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Programmierst du noch oder «vibest» du schon?

Programmierst du noch oder «vibest» du schon?
Vibe-Coding: Surfen auf der Code-Welle – aber kein Freifahrtschein (Bild: KI generiert).

«Vibe Coding» ist mehr als ein neues AI Buzzword – es kann ein Game-Changer sein. Noch nie war es so einfach, funktionierende Anwendungen so schnell zu bauen. Aber: Wer nur konsumiert und zu viel delegiert, riskiert den Überblick zu verlieren. Ein Erfahrungsbericht eines CAS-Teilnehmers.

Von Roland Eschmann, Teilnehmer des CAS Software Development with AI & NoCode

Stundenlang googeln, Stack Overflow durchforsten, Referenzen durchsuchen – das war früher. Heute beschreibe ich in einem Prompt, was ich erreichen will – und eine KI schreibt den Code. Willkommen im Zeitalter des Vibe Coding.

Der neue Flow in der Software-Entwicklung

Vibe Coding steht für einen intuitiven, kollaborativen Programmierstil mit KI-Unterstützung. Der Begriff ist noch jung. Laut dem deutschen Fachmagazin t3n wurde er erstmals von Andrej Karpathy geprägt – bekannt als früheres führendes Mitglied des Autopiloten-Teams von Tesla und als Mitentwickler von OpenAI.

Vibe Coding, auch Agentic Engineering genannt, ist weit mehr als ein Trend. Es ist eine neue Methode, Software zu entwickeln, die auch Nicht-Programmierende anwenden können. Unser CAS befähigt Fachleute mit unterschiedlichem Vorwissen, hochwertige Programme zu erstellen.

Björn Näf, Programmleiter im CAS Software Development with AI & NoCode

Im Februar 2025 postete Karpathy auf der Social-Media-Plattform X sinngemäss: «Es gibt eine neue Art zu coden, die ich ‘vibe coding’ nenne. Man lässt sich einfach auf die Schwingungen ein […] und vergisst, dass man überhaupt Code schreibt.»

Der KI-Experte Andrej Karpathy verwendet den Begriff «vibe coding», um die neue Art des Programmierens mit KI zu beschreiben (Bild: Screenshot seines X-Beitrages).

Es geht also darum, beim Programmieren in einen «Flow-Zustand» zu kommen – nicht trotz, sondern mit künstlicher Intelligenz. Die Anlehnung an das Wort «Vibe» soll genau dieses Gefühl beschreiben: Man «vibed» sich durch das Projekt.

Was genau ist Vibe Coding?

Vibe Coding ist nicht einfach «Code mit KI schreiben». Es ist ein dialogischer Prozess:

  • Ein Problem wird in Alltagssprache beschrieben.
  • Code wird durch KI generiert, ergänzt oder erklärt.
  • Es wird iteriert – im Flow, wie in einem Gespräch mit dem Entwicklungsteam.

Das Ergebnis ist mehr als nur schneller Code: Es entsteht ein Gefühl von Kreativität, Effizienz und oft sogar Leichtigkeit. Es ist nicht einfach: Prompt schreiben – Code kopieren, sondern im Dialog das Projekt zusammen entwickeln. Das macht Vibe Coding aus meiner Sicht so attraktiv.

Cursor: Der Editor denkt mit

Cursor ist ein Code-Editor, der GPT-4 (und weitere Modelle in der Pro-Version) nicht nur integriert, sondern rund um die KI-Einbettung gebaut wurde. Technisch basiert er auf Visual-Studio-Code, fühlt sich aber ganz anders an – weil du hier nicht allein coden musst, sondern mit einer Art virtuellem Pair-Programmer arbeitest.

Was Cursor besonders macht:

  • Nutzende können in natürlicher Sprache Anweisungen geben – direkt im Editor.
  • Cursor hilft ihnen, Funktionen zu schreiben, Code zu verstehen, umzustrukturieren oder zu testen.
  • Die KI erklärt den Nutzenden auch fremden oder komplexen Code auf Knopfdruck.
  • Statt nur Vorschläge zu liefern, reagiert Cursor kontextabhängig und interaktiv.

Damit wird Entwickeln weniger zu einer Tipp-Arbeit und mehr zu einem Dialog – zwischen dir und der KI.

