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«Wir konnten die Geschwindigkeit unserer Systeme um Faktor 10 erhöhen»

«Wir konnten die Geschwindigkeit unserer Systeme um Faktor 10 erhöhen»
Daniel Müller, Arcmedia würde sofort wieder mit der Hochschule Luzern zusammenarbeiten.

Seit dem 1. Oktober 2014 arbeiten die Agentur Arcmedia und die Hochschule Luzern daran, Online-Shop-Nutzenden präzisere präferenzbasierte Kaufempfehlungen zu machen.

Hochschule Luzern: Herr Müller, wie ist die Zusammenarbeit zwischen Arcmedia und der Hochschule Luzern entstanden?
Daniel Müller (Consulting, Management bei Arcmedia): Einer unserer Kunden hatte in seinem Online-Shop eine sehr heterogene User Group, die er mit einem sehr breiten Angebot abstimmen musste. Das ist eine grosse Herausforderung, weil die User Group des Kunden die unterschiedlichsten Bedürfnisse hat. Das sind Leute, die zum Teil in völlig verschiedenen Lebensumständen sind betreffend Interessen, Familie, Job, etc. Für uns war es nicht lösbar. Wir hatten Lösungen, aber sie waren für uns nicht wirklich gut.

Wir haben bald gemerkt, dass wir uns in einem komplexen Bereich der künstlichen Intelligenz* bewegen. Und auch, dass wir nicht die notwendigen Kompetenzen haben, um diese Lösungen selber zu entwickeln. Daraufhin sind wir mit Marc Pouly (Dozent und Forscher an der Hochschule Luzern – Informatik, Anmerkung der Redaktion) in Kontakt getreten und haben ihm unsere Problemstellung vorgestellt.

Marc Pouly war sofort begeistert und hat auch ein grosses Potenzial gesehen, unsere Problemstellung aus einer rein wissenschaftlichen, mathematischen Sicht anzugehen. Und wir hatten gleichzeitig den Eindruck, dass wir den richtigen Ansprechpartner gefunden haben. Wir haben verschiedene Optionen der Zusammenarbeit evaluiert und gemerkt, dass unsere Problemstellung sich gut für ein KTI**-Projekt eignen würde. [Mehr Informationen zum Projekt «Präferenz-gesteuerte Produktsuche und Kundenprofilierung für E-Commerce-Anwendungen»]

Was sollte man wissen, wenn man mit der Hochschule Luzern zusammenarbeiten möchte?
Es braucht eingangs eine gute Absprache über die gemeinsamen Zielsetzungen. Und man muss sich bewusst sein, welche Aufwände und Erwartungshaltungen an einen herangetragen werden. Wir mussten uns zuerst an den Gedanken gewöhnen, dass die Hochschule Luzern wissenschaftliche Zielsetzungen hat. Das war aber auch gut, weil wir dann gemerkt haben, dass wir das Projekt so gliedern müssen, dass beide Seiten den grössten Nutzen daraus ziehen können. Wir waren dann aber positiv überrascht, wie offen die Hochschule Luzern gegenüber den Ansprüchen von Unternehmen ist.

Wie ist die Arbeit zwischen der Arcmedia und der Hochschule Luzern aufgeteilt?
Der mathematische Anteil liegt zu 100 % bei der Hochschule Luzern. Alles, was den Algorithmus betrifft, was die künstliche Intelligenz betrifft. Dieses Know-how haben wir nicht. Dort brauchen wir die Unterstützung der Wissenschaft und von Fachleuten und die haben wir bei der Hochschule Luzern gefunden.

Was aber das Business betrifft, d.h. wie wenden wir die Erkenntnisse an und wie bringen wir das Produkt zur Marktreife, das ist unser Part. Wir mussten die Idee skizzieren. Wir mussten aufzeigen, was das Resultat sein soll – was wir damit erreichen wollen. Und die wichtigste Frage: Wie wollen wir uns später auf dem Markt mit diesem Produkt überhaupt durchsetzen.

