Augmented & Virtual Reality,

Forschung & Dienstleistung

«Immer mehr Sitzungen finden im virtuellen Raum statt»

«Immer mehr Sitzungen finden im virtuellen Raum statt»
AR/VR im Vormarsch: Besprechungen mit Zoom boomen, bereits aber halten immer mehr Firmen dreidimensionale virtuelle Meetings ab.

von Gabriela Bonin

Prognosen von unseren Expertinnen und Experten: Teil 7

Welche Neuerungen stehen im Bereich Augmented & Virtual Reality an? Unser Experte Markus Zank spricht in diesem Interview über dreidimensionale virtuelle Meetings, neue AR-Brillen und virtuelle Gegenstände, die man ertasten kann.

Herr Zank, was ist in diesem Jahr in Ihrem Fachbereich Augmented & Virtual Reality (AR/VR) zu erwarten?

Die Verbreitung von AR/VR wird sich weiter beschleunigen. Es werden immer mehr Anwendungen erschlossen. Hardware für private Nutzerinnen und Nutzer wird immer günstiger. Im letzten Jahr haben wir eine starke Zunahme von Anwendungen für virtuelle Sitzungen oder Schulungszwecke beobachtet. Noch wird wenig darüber geredet, aber es gibt zunehmend Firmen, die zum Beispiel Besprechungen mit Hilfe von VR abhalten: Dabei treffen sich die Teilnehmenden von verschiedenen Standorten in einer gemeinsamen dreidimensionalen Umgebung. Oder es gibt Schulen, die VR im Geschichtsunterricht anwenden. Da können die Lernenden beispielsweise das Kolosseum in Rom nicht nur sehen, sondern es betreten und in 3D erleben.

Was wird es in Ihrem Fachgebiet auch im kommenden Jahrzehnt noch nicht geben?

Zehn Jahre sind eine sehr lange Zeit in einem Bereich, der sich so rasant entwickelt. Ich sage immer, dass ich keine Vorhersage über zwölf Monate hinaus mache.

Ok, aber worauf werden wir noch sehr lange warten müssen?

Es wird noch eine Weile dauern, bis wir virtuelle Gegenstände mit den eigenen Händen anfassen und dabei ihr Gewicht und ihre Oberfläche spüren können. Das würde zum Beispiel bedeuten, dass wir beim Online-Shopping die Stoffe von Kleidern ertasten können. Oder dass man bei einem Montage-Training spürt, wie ein Werkzeug gehalten werden muss.

Diese Woche wurden an der Consumer Electronics Show (CES) neue AR- und VR-Brillen vorgestellt: Die CES ist eine der weltweit grössten Fachmessen für Unterhaltungselektronik. Bislang nutzten wir klobige, grosse Brillen. Nun präsentierte der chinesische Computer und Smartphone-Hersteller Lenovo an der CES eine viel leichtere, ergonomische Version: Diese «ThinkReality A3-Brille zeigt virtuelle Monitore und 3D-Objekte an .

Was ist der grösste Irrtum von Laiinnen und Laien in Ihrem Fachgebiet?

Viele glauben, VR sei erst in den letzten zehn Jahren erfunden worden. Dabei hat der US-Amerikaner Ivan Sutherland, ein Pionier der Computergrafik, schon 1964 erste Prototypen für Headsets entwickelt. Allerdings stimmt es, dass die rasante Entwicklung der Smartphones insbesondere in den letzten sieben Jahren auch die Entwicklung von AR und VR beschleunigt hat. Smartphones sind der Treiber, weil sie gute und günstige Bildschirme und Grafikchips hervorgebracht haben.

Als Hochschulangehörige klären wir auf. Wir warnen vor Fragmentierungen und Monopolisierungen. Beides schränkt die Endnutzenden ein.

Was wird 2021 die grösste Knacknuss?

Wir als Hochschulangehörige setzen uns dafür ein, dass der AR/VR-Markt nicht weiter fragmentiert wird und dass gewisse Grosskonzerne wie etwa Facebook nicht das Diktat über eine Software übernehmen. Wir leisten dazu wichtige Aufklärungsarbeit.

In Bezug auf Fragmentierung streben wir danach, dass es zum Beispiel möglich bleibt, Software von einem Headset auf ein anderes zu wechseln, dass Geräte also kompatibel sein sollen – analog zu Handy-Ladekabeln, die erst seit Kurzem für alle Geräte einheitlich sind. Gegenüber Grosskonzernen und Firmenstandards auf Entwicklerseite gilt es zu beachten, dass einige von ihnen auf Monopole setzen, welche die Endnutzenden einschränken.

Aus Sicht der User und Userinnen ist es störend, wenn gewisse Softwares nur auf einem Ökosystem funktionieren, dass also zum Beispiel Games nur auf einem System gespielt werden können. