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Deep Learning für die Rheumatologie

Deep Learning für die Rheumatologie
Zeit sparen und Röntgenbilder konsistenter bewerten: Das ist das Ziel von Patrick Buchers Webservice. Dieser soll dank Machine Learning-Modellen helfen, Therapiemassnahmen für die rheumatoide Arthritis zu verbessern.

Von Yasmin Billeter

Studierende tüfteln für Unternehmen

Voneinander lernen und profitieren: Unternehmen spannen mit Studierenden zusammen. Sie vergeben ihnen Aufträge, damit diese neue Ideen oder Modelle prüfen, testen oder analysieren. Unser Informatik-Student Patrick Bucher war für eine Softwareentwicklungsfirma im Einsatz: Er baute einen Webservice, der mittels Deep Learning hilft, die rheumatodie Arthritis besser zu verstehen.

Ein Röntgenbild hochladen und sofort erfahren, wie stark geschädigt welches Gelenk ist – Dies war Ziel der Bachelorarbeit von Informatik-Absolvent Patrick Bucher. Rheumatoide Arthritis gehört zu den häufigsten rheumatischen Erkrankungen. Die chronischen Entzündungen schränken die Funktion der betroffenen Gelenke ein und können sie komplett zerstören. Wie schwer der Verlauf ist, wird durch medizinisches Fachpersonal anhand von Röntgenbildern ermittelt. Dieses sogenannte Scoring dauert pro Patienten mehrere Minuten.

Um Zeit zu sparen und Röntgenbilder konsistenter bewerten zu können, hat Patrick Bucher für seine Bachelorarbeit ein Softwareengineering-Projekt umgesetzt: Er plante und baute einen Webservice – und lernte dabei viel über Machine Learning.

Chancen durch Machine Learning

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen eröffnen neue Möglichkeiten für das Scoring, sagt Tobias Reinhard, Co-Gründer der Seantis GmbH. Die Firma entwickelt Software für medizinische Forschungsprojekte und hat die Bachelorarbeit bei der Hochschule Luzern – Informatik in Auftrag gegeben.


Unsere Serie über «Bachelorarbeiten in der Praxis»: Eine Bachelorarbeit ist die Krönung jedes Studiums. Auch Unternehmen und Institutionen können daraus neue Erkenntnisse gewinnen: Lesen Sie in dieser Serie, wie Unternehmen und Studierende voreinander lernen und gegenseitigen Nutzen ziehen.

«Mit der Analyse von Röntgenbildern haben wir gute Erfahrungen gemacht. Diese spart Zeit und liefert konsistente Ergebnisse», sagt Reinhard. Patrick Bucher arbeitet parallel zu seinem Informatik-Studium bei Seantis.

In einem Vorprojekt entwickelte die Firma ein Maschine Learning-Modell für das Scoring von Röntgenbildern der linken Hand. Das Modell hat mittels Deep Learning-Algorithmen gelernt, Körperteile und Gelenke zu erkennen. Auch bewertet es automatisch, wie fortgeschritten die Erosion des Gewebes ist.

Aufgabe von Patrick Bucher war es, auf Basis dieses und zweier weiterer Machine-Learning-Modelle einen Webservice zu erstellen. «Mich reizte es, ein Software-Engineering-Projekt zu machen, bei dem ich verschiedene Komponenten verwenden muss», erklärt der 33-jährige seine Motivation.

Leichte Panik zu Beginn

Die grösste Hürde nimmt der Informatik-Absolvent am Anfang: «Ich merkte, dass ein Machine Learning-Modell verschwunden war. Nur noch der Code war vorhanden.» Bucher musste den Algorithmus mit tausenden Röntgenbildern neu trainieren. Es war Mitte März kurz nach dem Lockdown. Mit seinem Auftraggeber tauschte er sich jeweils via Zoom aus. Da er nicht ins Büro konnte, mietete er kurzerhand einen Server in der Cloud. «Ich habe mir dadurch viel Wissen im Bereich Machine Learning angeeignet.»

Entwickeln wie vor zwanzig Jahren

Entgegen dem Trend, dass Software heutzutage meist agil entwickelt wird, ging Bucher systematisch vor: «Ich habe so entwickelt, wie man es noch vor zwanzig, dreissig Jahren getan hätte: Nach Plan. Erstaunlicherweise hat es gut funktioniert», sagt er und schmunzelt. «Nach der Konzeptphase habe ich einen Prototyp geschrieben. Als dieser funktioniert hat, wusste ich, dass der Rest nur noch Fleisssache ist.»

