Am 8. Juni 2015 versammeln sich in San Francisco Software-Entwickler aus aller Welt anlässlich der Apple World Wide Developer Conference (WWDC). Mit Spannung werden von Apple neue Betriebssystemversionen und verbesserte Programmierwerkzeuge erwartet.
Bei der letztjährigen Entwicklerkonferenz hat Apple für die Entwicklung von iOS-Anwendungen die neue Programmiersprache Swift vorgestellt. Zuvor hatten die Entwickler keine Wahl: Für die Erstellung von nativen Applikationen waren Kenntnisse in der Programmiersprache Objective-C notwendig, da die vom System zur Verfügung gestellten Programmierschnittstellen in dieser Sprache vorlagen. Objective-C war vor allem aufgrund seiner Syntax bei vielen Entwicklern nicht besonders populär. Die von Smalltalks-Nachrichten-Semantik inspirierten eckigen Klammern lösten Nasenrümpfen aus oder schreckten gar ganz vor dem Erlernen dieser Sprache ab.
Swift bietet gegenüber Objective-C mehr Typ-Sicherheit und einige weitere Annehmlichkeiten wie beispielsweise Typinferenz, Zugriffskontrolle oder Optionals. Und vor allem bietet Swift eine Syntax und (funktionale) Sprachmöglichkeiten, welche viel näher an anderen populären Sprachen wie Java, C# oder Ruby sind, was z. B. Methodenaufrufe, Klassendeklarationen oder Closures betrifft. Die App-Entwicklung wird durch Swift damit nicht einfacher, aber den Entwicklern steht damit eine ausdrucksstärkere und sicherere Programmiersprache zur Verfügung. Swift befindet sich syntaktisch im aktuellen Sprachen-Mainstream und erleichtert die Entwicklung von Apps.
Swift ist eine proprietäre Sprache, deren Weiterentwicklung allein von Apple vorangetrieben wird. Apple verbreitet Zahlen, die die Popularität von Swift beweisen sollen; dieses Idiom soll schon bald zu den 20 populärsten der Welt gehören. Bei der starken Marktposition von Apple kann das nicht überraschen. Swift ist für die Apple-Plattformen ausgelegt, doch es ist wenig wahrscheinlich, dass die Sprache ausserhalb der Apple-Welt Anhänger finden wird.
Bei einem Angebot von Millionen von mobilen Apps ist es schwer, mit Apps oder deren Entwicklung Geld zu verdienen. Erschwerend kommt hinzu, dass sehr viele Apps gratis oder sehr billig sind. Der App-Store von Apple ist kommerziell nach wie vor erfolgreicher als Google Play, dahinter klar abgeschlagen der Windows Phone Store.
Google hat an seiner Entwicklerkonferenz letzte Woche mit Cocoapods eine neue Möglichkeit vorgestellt, wie Google-Dienste wie Analytics, Cloud Messaging oder Maps einfacher in iOS-Apps eingebunden werden können. Und Ende April hat Microsoft verkündet, dass iOS-Apps einfach für Windows 10 umgebaut werden könnten und dass Android-Apps sogar direkt darauf laufen sollen.
Es dürfte Apple gelingen, die eigenen Entwickler für Swift zu begeistern. Ob die Firma darüber hinaus mit Plattform-unabhängigen Programmierwerkzeugen auch die Anhänger anderer Betriebssysteme für sich zu gewinnen vermag, ist eine Frage, auf die nächste Woche die WWDC Antworten zu liefern verspricht.
* Ruedi Arnold beschäftigt sich als Informatik-Dozent an der Hochschule Luzern mit Android- und iOS-Programmierung.
Der Artikel «Wie Apple Entwickler an sich bindet» von Ruedi Arnold ist erstmals am 3. Juni 2015 auf nzz.ch erschienen.
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