Von Claudia Hiestand
Tim Schmid kann andere mitreissen. Diese Fähigkeit ist zentral für seine Arbeit an der Hochschule Luzern (HSLU). Dort leitet er die Nachwuchsaktivitäten in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, kurz MINT. Allerdings geht es ihm nicht darum, Talente zu suchen. Vielmehr möchte er allen Kindern und Jugendlichen zeigen, wie spannend und vielfältig MINT ist.
Schauen Sie rein, diesen Samstag in Rotkreuz ZG: Am 24. Mai 2025 wetteifern technikbegeisterte Kinder und Jugendliche am Regionalwettbewerb der World Robot Olympiad (WRO). Tim Schmid ist Mitorganisator. Auf diesem Bild jubeln Teilnehmende des letztjährigen Regionalwettbewerbs der WRO.
Damit der Funke überspringen kann, muss er zuerst mit einem weit verbreiteten Klischee aufräumen: «Viele denken, Informatikerinnen und Informatiker seien Nerds, die allein im dunklen Keller sitzen. Dabei ist Informatik ein sozialer Beruf. Man arbeitet im Team, entwickelt gemeinsam Ideen und Lösungen.» Der 30-Jährige trägt so massgeblich dazu bei, das Image von Informatik und Technik zu verändern. Dass er den Weg an die HSLU eingeschlagen hat, war jedoch nicht geplant. Es war seine Schwester, die ihm den entscheidenden Impuls gab.
Leiter MINT-/Nachwuchsaktivitäten, Berufsbilder Informatik und Mediamatik an der Hochschule Luzern – Informatik (HSLU I)
Tim Schmid ist gelernter Informatiker Fachrichtung Applikationsentwickler EFZ, inklusive Berufsmaturität. Bis vor Kurzem war er auch in der Mitwirkungskommission der HSLU aktiv. Diese vertritt die Anliegen der Mitarbeitenden. In seiner Freizeit engagiert sich Schmid in der Sozialdemokratischen Partei, beim Verein ProVelo und bei PinkCross Schweiz.
Vielseitig interessiert – Hauptsache, es geht um Menschen
Bevor er selbst Informatiker wurde, hatte auch er verschiedenste Berufsrichtungen erwogen: «Ich interessiere mich oft für vieles gleichzeitig», sagt er. «Mal wollte ich Masseur werden, mal Physiotherapeut, mal Soziale Arbeit studieren.» Schliesslich entschied sich Schmid für eine Informatiklehre mit Schwerpunkt Applikationsentwicklung. Schon bald aber wusste er, dass er als Programmierer nicht glücklich werden würde. Der Alltag vor dem Bildschirm, wenig zwischenmenschlicher Austausch, das fühlte sich nicht richtig an.
Schmid landete im IT-Support bei Schindler Aufzüge. «Dort erkannte ich, wie wichtig es ist, den Mitarbeitenden ein effizientes Arbeiten zu ermöglichen.» Dann kehrte er zu seinem Lehrbetrieb, der KMS in Kriens, zurück. Dort war er für das Quellensteuermodul zuständig, aber ihm fehlte erneut der direkte Kontakt zu Menschen. Inmitten der Corona-Pandemie zeigte ihm seine Schwester ein Stelleninserat der HSLU. «Zuerst war ich skeptisch, aber dann dachte ich: Das klingt spannend.»
Mit den eigenen Perspektiven etwas bewirken
Jahre später ist Schmid noch immer dankbar um den Impuls seiner Schwester: «Ich bin stolz, an der HSLU zu arbeiten», sagt er. «Wir haben einen coolen Campus, ein dynamisches Team und eine Leitung, die viel ermöglicht.» Besonders wertvoll sei für ihn auch, dass seine Meinung gehört werde, obwohl er keinen akademischen Abschluss hat. «Ich kam hierher und um mich herum waren Master-Absolventinnen und Doktoranden. Ich brauchte ein Jahr, um richtig anzukommen. Aber meine Kolleginnen und Kollegen schätzen, was ich einbringe.»