Es funktioniert

Der Informatik-Absolvent ist zufrieden: «Die Software funktioniert korrekt und effizient. Am Anfang brauchte das System pro Röntgenbild 30 Sekunden, jetzt nur noch vier Sekunden», sagt Bucher. «Patrick Bucher hat sich stark mit der Softwarearchitektur auseinandergesetzt und die ganze Komplexität hinter einem Interface integriert. Die Zusammenarbeit war sehr gut», bestätigt Auftraggeber Tobias Reinhard.

Das System soll einst für grössere Studien eingesetzt werden: Etwa um aufzuzeigen, wie sich die die rheumatoide Arthritis über die Zeit entwickelt und um Therapiemassnahmen zu verbessern. Bis dahin müssen allerdings noch einige Aufgaben erledigt werden. Patrick Bucher wünscht sich, er könnte sich noch einmal ausgiebig mit dem Thema Machine Learning befassen. Auch würde er das von ihm entwickelte System gerne in eine produktive Umgebung transferieren.

Publiziert: 5. November 2020

Bachelorarbeit DeepXRay

Ausgangslage

Das Ziel des Projekts DeepXRay ist es, auf Basis dreier Machine Learning Modelle einen Prototyp für einen Webservice zu entwickeln. Dies ist gerade bei langfristig angelegten und grösseren Studien zum Verlauf der rheumatoiden Arthritis hilfreich.

Vorgehen

Die bestehenden Machine-Learning-Modelle wurden mithilfe von Messaging zu einem lose gekoppelten System zusammenfügt. Diese Architektur erlaubt es, mehrere Instanzen pro Modell auszuführen, wodurch die Röntgenbilder schnell und zuverlässig verarbeitet werden können. Die Qualität des Gesamtsystems wird mit verschiedenen Metriken evaluiert. Damit können Qualitätsverbesserungen des Gesamtsystems beurteilt werden, wenn einzelne Machine-Learning-Komponenten durch neuere, verbesserte Versionen ersetzt werden.

Ergebnisse

Das Ergebnis der Arbeit ist ein Prototyp, der einen Webservice anbietet. Das Röntgenbild wird in den drei Schritten verarbeitet: Zunächst wird das dargestellte Körperteil erkannt. Handelt es sich dabei um eine linke Hand, kann der Vorgang fortgesetzt werden. Im zweiten Schritt werden die Gelenke extrahiert. Die Bildausschnitte werden an den nächsten Verarbeitungsschritt weitergereicht. Im dritten Schritt wird die Erosion der Gelenke auf einer Skala von 0 bis 5 ermittelt. Die Ergebnisse werden gesammelt und an den Client zurückgeliefert.

Projekte mit Studierenden für Ihr Unternehmen

Wollen Sie in Ihrer Organisation ein neues Informatik-Projekt umsetzen? Oder hilft es Ihnen, wenn eine Fachperson für Sie eine neue Idee ausserhalb Ihres Alltagsgeschäftes austestet? Lassen Sie sich bei derartigen Vorhaben von Studierenden der Hochschule Luzern – Informatik unterstützen. Greifen Sie auf deren frisch erworbenes Fachwissen zurück! Sie nutzen damit zugleich das Expertenwissen von deren Betreuungspersonen! Diese sind fachlich immer auf dem aktuellsten Stand. Unsere Studierenden bearbeiten während ihres Studiums zahlreiche Praxisprojekte. Auch für ihre Bachelorarbeit packen sie gerne Aufträge von externen Unternehmen oder Organisationen an. Damit sammeln sie Erfahrungen in der Praxis und lernen auf die Bedürfnisse von Auftraggebenden einzugehen. Diese wiederum profitieren von erfrischenden Aussenansichten und neuen Erkenntnissen. Bitte reichen Sie Ihre Projektidee bis spätestens November (oder Juni für das darauffolgende Semester) ein. Am Ende des Projektes erhalten Sie in der Regel kein fertiges Produkt. Vielmehr bekommen Sie einen Prototyp, eine Analyse oder ein Konzept zur freien Verfügung. Weitere Informationen und das Weitere Informationen und das Projekteingabeformular finden Sie hier.

Einstieg in die IT-Welt

Das Departement Informatik der Hochschule Luzern bietet Bachelor-Studiengänge in Artificial Intelligence & Machine Learning, Digital Ideation, Informatik, Information & Cyber Security, International IT Management und Wirtschaftsinformatik an. Im Master-Studium vertiefen Studierende die Bereiche Informatik oder Wirtschaftsinformatik.

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