: Wie gross die Auswirkungen von Cyber-Angriffen sein können, haben wir im Frühling 2021 nach einem Hacker-Angriff auf die grösste US-Benzin-Pipeline «Colonial Pipeline » gesehen. Die Betreiberfirma musste ihre Pipelines deswegen mehrere Tage lang unterbrechen, was zu Versorgungsengpässen führte, und zahlte ein millionenschweres Lösegeld. Die Schweizer Medien sprechen derzeit oft über drohende Stromausfälle. Diese können nicht nur wegen einer Stromknappheit, sondern auch aufgrund von Cyber-Angriffen geschehen. Dagegen müssen sich die Stromversorger wappnen.
Die Kryptographie ermöglicht Innovationen.
Was ist ein typisches Vorurteil gegenüber Ihrem Fachgebiet?
Mein Gebiet ist positiver ausgerichtet, als viele Leute allgemein denken. Noch immer stosse ich oft auf das Vorurteil, dass Cyber Security eigentlich nur «störe» und ein notwendiges Übel sei. Das stimmt nicht: Etliche Anwendungen werden dank technischer Lösungen aus der Cyber Security oder der Kryptographie überhaupt erst möglich. Ich mag es, mich mit Enabling-Technologien zu befassen.
So ein Beispiel ist etwa die Covid-Tracking-App, die das Bundesamt für Gesundheit seit 2020 der Schweizer Bevölkerung zur Nutzung empfiehlt. Sie basiert auf Kryptographie. Ein weiteres Beispiel ist die elektronische Stimmabgabe: Es sind Fachleute aus der Kryptographie, die untersuchen, wie die Abläufe für ein sicheres E-Voting definiert werden müssen.
Unser Department plant, den Zuger Regierungsrat in seiner Cyber-Security-Offensive zu unterstützen.
Was gilt es in Ihrem Fachbereich im Jahr 2022 anzupacken?
Diese drei Themenbereiche sind mir fürs neue Jahr besonders wichtig:
Die Kryptographie macht grosse Fortschritte im Bereich Privacy. Nun bauen wir diese Werkzeuge aus.
Solche Entwicklungen konnten wir uns in unserer Kindheit noch nicht vorstellen. Sie dachten damals wohl kaum, dass Sie einmal Cyber-Expertin werden?
Nein, derartige Berufsbilder kannte ich als Kind noch nicht. Aber ich interessierte mich von klein auf für Technisches. Ich hatte zugleich auch Freude an Sport, Handarbeiten und fremden Kulturen: Während des Gymnasiums machte ich ein Austauschjahr in Japan, später studierte ich auf Französisch in Lausanne und arbeitete phasenweise im Ausland. Ich hätte mir als Kind viele Berufe vorstellen können. Schliesslich studierte ich Physik. In meiner Doktorarbeit befasste ich mich mit Quantenkryptographie. Sie hat mich zu meinem heutigen Fachgebiet geführt.
Zur Serie «Prognosen»: Expertinnen und Experten der Hochschule Luzern – Informatik geben einen Ausblick auf Entwicklungen in ihrem Fachgebiet.
An unsere Leserinnen und Leser: Welche Prognosen machen Ihnen Freude oder Sorge? Welche Entwicklungen streben Sie im Bereich Cyber Security und Kryptologie an? Schreiben Sie es unten in die Kommentarspalte!
Veröffentlich am 5. Januar 2022
Expertin für Cyber Security, Privacy und Quantenkryptographie: Esther Hänggi ist Dozentin und Forscherin an der Hochschule Luzern – Informatik. Die Professorin unterrichtet unter anderem Information Security Fundamentals. Hänggi forscht im Bereich Application Security & Cryptography.
Lesetipp: Mehr über Esther Hänggi und viele andere Informatikerinnen erfahren Sie in den spannenden Kurzinterviews der Initiative IT-Feuer.
Bachelor in Information & Cyber Security: Mit dem Bachelor-Studium Information & Cyber Security erwerben Sie das notwendige Fachwissen, um Unternehmen und Verwaltungen vor Hacker-Angriffen zu schützen und mit einer sicheren IT-Infrastruktur auszustatten.
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Bilden Sie sich weiter: Die Hochschule Luzern bietet zahlreiche Weiterbildungen im Bereich Information & Cyber Security | Privacy.
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