Faszination Wein: Ausbildung zum Weinexperten
Abseits von der Hochschule findet Schmid den Ausgleich in seinem Garten, in der Küche und beim Wein. Seit kurzem bildet er sich nebenberuflich zum Weinexperten/Sommelier aus. «Meine Tante hat einen Weinhandel. Die Arbeit der Winzer, die Geschichte uralter Weinregionen, der Weg der Weintraube vom Rebstock in die Flasche, all das finde ich faszinierend.»
Nach der Hochschule heim zum Hochbeet: Das Abendessen ist selbst gezogen
Wenig überraschend gehört für Schmid zu einem guten Glas Wein auch gutes Essen – am liebsten selbst zubereitet, mit Zutaten aus dem eigenen Garten. In seinen Hochbeeten mitten in der Stadt Luzern zieht er Tomaten, Salate und anderes Gemüse. «Es ist ein tolles Gefühl, das, was du selbst angebaut hast, in einem Gericht zu verarbeiten.»
Die Förderung von MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) ist ein wichtiges Anliegen der HSLU. Die Abteilung Informatik organisiert Workshops und Events, um jungen Menschen die Welt der Informatik und Technik näherzubringen. Die Angebote sind für Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 18 Jahren konzipiert.
Die verschiedenen Workshops bieten den Teilnehmenden praktische Einblicke in verschiedene Bereiche von Informatik und Technik. Sie dauern einen halben oder einen ganzen Tag und sind inhaltlich flexibel anpassbar, damit sie den unterschiedlichen Bedürfnissen der Teilnehmenden gerecht werden. Für ältere Jugendliche geht es verstärkt um die Studienwahl und die Einführung in verschiedene Studienrichtungen.
Veranstaltungen:
Diesen Samstag, am 24. Mai 2025 findet wieder die World Robot Olympiad statt: Das ist ein Robotik-Wettbewerb für technikbegeisterte Kinder und Jugendliche von 7 bis 19 Jahren.
Den Jugendlichen als Event Manager greifbare Eindrücke ermöglichen
Nicht nur im Garten kümmert sich Schmid um Wachstum: Beruflich begleitet er Jugendliche und Lernende auf ihrem Weg. Als Nachwuchsförderer organisiert Schmid an der HSLU hauptsächlich Veranstaltungen. Die Teilnehmenden seiner Workshops und Events sollen einen echten, greifbaren Eindruck davon bekommen, wie vielseitig und zugänglich der MINT-Bereich ist. Das gelingt ihm offensichtlich: «Die Kinder sind voll dabei und oft unglaublich konzentriert. Das ist das Schöne an meiner Arbeit.» Die Begeisterung der Kinder treibt Schmid an und motiviert ihn, immer wieder innovative Konzepte zu entwickeln, oft mit viel Entschlossenheit. «Ich kann ziemlich stur sein, wenn ich eine Idee habe.»
Dass er heute Eventformate entwickelt, ist kein Zufall: Schmid liebt es, kreative Konzepte zu entwerfen, Menschen zu begeistern und Dinge von Grund auf aufzubauen. Diese Leidenschaft untermauert er nun mit einer Weiterbildung: Ab Herbst 2025 bildet er sich berufsbegleitend am KV Luzern zum Event Manager weiter.
Eine neue Normalität schaffen: Mädchen sollen sich ihren Raum nehmen
Was Schmid auffällt, ist das unterschiedliche Verhalten von Mädchen und Jungen, die die MINT-Workshops besuchen. «In gemischten Gruppen sind Mädchen oft sehr zurückhaltend, wenn sie ihre Ergebnisse präsentieren.» Bei geschlechtergetrennten Workshops merkt er: Mädchen sind mutiger und treten selbstbewusster auf. «Mädchen müssen in der MINT-Welt nicht nur teilnehmen, sie sollen sich auch zeigen, sich Raum nehmen dürfen.» Deshalb betreibt Schmid Mädchenförderung, wenn auch nicht explizit. Vielmehr will er eine neue Normalität schaffen: Informatik und Technik eignen sich für alle, unabhängig vom Geschlecht.
