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Digital befähigen: Das geht auch Junge an

Digital befähigen: Das geht auch Junge an
Voneinander lernen: Wer auch in Zukunft über «digitale Souveränität» verfügen will, kümmert sich am besten schon heute um digitale Fitness – unabhängig vom Alter. (Bildquelle: Getty Images)

Wie kann man Menschen jeden Alters digital befähigen? Warum ist es ein Vorurteil, dass ältere Menschen digital unbeholfener seien als junge? Es gilt, starre Denkschemen aufzubrechen. Gedankenanstösse für Jung und Alt.

Von Stefanie Wolf, Teilnehmerin des CAS Digital Transformation

Haben Sie schon über Ihr Altern in einer digital und KI-geprägten Welt nachgedacht? Lieber nicht? Der Gedanke an das Alter löst oft unangenehme Gefühle aus. Vielleicht spielt das Alter für Sie auch (noch) keine Rolle? Wagen Sie dennoch einen Blick in die Zukunft!

Die Autorin zeigt erfrischend auf, dass digitale Weiterbildung keine Altersgrenzen kennt. Jeder und jede kann Verantwortung für die digitale Fitness übernehmen. Das CAS Digital Transformation bietet einen idealen Einstieg, um sich ohne Vorbehalte in der digitalen Welt weiterzubilden.

Oliver Gilbert, Co-Verantwortlicher des Themenfeldes Digital Transformation an der Hochschule Luzern

Denn die digitale Befähigung sollte in jeder Lebensphase im Zentrum stehen. Sie soll aktiv von jedem Menschen eingefordert werden. Wer selbst digital fit ist, ist dazu aufgerufen, diese Befähigung weiterzugeben.

Dieser Betrag gibt dazu Gedankenanstösse. Er zeigt auf, wie Sie zu positiven Entwicklungen beitragen können. Da stellt sich zunächst die Frage, wann ein Mensch überhaupt alt ist. Dafür finden sich unterschiedliche Altersbegriffe.

@Werte Lesende: Das biologische Altern ist auch bei Ihnen bereits im Gange. Es ist ein lebenslanger natürlicher Vorgang. Jeder Mensch durchläuft ihn von der Geburt an bis zu seinem Tod. Nachweisbare Auswirkungen dieses Prozesses beginnen mit 20 Jahren. Das menschliche Höchstalter liegt bei 120 Jahren. Eine Phase grösserer körperlicher und seelischer Verletzlichkeit beginnt meist erst im vierten Lebensalter, ab etwa 80 Jahren.

Ab wann gilt ein Mensch als alt? Die Definition von Altersstufen ist nicht einheitlich. Die Vereinigten Nationen (UNO) definieren das Alter ab 60 Jahren, der Europarat ab 65 Jahren. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und unser allgemeiner Sprachgebrauch bezeichnen es differenzierter:

WHOSprachgebrauch
Übergang ins Alter: 60- bis 65-JährigeDrittes Lebensalter: ab 60 bis 80/85
Junge Alte: 60- bis 74-JährigeViertes Lebensalter: ab 80/85
Betagte und Hochbetagte: 75- bis 89-JährigeJüngere Seniorinnen und Senioren: 65- bis 79-Jährige
Höchstbetagte: 90- bis 99-JährigeÄltere Seniorinnen und Senioren: 80 und älter
Langlebige: 100-Jährige und älter

Abgesehen davon ist das Alter nur eine Zahl. Man spricht diesbezüglich vom kalendarischen oder chronologischen Alter. Unsere Gesellschaft stellt mit Hilfe dieser Zahlen Regeln auf. Diese Zahlen bestimmen etwa, ab wann wir die Schule besuchen, volljährig werden, einen Führerschein erwerben dürfen oder das gesetzliche Pensionsalter erreichen.

Altersdiskriminierung wirkt bei Jungen und Alten

Sie denken nun womöglich: «Man ist nur so alt, wie man sich fühlt.» Das bezieht sich auf das sogenannte psychologische Alter. Sie sind vielleicht digital fit, beruflich auf dem Laufenden und aufgeschlossen gegenüber Neuerungen?

Schön und gut. Was aber, wenn Ihnen diese positiven Eigenschaften früher oder später aufgrund Ihres Alters nicht mehr zugestanden werden?

Das Problem beginnt, wo «das Alter» automatisch mit negativen Veränderungen gleichgesetzt wird und negative Zuschreibungen erfährt. Da werden die einen Menschen als «zu jung» bezeichnet. Es heisst, ihnen fehle die Erfahrung. Die anderen wiederum sieht man als «zu alt». Man unterstellt ihnen, ihr Wissen sei veraltet und ihre Leistungen seien zu schwach.

