Studium

Didaktik als Performance: Frontalunterricht war gestern

Klaus-Dieter Gronwald, Forschungsdozent an der Hochschule Luzern – Informatik, hat 2014 ein Konzept umgesetzt, das Integrierte Business-Informationssysteme einfacher zugänglich macht. Konkret geht es darum, mittels Game-basiertem Unterricht die verschiedenen Aspekte des Problems (Enterprise Resource Planning ERP, Supply Chain Managment SCM, Customer Relationship Management CRM, Business Intelligence BI, Big Data Analytics) erfahrbar zu machen. Dank der Unterstützung durch Christof Arn, Leiter der Fachstelle für Hochschuldidaktik an der Hochschule Luzern, entstand ein Konzept, welches nicht nur fachlich sondern auch didaktisch überzeugt.

2015 hat der Springer-Verlag die Arbeit in Buchform publiziert. «Integrierte Business-Informationssysteme» kombiniert neueste Methodik mit einer speziell für das Buch entwickelten Gaming Website (www.kdibis.com),  erscheinen wird. Eine englischsprachige Ausgabe ist in Vorbereitung.

Ausgangslage

ERP, SCM, CRM, BI und Big Data Analytics sind unternehmerische Aufgaben und Prozesse, die mit Hilfe standardisierter Softwaresysteme realisiert werden. Sie sind eng miteinander vernetzt und setzen interdisziplinäre Teams von Sales, Marketing, Produktion und Technik voraus. Das erfordert einen ganzheitlichen Lehransatz, der die gesamte Versorgungskette vom Lieferanten bis zum Kunden transparent macht. Traditionelles Tool-Training ist dafür nicht geeignet.

Rollenspiel und Gaming

Die Teams sind die Geschäftsleitungen von vier Personen im Wettbewerb stehenden Bierproduzenten mit einer vollständigen Supply Chain von Produktion bis zu vier Einzelhandelsgruppen. Die Dozierenden spielen eine aktive und herausfordernde Rolle im Spiel als Verwaltungsrat, an den die Geschäftsleitungen durchschnittlich dreimal während des Semesters rapportieren (Didaktik als Performance).

Das Konzept basiert auf einer Kombination von Fakten und Fiktion und wird derzeit für die deutschsprachigen Länder Schweiz, Deutschland, Österreich angeboten. Warum Bier? Das ist eine längere Geschichte und kann auf Anfrage (info@kdibis.com) erzählt werden.

Das Szenario

Vier Investorengruppen haben sich je eine Brauerei, einen Grossverteiler, einen Verteiler und vier Einzelhandelsgruppen zusammengekauft. Es ist eine typische Merger-Acquisition- (MA)- Situation mit inhomogenen Geschäftsprozessen, IT-Landschaften, Produktportfolios und Stammdaten.

Erste Aufgabe

Die Geschäftsleitungen organisieren sich selbst als Profitcenterleiter. Das bedeutet nicht nur Wettbewerb mit den anderen Gruppen, sondern auch intern mit dem Ziel der eigenen Gewinnmaximierung. Sie analysieren die Vorjahresergebnisse und entscheiden sich für eine geeignete M&A-IT-Integrationsstrategie, entwickeln eine ERP-Strategie, mit der Optimierung des hier wesentlichen Geschäftsprozesses „Order-To-Cash“, entwickeln ein Stammdatenkonzept, machen eine Portfoliobereinigung und präsentieren das an einem ersten „Board-Review-Meeting“ vor dem Verwaltungsrat.

Erstes Game

Es wird ein Geschäftsjahr in der aktuellen nicht optimierten Situation gespielt. Basis ist eine modifizierte Form des am MIT entwickelten „Beer Game“, welches gern an vielen Hochschulen (mittlerweile auch online) gespielt wird und im Wirtschaftsstudium der Demonstration des „Bullwhip-Effekts“ dient. Hier ist das Ziel die Vermeidung dieses Effekts, mit wenig Erfolg (was gewünscht ist).

Grundlagen

Analyse und Entwicklung von Supply Chain Management (SCM) Grundlagen: Die Studierenden analysieren ihre Ergebnisse und lernen die wesentlichen Grundlagen des SCM kennen: Forecasting, Demand Management und Inventory Management. Sie optimieren ihre Supply Chains mit diesen Parametern.

Zweites Game

Mit voller Transparenz auf ihre Supply Chains und unter Verwendung ihrer erarbeiteten Optimierungsparameter spielen Sie ein weiteres Fiskaljahr teilautomatisiert durch.

Analyse und zweites Board Review Meeting

Die Ergebnisse der zweiten Runde und die finalen Parameter für die Vollautomatisierung werden dem Verwaltungsrat vorgestellt und auch ihre Geschäftsergebnisse, die sich mittlerweile stark voneinander  unterscheiden. Sie bilden die Ausgangsbasis für die letzte Runde, bei der sie in den direkten Wettbewerb mit den anderen drei Gruppen treten.

CRM, BI und Big Data Analytics

Parallel zu dem in den zwei anderen Kursteilen “Logistik” und “Marketing” Gelernten erarbeiten die Studierenden die Grundlagen vom Customer Relationship Management (CRM), Business Intelligence (BI), Big Data Analytics als Entscheidungshilfsmittel für Marketing, Kundenbindung und Sales. Beispiel: eine Marketingaktion kostet CHF 500’000.-. Sie bringt lokal einen Umsatzzuwachs von 20 Prozent, wobei sie in einem gesättigten Markt je 5 Prozent von den Konkurrenten stehlen, und den Rest von den Grossbrauereien. Wenn eine weitere Gruppe gleichzeitig eine Marketingaktion für dasselbe Produkt plant, kompensieren sich die Aufwände zumindest teilweise. Eine frühe und rasche „Realtime“ Analyse der Marktsituation und des Wettbewerbs ist erfolgsentscheidend.

Letztes Board Review Meeting und Analyse

Die Geschäftsergebnisse werden analysiert und vor dem Verwaltungsrat präsentiert, das schliesst vor allem einen Massnahmenkatalog für die weitere Verbesserung mit ein.

Entscheidungsprozesse bewerten

Wichtig ist, dass nicht diejenigen mit den besten Ergebnissen am besten bewertet werden, sondern wie sie ihre Ergebnisse analysieren, verteidigen und Verbesserungsvorschläge unterbreiten. Das heisst, auch wenn ein Team sein Unternehmen in Grund und Boden gefahren hat, kann es die beste Bewertung erreichen. Optional kann ein schriftlicher Abschlussbericht verlangt werden.

Erarbeitung des Lernstoffs

Diese erfolgt ausschliesslich im begleiteten und unbegleiteten Selbststudium auf der Basis des Theoriematerials im Buch und online, vielfach unter Verwendung von Case-Studies und wenn nötig auch von Internetquellen.

Dieser Post basiert auf dem Original-Post im IWI-Blog.

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