Lebenslanges Lernen wird in der Schweiz laut einer Studie stark unterschätzt. Warum es so wichtig ist, immer wieder Neues zu lernen, welche Fähigkeiten gefragt und welche Angebote im Trend sind, erklärt Prof. Ursula Sury.
Dem Schweizer Arbeitsmarkt geht es blendend. Er ist geprägt durch tiefe Arbeitslosigkeit, hohe Löhne und gut qualifizierte Arbeitskräfte. Doch in naher Zukunft stehen grosse Bewährungsproben an: Die Digitalisierung fordert neue Kompetenzen und die immer älter werdende Gesellschaft muss besser in den Arbeitsmarkt integriert werden. Weiterbildungen und lebenslanges Lernen werden somit wichtiger denn je. So beschreibt es die europaweiten Studie «Motiviert, optimistisch und pflichtvergessen» von Deloitte.
Demnach haben 30 Prozent der befragten Schweizerinnen und Schweizer im letzten Jahr an keiner Weiterbildung teilgenommen. Ein hoher Wert, mit dem das Land etwas über dem europäischen Durchschnitt liegt. Es zeigt sich dabei eine Abhängigkeit vom Ausbildungsniveau.
«Lebenslanges Lernen ist eine persönliche Haltung»
«Weiterbildung ist in der heutigen Zeit enorm wichtig, weil sonst die nötigen Skills fehlen», sagt Prof. Ursula Sury, Leiterin Weiterbildung und Vizedirektorin der Hochschule Luzern – Informatik. «Lebenslanges Lernen» sieht Sury jedoch nicht als Aktivität, sondern als persönliche Haltung, welche «die wichtigste Voraussetzung für Lebenslanges Lernen überhaupt» sei.
«Arbeitnehmende sollten mindestens eine Weiterbildung pro Jahr machen. Kleinere Sachen ständig und alle paar Jahre etwas Grösseres.»
Prof. Ursula Sury
Ob Lesen, Konferenzen, E-Learning, Intensivwochen, CAS, MAS oder Massive Open Online Courses (Moocs) – die Formen sich weiterzubilden sind vielfältig. «Arbeitnehmende sollten mindestens eine kleinere Weiterbildung pro Jahr absolvieren, beispielsweise im Rahmen eines ein- bis mehrtägigen Fachkurses. Einen grossen Mehrwert haben auch fachspezifische Bücher oder Videos. Um auf dem Arbeitsmarkt längerfristig attraktiv und im Fachgebiet up-to-date zu bleiben, sollte man idealerweise alle paar Jahre eine grössere Weiterbildung in Angriff nehmen», sagt Sury. Die Wahl der Weiterbildung dürfe dabei nicht überbewertet werden, «die Hauptsache ist, dass man sein Wissen laufend erweitert».
Auch Weiterbildungen, die keinen Bezug zur aktuellen Stelle haben, findet Sury sinnvoll. «So entstehen andere neurologische Verknüpfungen.» Wer trotzdem unsicher ist, in welchem Bereich er sich weiterbilden soll, dem kann das HR oder die Laufbahnberatung weiterhelfen. Wer schon weiss, wohin die Reise gehen soll, kann Info-Veranstaltungen besuchen und bei spezifischen Fragen zu Berufschancen Kursleiterinnen und Kursleiter ansprechen.
Von Hard und Soft Skills
Verbesserungsbedarf sehen die Schweizer Arbeitnehmenden laut der Deloitte-Studie vor allem bei den Hard Skills, wie «fortgeschrittene IT-Kenntnisse» oder «technisches Wissen». Bei den Soft Skills wie «Problemlösungsfähigkeit» und «Teamwork» sehen wenige den Bedarf. Inwieweit die Selbsteinschätzung einem realistischen Bild entspricht, sei laut Studie fraglich. Wenn es um Sozialkompetenzen geht, überschätzen sich die Leute oftmals, heisst es. Auch Sury ist dieser Meinung und betont, dass Soft Skills wie «Kreativität» und «Problemlösungsfähigkeit» in Weiterbildungen an der Hochschule und speziell auch in den Smart-Steps geschult werden.
Trends in der Weiterbildung
Die beliebtesten Weiterbildungen an der Hochschule Luzern – Informatik waren 2018 das CAS Blockchain und das CAS Information Security – Technology. Der Blockchain-Trend sei nun schon wieder etwas abgeflacht, wie Sury sagt. «Aktuell ist das CAS Maschine Learning der Renner». Eine wichtige Komponente eines Kurses ist es, im Team an Fällen zu arbeiten. «Dies wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Die Methoden werden jedoch immer mehr auch softwaregestützt sein und Laborsituationen beinhalten», sagt Sury.
Die Initiative sollte vom Mitarbeitenden ausgehen
Der Ruf nach dem Staat oder dem Arbeitgebenden, der sich um das Thema Weiterbildung kümmern soll, ist laut der Deloitte-Studie gross. Eine Entwicklung, die Ursula Sury nachdenklich stimmt. «Viele haben das Gefühl, der Arbeitgeber schaut dann schon.» Die Initiative solle auf jeden Fall von den Mitarbeitenden ausgehen. «Sie müssen sich überlegen, was ihnen fehlt, um geeignete Strategien in Bezug auf ihre berufliche Zukunft zu entwickeln.» Die Arbeitgeberin könne die Weiterbildung gegebenenfalls zeitlich oder finanziell unterstützen, dies sei jedoch nicht selbstverständlich, so Sury.
Diese Kompetenzen sind in Zukunft gefragt
Zu den Jobs der Zukunft sagt Myriam Denk, Leiterin «Future of Work» bei Deloitte Schweiz: «Tätigkeiten werden abwechslungsreicher, interaktiver und komplexer. Die Nachfrage nach Beschäftigten mit ausgeprägten Kompetenzen im Bereich Kreativität, soziale Intelligenz sowie im Umgang mit digitalen Technologien steigt. Wir sehen schon heute Unternehmen – zum Beispiel aus der Gesundheits- oder ICT-Branche – die Schwierigkeiten haben, genug Arbeitskräfte mit den richtigen Skills zu finden.» Obwohl die ICT-Branche mit Rekrutierungsschwierigkeiten kämpft, sei die Weiterbildung in dieser Branche nicht wichtiger als andernorts, sagt Sury. «Weiterbildung ist ein branchenübergreifendes Thema, da alle Branchen von der Digitalisierung betroffen sind.»
Die Sorge, dass Berufsbilder durch die Digitalisierung ganz verschwinden, ist in der Schweiz schwach ausgeprägt. Einerseits sei es zwar positiv zu werten, dass Schweizerinnen und Schweizer wegen der Digitalisierung nicht in Panik ausbrechen, so die Studie. Andererseits dürfen die Herausforderungen jedoch auch nicht unterschätzt werden.
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