Studium

«Denk nicht lange nach – geh einfach!»

«Denk nicht lange nach – geh einfach!»
Neben dem Studium bleibt auch Zeit für Ausflüge: Brieuc Anneix (links) bei den Whitsunday Islands in Australien, zusammen mit seinem deutschen WG-Kollegen.

Von Gabriela Bonin

Zwischen Uni, Party und dem Südpazifik: Brieuc Anneix, 22, absolviert ein Auslandjahr in Australien und holt sich so einen Dual Degree. Ein Interview mit dem Wirtschaftsinformatik-Studenten über Credits, Kängurus und Kosten.

Allein der Name der Hochschule löst Sommerträume aus: University of the Sunshine Coast (USC). Die Universität liegt in Sippy Downs, Queensland, an der Ostküste Australiens, nur sieben Kilometer von einem weissen Sandstrand entfernt. Wer hier studiert, hat den Südpazifik vor Augen – und befindet sich rund 16’000 Kilometer von der Schweiz entfernt.

Diese lange Reise bis an die Sunshine-Küste hat der 22-jährige Wirtschaftsinformatik-Student Brieuc Anneix vor sieben Monaten angetreten. Derzeit absolviert er an der USC ein Auslandjahr. Normalerweise wohnt der französisch-schweizerische Doppelbürger im zürcherischen Mettmenstetten und studiert an der Hochschule Luzern – Informatik in Rotkreuz.

Brieuc Anneix nutzt nun in Australien die Möglichkeit, zwei aufeinander abgestimmte Abschlüsse zu erzielen: Studierende der HSLU können an der USC acht Kurse besuchen und erhalten dafür je 7.5 ECTS-Credits angerechnet.

In diesem Interview spricht Brieuc Anneix über Höhenflüge und Schwierigkeiten des ersten Halbjahrs in Australien:

Wie oft musstest du schon erklären, wie man deinen Namen ausspricht?

Brieuc Anneix: Unzählige Male, mein ganzes Leben lang…! Sag einfach «Briö».

Ok. Brieuc, man sagt, aller Anfang sei schwer. War es für dich zu Beginn schwierig, dich auf dem Campus der USC zurechtzufinden?

Nein, überhaupt nicht. Die meisten Studierenden, die hier auf dem Campus wohnen, stammen auch aus dem Ausland. Für die neu angereisten internationalen Studierenden organisiert die Uni jeweils eine Orientierungswoche, welche eine Woche vor dem Semesterstart stattfindet. Dabei lernt man sofort neue Leute kennen.

Auf den Fotos der USC sieht man, dass sich auf dem Campus Kängurus tummeln. Hüpfen die da frei herum?

Ja, die dringen vom angrenzenden Wald bis auf den Campus vor. Wenn man vorsichtig ist, kann man sie streicheln. Etwas weniger toll finde ich hingegen die riesigen Insekten, die wir hier vor allem während des Sommersemesters zu sehen bekommen. Die Fenster in unseren Zimmern sind zum Glück mit Insektenschutzgittern gesichert.

Sympathischer Besuch für die Studierenden: Kängurus auf dem Campus der University of the Sunshine Coast in Australien.
Sympathischer Besuch: Kängurus auf dem Campus der University of the Sunshine Coast.

Was ist das für eine Atmosphäre, wenn so viele junge Leute aus aller Welt aufeinandertreffen?

Es war megaschön. Eigentlich feierten wir während der Orientierungswoche jeden Abend eine Party. Alle sind neu vor Ort, jeder und jede ist darauf angewiesen, neue Bekanntschaften zu machen. Man geht sehr offen aufeinander zu. Es war eine magische Atmosphäre. Ich hätte das in diesem Ausmass nicht erwartet. Abgesehen vom Nutzen des Studiums ist mir hier der soziale Aspekt sehr wichtig. Den darf man nicht vernachlässigen, sonst hat man sein Auslandjahr nicht voll ausgeschöpft.

Aus welchen Ländern stammen die Studierenden? Welche Sprachen sprecht ihr untereinander?

Da die Leute so viele verschiedene Muttersprachen haben, unterhalten wir uns meist in Englisch. Ich bin bilingual in Deutsch und Französisch, aber diese beiden Sprachen spreche ich hier eher selten. Insgesamt studieren hier 15’000 Studierende. 89 Prozent davon sind Australierinnen und Australier, 11 Prozent sind Internationale. Die meisten von ihnen kommen aus Europa. Es gibt aber auch welche aus Afrika, Asien oder Amerika. Auf dem Campus leben aber mehr internationale Studierende, weil die Australierinnen und Australier oft eine Bleibe in der Nähe der Uni haben. Ich hauste in einem Studenten-Apartment auf dem Campus. Im ersten Halbjahr wohnte ich unter anderem mit einem Deutschen zusammen, der war voll «chillig», wir haben viel gemeinsam unternommen.

Brieuc Anneix (vierter von links) inmitten von internationalen Mitstudierenden, die wie er auch dem Campus wohnen.
Brieuc Anneix (vierter von links) inmitten von internationalen Mitstudierenden, die wie er auch dem Campus wohnen.

Wie gut waren deine Englischkenntnisse zu Beginn?

