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Big Data im Bienenstock: Was wir daraus lernen

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Big Data im Bienenstock: Was wir daraus lernen
Von der Natur lernen: Bienen produzieren Rohdaten. Forschende analysieren diese und verbessern so ihre Mustererkennungs- und Clusteralgorithmen. (Bildquelle: Unsplash)

Bienenvölker sammeln jede Menge Rohdaten. Ihre Schwarmintelligenz liefert der Forschung wertvolle Hinweise: etwa für die Weiterentwicklung von intelligenten Algorithmen oder von Smart City-Anwendungen. Das dient uns Menschen, ist aber auch für die Bienenforschung relevant.

Von Désirée Muri

Seit dem preisgekrönten Schweizer Dokumentarfilm «More than Honey» ist vielen Menschen bewusst, dass wir auf Bienen angewiesen sind: Rund ein Drittel unserer Nahrungspflanzen wächst nur, weil die Blüten der Pflanzen von Bienen und weiteren Insekten bestäubt werden. Laut Schätzungen übernimmt die Honigbiene rund 80 Prozent dieser Bestäubung.

Sie liefert aber noch ein weiteres wertvolles Nebenprodukt: Rohdaten, aus denen Forschende neue Erkenntnisse gewinnen können.

Dass Honigbienen «more than honey» produzieren, hat denn auch das Corporate Research Center (CRC) des Weltkonzerns ABB in Krakau verstanden. Auf dem Dach des CRCs leben zwischen 50’000 und 60’000 Bienen. Deren Honig ist für die Forscherinnen und Forscher nur ein nettes Nebenprodukt. Ihnen liegt viel mehr an den grossen Mengen an Rohdaten, die das Bienenvolk produziert.

Bienen produzieren riesige Menge von Daten

Die Zahlen dazu sind beachtlich: Ein Bienenvolk besteht in der Regel aus 30’000 bis 50’000 Bienen. Rund ein Drittel der Honigbienen in einem Schwarm fliegen aus, um Nektar zu sammeln. Zur Produktion von einem Kilogramm Honig, muss ein Bienenschwarm bis zu sechs Millionen Blüten besuchen. Dazu legen die Bienen insgesamt zwischen 40’000 und 120’000 Kilometer zurück.

Die Datenströme, die durch die Arbeit der Bienen entstehen, sind für die ABB von grossem Interesse: Denn das CRC entwickelt Computeralgorithmen für die Interpretation und Analyse von grossen Datenmengen in ABB-Installationen mit unterschiedlichen Sensoren. Um die Algorithmen zu testen, benötigen die Forschenden grosse Datenmengen.

Ein ABB-Forscher und Hobby-Imker erkannte, dass sich mithilfe von Bienen riesige Datenmengen sammeln lassen. Das CRC siedelte daraufhin ein Bienenvolk auf seinem Dach an. Zunächst massen die Forschenden nur die Feuchtigkeit, die Temperatur und den CO2-Gehalt im Bienenstock. In einem zweiten Schritt statteten sie ihn mit Kameras aus und registrierten fortan die Ausflüge der Bienen.

Positionen der Bienen im ABB-Forschungscenter: Ihre Datenströme werden zum Testen von Sensortechniken und analytischen Algorithmen verwendet. (Bildquelle: ABB)

Der Unterhalt des Bienenstocks erlaubt es der ABB, ihre Sensoren und Kameras für die Datenerfassung zu testen. Mit den gewonnenen Daten versuchen die ABB-Mitarbeitenden Mustererkennungs- und Clusteralgorithmen zu entwickeln und zu optimieren. In einem letzten Schritt gewinnt die ABB Erfahrungen in der Datenvisualisierung, die sie ebenfalls für ihre eigenen Anwendungen nutzt.

Bildlegende: Bienen im Forschungscenter von ABB in Krakau, Polen: Sie produzieren nicht nur Honig, sondern liefern auch jede Menge Rohdaten.

Da Bienen im Kollektiv entscheiden, ist die Beobachtung eines Bienenstocks nicht nur für die Gewinnung von Rohdaten spannend.Ihre perfekte Zusammenarbeit kann uns Menschen als Vorbild für Entscheidungsfindungen dienen.Der Entscheidungsprozess des Bienenschwarms zeigt sich besonders schön, wenn er aus einem bestehenden Bienenstock ein neues Bienenvolk gründet: Dazu schwärmen Kundschafter-Bienen aus und suchen neue mögliche Nistplätze in der Umgebung. Zeigen schliesslich mehrere Kundschafterinnen über einen sogenannten Schwänzeltanz den gleichen Nistplatz an, wählt der Schwarm im Kollektiv diesen aus.

Optimierte Ressourcen-Nutzung: Die Schwarmintelligenz der Bienen dient als Vorbild für Smart-City-Anwendungen. (Bildquelle: Unsplash)

Vorbilder für Smart-City-Anwendungen

Durch die perfekte Zusammenarbeit im Schwarm und den sorgfältigen Umgang mit Ressourcen optimieren die Bienen die Nutzung ihrer Infrastruktur. Sie dienen daher als Vorbilder für Städte und Gemeinden, die ihre Ressourcen effizienter nutzen möchten. Auch das Schweizer Technologie-Unternehmen Swisscom hat geprüft, was Städte von Bienen lernen können, und wie es sich davon zu verbesserten Smart-City-Anwendungen inspirieren lassen kann.