So kommt es, dass sich die klassischen Schutzmassnahmen wie etwa das gesetzliche Rentenalter inzwischen häufig als Nachteil erweisen. Menschen, die sich dem Rentenalter nähern, werden als «zu alt» für das Berufsleben eingestuft.

Gemeinsam die digitale Kluft überwinden

Oft wird in Bezug auf ältere Menschen von einer «digitalen Kluft» gesprochen. Dieser Begriff bildet den Gegensatz zur «digitalen Teilhabe». Er bezieht sich auf Menschen, die über eine geringe oder keine digitale Befähigung verfügen. Dadurch sind sie von den Entwicklungen und Vorteilen der Digitalisierung ausgeschlossen.

Nicht alte Menschen sind gefährdet, sondern arme und unwissende

Sind die Alten also gefährdet, «abgehängt» zu werden? Weniger als man gemeinhin denkt. Denn die Gruppe der älteren Menschen ist keinesfalls einheitlich. Die Internetnutzung älterer Personen hat sich inzwischen derjenigen jüngerer Menschen angenähert. Ältere Menschen sind immer mehr mit dem Internet und digitalisierten Dienstleistungen vertraut, da sie diese schon im Berufsleben aktiv nutzten.

Bei vielen älteren Menschen wären die Voraussetzungen zur Nutzung digitaler Medien vorhanden. Es gilt daher, sich damit zu beschäftigen, inwiefern Digitalisierung befähigt: Der Basler Medienwissenschaftler Matthias Zehnder kritisiert in diesem Blogbeitrag und Video, die Gesellschaft habe es versäumt, die Menschen auf die Digitalisierung vorzubereiten. 

Wenn wir von digitaler Spaltung sprechen, sollten wir uns bewusst machen, dass diese nicht ausschliesslich ältere Menschen betrifft. Gefährdet sind vielmehr andere Bevölkerungsgruppen: Es sind die Armutsbetroffenen, schlecht Ausgebildeten, Personen mit Analphabetismus, Menschen in abgelegenen Regionen und Migrierte.

Denn diese Personengruppen verfügen oft nicht über die Grundvoraussetzungen zur Nutzung digitaler Medien:

  • finanzielle Mittel
  • Wissen und Bildung
  • technischen Zugang

Diese drei Faktoren haben weit mehr Einfluss auf die digitale Fitness als das kalendarische Alter.

Wer trägt die Verantwortung für die digitale Befähigung einer Gesellschaft?

Die Diskussion darüber, wer die Verantwortung hinsichtlich der Entwicklung digitaler Befähigung hat, konzentriert sich häufig auf den Staat, die Politik, auf öffentliche und staatliche Einrichtungen oder die Wirtschaft. Diese Ansicht kann man vertreten, denn für ein flächendeckendes Glasfasernetz ist zum Beispiel der Staat gefragt. Bei dieser Sichtweise geht indes vergessen: Digitalisierung und die Nutzung ihrer Möglichkeiten betreffen die gesamte Gesellschaft.

Daher sind wir auch als Individuen, als Mitglieder der staatlichen Gemeinschaft gefragt. Darum: Ändern wir unsere Sichtweise! Konzentrieren wir uns darauf, wie Digitalisierung Menschen befähigt. Und welche Möglichkeiten genau wir bewusst nutzen wollen.

Das können Sie zur digitalen Befähigung beitragen – unabhängig vom Alter:

  • Kompetenzprofil bestimmen: Klären Sie für sich, welche Kompetenzen Ihnen fehlen und welche Sie sich aneignen möchten. Es geht um Ihre Bedürfnisse, unabhängig davon, wie alt Sie sind.
  • Mutig fragen: Schämen Sie sich nicht, Fragen zu stellen. Fordern Sie aktiv Unterstützung ein, etwa, wenn Sie Fragen zur Internetnutzung haben oder wenn Sie Ihr Smartphone kompetenter nutzen wollen.
  • Scham beiseitelegen: Scham ist passé und heute nicht mehr hilfreich. Die Zeit des für immer «gelernt ist gelernt» ist vorbei. Die technische Entwicklung ist so rasant, dass kaum jemand mehr behaupten kann, in allen digitalen Gebieten sattelfest zu sein.
  • Heute «investieren»: Auch zukünftig wird es Dienstleistungen geben, die noch analog angeboten werden. Diese werden aber mehr Zeit und Geld kosten. Ersparen Sie sich das. Öffnen Sie sich besser schon heute den technischen Möglichkeiten!

Bilden Sie sich weiter: Die Angebote sind vielfältig. Keine Sorge: Erste kleine Schritte sind auch in Fachkursen mit wenigen Stunden Einsatz möglich. Oder bequem von zu Hause aus dank kostenloser Erklärvideos. Auf keinen Fall denken «ich pack das nicht», sondern einfach mal reinschnuppern!