Die Hochschule Luzern verlangte, dass ich die C1-Prüfung bestehe. Das habe ich knapp geschafft. Hier vor Ort gibt es indes viele internationale Studierende, deren Englischkenntnisse schlechter sind. Es ginge also auch mit weniger. Am Anfang hat man halt einfach etwas Mühe, weil man sich auch den Akzent nicht gewohnt ist. Online-Übersetzer wie Deepl oder australische und amerikanische Freunde haben mir sehr geholfen. An der USC müssen wir viele Arbeiten schreiben. Diese «Reports» waren für mich zu Beginn eine grosse Herausforderung, sowohl sprachlich wie inhaltlich. So viel schreibt man an der HSLU in den ersten Studienjahren nicht. Mir hat das sehr viel gebracht. Ich habe recherchieren gelernt und sehe die Arbeiten als gute Vorbereitung für meine spätere Bachelor-Arbeit.

Wie unterscheidet sich die USC von der HSLU?

An der HSLU haben wir einen guten Klassenzusammenhalt. Wir absolvieren viele Module gemeinsam. Hier an der USC werden die Studierenden stärker aufgeteilt, denn es ist alles viel grösser und damit auch etwas unpersönlicher: In einem Hörsaal sitzen zum Teil über hundert Leute. Das Prüfungssystem ist hier auch völlig anders. Mittlerweile finde ich es besser als jenes in der Schweiz. Denn an der HSLU gibt es jeweils nur eine Semesterprüfung, hier hingegen haben wir pro Semester mehrere «Assignments». Aus diesen Zwischenprüfungen ergibt sich am Schluss die Gesamtnote.

Sun, Fun und auch mal einsame, herausfordernde Momente - auch das kann es in einem Auslandjahr geben: Brieuc Anneix in einem Hörsaal der University of the Sunshine coast.
Sun, Fun und… auch mal einsame, herausfordernde Momente – auch das kann es in einem Auslandjahr geben: Brieuc Anneix in einem Hörsaal der University of the Sunshine coast.

Wie hoch sind die inhaltlichen Anforderungen?

Nun ja, der Lernstoff hier ist für mich mehrheitlich keine grosse Herausforderung. Ich hatte aber dennoch Momente, in denen ich total überfordert war. Zum Beispiel lagen meine Kenntnisse im Modul «Programmieren» weit unter den Anforderungen. Da habe ich gelitten, aber dennoch mitgemacht, vieles ausprobiert, versucht Zusammenhänge zu schon Bekanntem zu finden – und irgendwie kam ich damit durch.

Welchen Nutzen ziehst du aus diesem Auslandjahr?

Ich habe hier vier Fächer und erhalte dafür 30 Credits. Das ist recht viel, da ich in Rotkreuz berufsbegleitend studiere und in derselben Zeitspanne nur 22 Credits erreichen könnte. Die lehrreichen «Reports» habe ich als weiteren Vorteil schon erwähnt. Womöglich erleichtert mir der Dual Degree nach dem Bachelor die Aufnahme in ein anderes Lehrinstitut. Und die Auslanderfahrung macht sich sicherlich gut im Lebenslauf.

Aussicht vom Studenten-Apartment auf dem Campus.

Was kostet das alles?

Dieses Auslandjahr ist sehr teuer. Es kann um die 20’000 Franken und mehr kosten: Darin eingeschlossen sind die Reise- und Lebenskosten, Semester- und Visagebühren, Zimmermiete und Freizeitaktivitäten. Ich unternehme in der Freizeit viele Ausflüge zu Stränden oder Naturreservaten. Nach Semesterende werde ich noch zwei Monate im Land herumreisen, weil ich meine Zeit hier voll ausnützen möchte. Auch das kostet Geld. Meine Eltern haben mir das nötige Kapital vorgeschossen. Manche Studierende nehmen dafür einen Kredit auf. Wer finanziell eine Möglichkeit findet, der sollte nicht länger zögern. In so einem Fall sage ich: Denk nicht lange nach – geh einfach!

Es braucht Mut, das Elternhaus zu verlassen und so weit weg zu reisen. Wie hast du das erlebt?

Wir pflegen in meiner Familie einen guten Zusammenhalt; dennoch hat es mir extrem gutgetan, mich einfach mal wegzubewegen und eine Pause von der Familie zu bekommen. Ich habe vier jüngere Geschwister. Natürlich haben wir uns ein wenig vermisst, aber das ist nicht schlimm. Mir war es indes wichtig, Ende Jahr für einige Wochen zurück nach Hause zu fliegen. Weihnachten ist uns in der Familie heilig. Während jenen Wochen habe ich festgestellt, dass sich in der Schweiz nicht viel verändert hat. Meine Kollegen waren alle dieselben – aber ich bin mit ganz vielen neuen Eindrücken zurückgekommen. Das hat mich wohl auch ein wenig verändert. Ich wusste, dass ich einige Hürden gepackt hatte. Das fühlte sich gut an.

Wer sich in ferne Länder aufmacht, braucht Mut. An einem Event während der Orientierungswoche für neu angereiste Studierende spielt Brieuc Anneix mit einer Schlange.
Wer sich in ferne Länder aufmacht, zeigt Mut. An einem Event während der Orientierungswoche für neu angereiste Studierende spielt Brieuc Anneix mit einer Schlange.

Veröffentlicht am 28. Februar 2020

In Australien studieren: Die Hochschule Luzern – Informatik bietet Informatik– und Wirtschaftsinformatik-Studierenden, welche ihr Studium mit einem Maximum an internationalen Erfahrungen bereichern wollen, ein Dual-Degree-Angebot in Zusammenarbeit mit der  University of the Sunshine Coast  (USC) in Australien an. Hier sieht man, wie der Campus aussieht und hier finden sich weitere Infos für ausländische Studierende an der USC.

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