Artificial Intelligence & Machine Learning,
Unzählige Behälter gleiten akkurat hintereinander aufgereiht über lange Rollenbahnen – die Szene erinnert an einen Flughafen. Doch hier, in der Speicherbibliothek in Büron, werden keine Koffer transportiert, sondern Bücher und andere Medien. Acht Bibliotheken und Archive nutzen das automatisierte Hochregallager für mehr als drei Millionen Bücher, Zeitschriften, Dokumente sowie DVDs, CDs, LPs, Fotos und weitere Medien. Diese sind hier dauerhaft untergebracht und können entweder ausgeliehen oder nur vor Ort genutzt werden.
Trotz modernster Technik bleibt eine Herausforderung: Durch Platzhalter und die ineffiziente Verteilung bei der schnellen Ersteinlagerung bleiben bis zu 30 Prozent der Lagerfläche ungenutzt.
Um dieses Problem zu lösen, arbeitet das Systems and Software Research Lab der HSLU unter der Leitung von René Meier seit 2022 an einer Lösung. Gemeinsam mit Pascal Schulthess und Michael Handschuh entwickelt er das Projekt OPSS (Optische Platzoptimierung und Schadenerkennung Speicherbibliothek). Das Ziel: Mehr Bücher auf gleichem Raum unterbringen – ohne den bestehenden Lagerablauf zu stören.
Sobald ein Behälter ins Lager fährt, stoppt er an einer Scan-Station. Eine 3D-Kamera erfasst den Inhalt, während Segmentierungsalgorithmen den verfügbaren Platz analysieren und berechnen, wie sich der Raum optimal nutzen lässt.
Anfangs befürchtete das Team, dass die Berechnungen Tage dauern könnten. Doch der Algorithmus wurde so optimiert, dass er die Vorschläge innerhalb weniger Minuten erstellt. Da diese Berechnungen jedoch sehr rechenintensiv sind, werden sie nicht nach jedem Scan durchgeführt, sondern gebündelt einmal pro Woche. Die Mitarbeitenden können die Vorschläge dann im OPSS-System abrufen und Umstrukturierungen vornehmen.
Beim praktischen Einsatz zeigte sich eine weitere Herausforderung: Das Umsortieren wird durch den physischen Arbeitsraum der Mitarbeitenden begrenzt. «Wir haben festgestellt, dass sie maximal fünf Behälter gleichzeitig auf ihren Arbeitstischen bearbeiten können», erklärt Meier. Dies wurde ebenfalls im Algorithmus berücksichtigt.
Eine technische Herausforderung war es, die Daten präzise zu interpretieren. «In den Scans ist es nicht immer sofort ersichtlich, ob eine Lücke zwischen zwei Büchern tatsächlich freier Raum ist oder ob eng aneinanderliegende Bücher als eine Einheit erkannt werden», erklärt Meier. Die Algorithmen müssen daher kontinuierlich justiert und verbessert werden, um die Vorschläge immer präziser zu machen.
«Aktuell befindet sich das Projekt in der Testphase: Die Alpha-Version wurde bereits getestet, die erste Beta-Version soll in den kommenden Wochen folgen», sagt René Meier.
Das System soll künftig auch in einem geplanten zweiten automatisierten Behälter-Hochregallager der Speicherbibliothek eingesetzt werden. Bereits in der Planungsphase erweist sich die integrierte Höhenerkennung als wertvoll, da sie statistische Daten liefert, mit denen das neue Lagermodul optimal konzipiert und die Behälterhöhen effizient bestimmt werden können.
Der erste Impuls für das Projekt kam von Mike Märki, dem Geschäftsführer des Vereins Kooperative Speicherbibliothek Schweiz. Im Rahmen einer Bachelorarbeit an der HSLU untersuchte ein Student das Potenzial der Platzoptimierung – zunächst nur im kleinen Rahmen. Daraufhin entschied sich die Speicherbibliothek gemeinsam mit der HSLU, das Thema weiterzuentwickeln.
Das Projekt wird von Innosuisse finanziert und in Zusammenarbeit mit dem Verein Kooperative Speicherbibliothek Schweiz durchgeführt.
Die Innovation der Speicherbibliothek sorgt auch international für Aufsehen: Das Projekt wurde bereits auf Fachkongressen in Wien und Barcelona präsentiert.
Veröffentlicht: 3. März 2025
Von: Yasmin Billeter
Co-Head Systems and Software Research Lab
René Meier ist Co-Leiter des Systems and Software Research Lab an der HSLU und Experte für mobile Systeme, Smart Systems und Softwarearchitekturen.
Das Systems and Software Research Lab der Hochschule Luzern entwickelt innovative Lösungen in den Bereichen IoT, Edge- und Cloud-Computing, Smart Systems und Industry 4.0.
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