Alles kein Thema für Sie? Sie sind als Digital Native in einer digitalen Welt aufgewachsen? Oder Sie haben sich erfolgreich als Digital Immigrant ins Thema eingearbeitet?

Dann übernehmen Sie bitte Verantwortung. Das können Sie tun:

  • Wissen teilen: Nehmen Sie Personen mit weniger Kenntnissen aktiv mit. Machen Sie ihnen Mut. Digitales Wissen sollte aktiv von jedem Menschen eingefordert oder bei vorhandener Befähigung weitergegeben werden.
  • Achtsam sprechen: Vermeiden Sie wertende Aussagen in Bezug auf das Alter, zum Beispiel wenn Sie sagen, dass jemand in einer Situation ziemlich «alt aussieht». Oder sprechen Sie von «lange berufstätigen» Mitarbeitenden statt von «älteren» Mitarbeitenden. Verzichten Sie auf klischeehafte und trennende Gegenüberstellungen von Alt und Jung.
  • Einfluss nutzen: Wenn Sie als Führungsperson oder Verantwortliche:r in Kommunikationsabteilungen tätig sind, hinterfragen Sie Ihre Praxis kritisch. Achten Sie auf eine diskriminierungsfreie Sprache. Sie können mehr bewirken, als Sie denken.
  • Am gleichen Strick ziehen: Unterstützen Sie die Idee einer Gesellschaft, in der es mehr auf die eigenen Fähigkeiten als auf das kalendarische Alter ankommt. Auf diese Weise streben wir nach einer sogenannt altersirrelevanten Gesellschaft.

Das geht uns alle an: Denn früher oder später wird diese Welt, wenn wir dann «alt» sind, ja auch unsere sein. Ihre heutige Überlegenheit ist vermutlich nur temporär.

Die nächsten Digital Natives sind Ihnen schon auf den Fersen.

Frage in die Runde: Welche Tipps oder Ideen haben Sie in Hinblick auf digitale Fitness? Bitte schreiben Sie uns Ihren Kommentar!

Veröffentlicht: im August 2024

Die Lebensstufen des Menschen: Erst aufwärts, dann rasch und unaufhaltsam bergab. Diese traditionelle Vorstellung kann man hinterfragen. (Bildquelle: Wikimedia, British Museum, John Pitts, London 1811)

Weiterführende Links:

Stefanie WolfHält sich digital fit: Stefanie Wolf, 60, bloggt aus dem Unterricht des CAS Digital Transformation. Sie ist als Mitarbeiterin Compliance/Kundendaten in einer Bank tätig. Ihr besonderes Interesse gilt den Themen Gestaltung von Veränderungsprozessen und lebenslanges Lernen.
Stefanie Wolf bildet sich ständig weiter. Früher, als sie noch drei kleine Kinder betreute, reichte ihre Zeit nur für kurze Tageskurse. Mittlerweile ist es ihr auch möglich, an umfassenderen Weiterbildungsprogrammen teilzunehmen. Rückblickend sagt sie zu ihrer Weiterbildung an der HSLU, sie habe die belebende Atmosphäre des akademischen Betriebs sehr genossen.

Unverbindlich und locker am Ball bleiben: In unseren kostenlosen Abendveranstaltungen «Community im Gespräch» hören Sie Profis über digitale Fachgebiete sprechen. Sie können ihnen auch Fragen stellen. Diskutieren Sie mit!

In kleinen Schritten weiterbilden: Das fängt zum Beispiel bei unseren Fachkursen und Smart Steps an. Darunter finden Sie beispielsweise die Fachkurse ChatGPT im Berufsalltag oder Creative Coding.

Besuchen Sie ein CAS: Da bieten wir unter anderem das CAS Digital Transformation an. Für dieses CAS werden keine spezifischen IT-Kenntnisse vorausgesetzt. Es vermittelt ein ganzheitliches Verständnis der verschiedenen Aspekte der digitalen Transformation. Oder prüfen Sie den Besuch eines umfassenderen MAS oder DAS. Im Bereich Digital Transformation lernen Sie, Erfolgsfaktoren und technologische Treiber zu erkennen, Auswirkungen zu analysieren und nachhaltige Lösungen umzusetzen.

Welche Weiterbildung passt zu mir? Der Weiterbildungs-Finder verschafft dir den Durchblick.

Mehr über Smart Aging: Wie kann die Akzeptanz und Nutzung von digitalen Lösungen gesteigert werden? Das untersuchte die Hochschule Luzern interdisziplinär in einer Studie zur Digitalisierung im Alter.

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