Bildungspolitisch motiviert – für neue Weg in der Berufsbildung
Neben der Organisation von Events und Workshops ist Schmid auch für die Informatik- und Mediamatik-Lehrstellen an der HSLU verantwortlich. «Wenn die Lernenden entdecken, wie spannend Informatik sein kann, finde ich das einfach toll.» Was ihn an der Berufsbildung besonders fasziniert, ist die Vielfalt. «Kein Tag ist wie der andere.» Schmid bekennt sich zur Schweizer Berufsbildung, auch wenn sie in seinen Augen ihre Schwächen hat. Er will seinen Teil zum Erfolg dieses Systems beitragen.
Mediamatik-Lernende sollen bei uns eine wirklich starke Ausbildung erhalten.
Dabei sieht er sich als Dienstleister für die Jugendlichen. «Ich will, dass die Lernenden nach vier Jahren sagen können: Ich habe eine wirklich starke Ausbildung erhalten.» Künftig will er MINT-Förderung und Berufsbildung stärker miteinander verbinden. «Warum nicht unsere Lernenden auch bei der Durchführung von Workshops einsetzen? Unsere angehenden Mediamatikerinnen und Mediamatiker könnten zum Beispiel die Workshops filmen und den Instagram-Account des Departements betreuen.»
In der Politik engagiert, im Garten entspannt
Neben der Arbeit ist Schmid politisch interessiert, auch wenn er heute kein Amt mehr ausübt. «Ich war zwei Jahre bei SP Queer aktiv. Aber die politischen Prozesse sind träge. Du hast ständig Gegenwind. Das hat mich ausgelaugt. Trotzdem finde ich es notwendig, mich zu engagieren. Vielleicht tue ich das in Zukunft wieder.» Der Rechtsrutsch in der Schweiz macht ihm Sorgen. «Ich kannte das gar nicht, dass es auch rückwärts gehen kann. Das ist erschreckend. Vor allem die Angriffe auf trans Personen machen mir Angst.»
Ausgleich findet Schmid im Garten. «Ich schätze die Einfachheit der Dinge. Vielleicht liebe ich deshalb das Gärtnern so sehr. Es ist entspannend, etwas mit meinen Händen zu schaffen.» Ruhe findet er aber auch im Alleinsein. «Ich bin nicht scheu, aber introvertiert. Ich brauche viel Zeit für mich.» Vor Kurzem ist sein Partner bei ihm eingezogen. «Das ist schön, aber ich muss mir immer wieder meinen Raum nehmen.»
Bei sich und den Jugendlichen: für berufliche Vielfalt und Begeisterung einstehen
Wer mit ihm spricht, merkt: Schmid fängt rasch Feuer für Neues. Er fragt sich manchmal, wohin die Reise noch gehen soll. «Vielleicht baue ich einmal einen eigenen Weinhandel auf. Ein Haus im Tessin oder in Italien, mit Garten und Weinberg, das wäre ein Traum. Oder ein Bed & Breakfast. Wobei es bei mir eher ein Bed & Dinner wäre. Das Abendessen liegt mir mehr als das Frühstück.» Fürs Erste bleibt er aber, was er heute ist: MINT-Förderer, der die junge Generation für eine Welt begeistert, die oft komplizierter erscheint, als sie eigentlich ist.
Zur Serie «Mitarbeitende mit Doppelleben»: Hier zeigen wir Mitarbeitende mit aussergewöhnlichen Hobbys oder Berufen.
Veröffentlich am: 21. Mai 2025
Berufsbildung am Informatik-Departement: Die Hochschule Luzern – Informatik bildet in ihrem Departement am Campus Zug-Rotkreuz Lernende in den folgenden Berufen aus:
Studieren, sich weiterbilden und forschen: Die Hochschule Luzern – Informatik bietet Bachelor- und Master-Studiengänge, anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung sowie Weiterbildungsangebote der Informatik und Wirtschaftsinformatik auf einem Campus.
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