Ebenso nutzt das US-amerikanische Technologie-Unternehmen Unanimous AI das Schwarmverhalten von Bienen und anderen Insekten für die Weiterentwicklung seiner Algorithmen.

«Superintelligenzen entwickeln»: Louis B. Rosenberg, Begründer von Unanimous AI, über Schwarmintelligenz (Bildquelle: Unanimous AI)

Treffsichere Prognosen dank Schwarmintelligenz

Unanimous AI bietet eine «Schwarm-Plattform» an, auf der sich Personen aus der ganzen Welt anmelden können. Die Teilnehmenden beantworten Fragen zu einem bestimmten Thema. Anschliessend verarbeitet die Plattform ihre Antworten mit Hilfe von Artificial-Intelligence-Algorithmen und entwickelt aus den Daten Vorhersagen. Prognosen, die mit Hilfe der Schwarmintelligenz erstellt wurden, sind erstaunlich genau. So konnte Unanimous AI etwa die Gewinnerinnen und Gewinner von Oscarverleihungen oder des Eishockey-Turniers Stanley-Cup vorhersagen.


Schwarmintelligenz soll die Weisheit von Online-Teams erweitern: Printscreen der interaktiven Plattform «Swarm» von Unanimous AI.

Datenanalyse liefert wichtige Hinweise zum Bienensterben

Die Analyse der Daten von Bienenvölkern ist nicht nur für Unternehmen hilfreich, sondern ist auch für die Bienenforschung elementar. Das zeigt die Geschichte der Softwarespezialistin Elma Hot Dervić: Sie wollte ihren Grossvater bei der Bienenpflege entlasten. Dazu stattete sie dessen Bienenstock mit einem Monitoringsystem aus. Da sich das System als erfolgreich erwies, gründete sie das Unternehmen  BeeAndme  und vertrieb dieses auch ausserhalb ihres Heimatlandes Montenegro.

In der Folge davon wurde ihr bewusst, dass ihr System auch Bienenforscherinnen und -forscher unterstützen kann. Diese analysieren die Daten aus den Bienenstöcken mit dem Monitoringsystem und stellen sie auf Heatmaps dar.

Diese wiederum zeigen auf, an welchen Lagen ein grösseres Risiko für Bienensterben besteht. Die Forscherinnen und Forscher erhoffen sich damit Hinweise über die Ursachen des Bienensterbens. Bisher konnten sie die Gründe für dessen Zunahme noch nicht abschliessend klären. Als mögliche Ursache kommen Pestizide, elektromagnetische Wellen oder Signale in Frage.

Es ist daher wichtig, weitere vertiefte Erkenntnisse zu gewinnen. Wie der Film «More than Honey» aufzeigt, ist der Mensch stark abhängig von der Arbeit der Bienen. Das Sammeln und Analysieren ihrer Rohdaten ist daher nicht nur für Unternehmen von Nutzen. Es ist für das gesamte Ökosystem von grosser Bedeutung.

Veröffentlicht am 17.2.2021

Désirée Muri

Zeigt andere Perspektive auf Big Data: Désirée Muri ist Marktforscherin bei der PostFinance AG. Sie besuchte 2020 an der Hochschule Luzern das CAS Big Data Analytics und bloggte damals für den  Weiterbildungs-Blog aus dem Unterricht heraus. Es fasziniert sie, wie bei Big Data unterschiedlichste Themen miteinander verbunden werden können. Im Kurs erklärte einer der Dozenten die Schwarmintelligenz am Beispiel der Nestsuche bei Honigbienen. Muri hat privat ein kleines Wildbienenhotel. Daher entschied sie sich, für einen Blogbeitrag über Bienen und Big Data zu recherchieren.  

Weiterkommen mit dem CAS Big Data Analytics: Dieses Weiterbildungsprogramm vermittelt Ihnen praxisbezogen die wesentlichen Aspekte von Big Data und Analytics. Lernen Sie, wie Sie nahezu in Echtzeit Erkenntnisse aus strukturierten und unstrukturierten, internen und externen Datenbeständen gewinnen und die richtigen Schlüsse ziehen. Fortgeschrittene Methoden der Datenhaltung, beliebig skalierbare Rechenleistungen und die erweiterten Fähigkeiten der Analytik bzw. der Vorhersage machen dies heute möglich.

Nächste Info-Veranstaltung: Die nächste Online-Information über die Weiterbildungsangebote des Informatikdepartements der Hochschule Luzern findet am 24. März um 18 Uhr statt. Dabei erhalten Sie auch weitere Informationen zum CAS Big Data Analytics .

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Lesetipp: Lesen Sie, wie sich eine Studentin und Hobby-Imkerin auf den Dächern der Hochschule Luzern um tausende von Bienen kümmert (Bemerkung der Redaktion vom 22.4.2021: Letzte Woche wurden die Bienenstöcke vom Dach des Departements Wirtschaft in den Vorgarten des Departements Soziale Arbeit gezügelt). Und hier erfahren Sie, wie ein Forschungsteam der Hochschule Luzern geprüft hat, ob sich in einem multifunktionalen Bienenzentrum die Imkerei-Ausbildung und eine Ausstellung sinnvoll kombinieren liessen.

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