Wie häufig trifft sich Arcmedia mit der Hochschule Luzern?
Mittlerweile sind wir in einer Projektphase, wo wir uns ca. einmal monatlich treffen, jeweils einen halben Tag, und uns gegenseitig über den aktuellen Projektstand informieren. Ich denke, das wird sich in der nächsten Zeit noch intensivieren, weil wir jetzt versuchen müssen, die Erkenntnisse der Hochschule Luzern mit unseren technologischen Grundlagen in Verbindung zu bringen. Ich schätze, dass das bedeutet, dass wir uns wöchentlich oder alle zwei Wochen im Minimum telefonisch absprechen. Vielleicht auch, dass ein Techniker von uns sich mit einem Techniker der Hochschule Luzern trifft und sie miteinander arbeiten.

Gibt es schon Erkenntnisse aus dem Projekt?
Ja, sehr interessante! Nach der letzten Sitzung hat sich herausgestellt, dass die Algorithmen, die wir bis jetzt gekannt hatten und für solche Lösungen herangezogen hätten, noch nicht effizient genug gewesen wären. Wir hätten damit nicht schnell genug Empfehlungen generieren können. Wir konnten jetzt die Geschwindigkeit um Faktor 10 erhöhen. Die Hochschule Luzern wird dazu auch wissenschaftliche Arbeiten veröffentlichen können.

Sind diese Erkenntnisse schon in Anwendung?
Ein konkreter Output sind Prototypen, mit denen wir zuerst mal Empfehlungsabfragen durchführen können. Man kann diese anhand von verschiedenen Datenbankgrössen auch schon simulieren und sieht dann auch die Performance, die wir generieren können. Diese ist wirklich sehr erfreulich und stimmt uns optimistisch, dass wir das Produkt auch zur Marktreife bringen.

Was schätzen Sie besonders an der Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern?
Ich schätze die Offenheit gegenüber den Bedürfnissen und Anforderungen der Privatwirtschaft sehr. Wir stossen hier nicht auf wissenschaftliche Mauern. Niemand sagte: Das ist Business und das ist Science und hier haben wir eine klare Trennung. Wir haben eine enorm nahe Zusammenarbeit und Offenheit in der Kommunikation. Wir können problemlos unsere Anforderungen ins Gespräch bringen.

Wir befinden uns in einem sehr dynamischen Umfeld, d.h. die Anforderungen können sich auch relativ schnell wieder ändern. Gerade bei einer solch grossen Projektgrösse sind wir auf Flexibilität angewiesen. Und diese finden wir bei der Hochschule Luzern.

Auch auf der menschlichen Ebene habe ich sehr positive Erfahrungen gemacht. Die Wissenschaftler der Hochschule Luzern sind tolle Leute. Es macht Spass, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Es sind gar keine verschrobenen Wissenschaftler, wie man sich das klischeehaft vielleicht vorstellt, sondern sehr bodenständige Leute, die wirklich Freude haben an dem, was sie machen.

Würden Sie sagen, dass die Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern der richtige Entscheid gewesen ist?
Absolut, ja! Auf jeden Fall! Wir wissen ja noch nicht, ob wir das Produkt überhaupt bis zur Marktreife bringen können. Aber von unserer Seite her sind die Erfahrungen schon jetzt so wertvoll gewesen, dass sich die Zusammenarbeit auf jeden Fall gelohnt hat.

Wann lohnt sich eine Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern?
Wenn man als Unternehmen merkt, dass man ansteht und nicht in der Lage ist, das nötige Know-how zu entwickeln. Oder wenn man nicht dazu bereit ist, oder es sich nicht lohnt, Know-how durch zusätzliche Ressourcen zu beschaffen. Dann finde ich, ist die Hochschule Luzern eine wirklich gute Option, zusätzliches Know-how temporär in ein Unternehmen einzubinden. Ich denke, dass die Verbindung Wirtschaft und Wissenschaft einen sehr grossen Nutzen für beide Seiten bringen kann. Man verliert dadurch auch die Berührungsängste voreinander. Also ich würde sofort wieder mit der Hochschule Luzern zusammenarbeiten.

Fussnoten
*Im Allgemeinen bezeichnet «künstliche Intelligenz» den Versuch, eine menschenähnliche Intelligenz nachzubilden, d.h., einen Computer so zu programmieren, dass dieser eigenständig Probleme bearbeiten kann.

**Die Kommission für Technologie und Innovation KTI ist die Förderagentur für Innovation des Bundes. Sie ist zuständig für die Förderung wissenschaftsbasierter Innovationen in der Schweiz durch finanzielle Mittel, professionelle Beratung und Netzwerke.

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