Weitere Tools im Vibe-Coding-Ökosystem

Ich habe mich mit Cursor auseinandergesetzt, es gibt daneben aber viele weitere Tools, die den Vibe-Coding-Ansatz verfolgen (eine nicht abschliessende Liste, zum Zeitpunkt Juni 2025):

  • Lovable: Plattform zur Kombination von UX/UI-Design und Codegenerierung, stark bei grafischen Benutzeroberflächen
  • Replit ai: Browserbasierter Code-Editor mit integrierter Ghostwriter-KI für Vorschläge und Vervollständigungen
  • bolt: Tool zur schnellen Codegenerierung, optimiert MVP-Entwicklung
  • Windsurf: KI-gestützter Editor mit Fokus auf Kollaboration, intelligentem Autocomplete und Kontextverständnis

Meine eigene Erfahrung – ein echter Boost

Ich wollte eine einfache Web-App bauen. Früher hätte ich dafür wahrscheinlich Tage gebraucht und mich mit viel Recherche auf Foren und Referenzen herumgeschlagen. Mit Cursor war die App an einem Nachmittag lauffähig. Ich war erstaunt, wie schnell ich mit wenig technischem Detailwissen so weit kam.

Aber es gab auch Aha-Momente:

  • Die KI nutzte viele Libraries, die ich nicht gewählt hätte.
  • Manche Lösungen waren zu komplex für das eigentliche Problem.
  • Oft wäre der Standardweg einfacher und wartungsfreundlicher gewesen.

Vibe Coding ist (noch) kein Freifahrtschein

Trotz aller Euphorie ist Vibe Coding kein Ersatz für:

  • Software-Architektur
  • Sicherheit und Datenschutz
  • Verständnis von Libraries und Abhängigkeiten

Ein Beispiel: Wenn die KI zehn Imports macht, aber drei reichen würden – wer merkt es? Wer nicht versteht, was passiert, verliert schnell den Überblick.

Vibe Coding: Chancen und Grenzen in der Übersicht

Vorteile:

  • Schneller Einstieg für Neulinge
  • Massive Zeitersparnis
  • Höhere Produktivität für erfahrene Entwickler und Entwicklerinnen
  • Inspiration durch KI-Vorschläge

Risiken:

  • Verwirrende oder unnötige Library-Flut
  • Unverständlicher Code
  • Verständnisverlust über den «eigenen» Code,
  • Fehler werden nicht oder erst nach langem Suchen erkannt  

Zwischen Innovation und Verantwortung

Vibe Coding ist kein Hype – es ist der Anfang einer neuen Zeit in der Software-Entwicklung. Wer heute KI-gestützt entwickelt, kann schneller Prototypen bauen, mehr ausprobieren und kreativer arbeiten. Aber es braucht Verantwortung: Wer Code produziert, sollte ihn auch verstehen.

Vibe Coding ist ein Game-Changer – aber bei diesem Game sollten auch menschliche Spielerinnen und Spieler auf dem Feld stehen, die mitdenken und den Überblick über das gesamte Spielfeld behalten.

Hinweis: Der Autor verfasste diesen Beitrag im Rahmen eines Leistungsnachweises für das CAS Software Development with AI & NoCode. Er veröffentlichte ihn am 5. Juni 2025 im Weiterbildungs-Blog der HSLU. Der Beitrag wurde geprüft, redaktionell aufbereitet und am 30. Oktober 2025 hier im Informatik-Blog erneut veröffentlicht.

Porträtbild von Roland Eschmann

Roland Eschmann arbeitet bei der Swisscom im Marketing als Scrum Master und Agile Coach. Er bloggt aus dem Unterricht des CAS Software Development with AI & NoCode.

Software entwickeln ohne Programmierhintergrund: Das CAS Software Development with AI & NoCode zeigt, wie sich mit KI- und NoCode-Tools schnell und professionell Software entwickeln lässt. Die Teilnehmenden lernen, Anwendungen zu verstehen, zu gestalten und gezielt einzusetzen – auch ohne klassische Programmierausbildung. Sie erfahren, wie Software funktioniert, wie Künstliche Intelligenz und NoCode Entwicklungsprozesse verkürzen und wo die Grenzen liegen. Zudem lernen sie, Citizen Development anzuwenden und mit professionellen Entwicklerinnen und Entwicklern zusammenzuarbeiten. Die Weiterbildung ist praxisnah und auf reale Projekte ausgerichtet. Fachleute aus der Praxis zeigen, wie moderne Softwareentwicklung heute funktioniert.

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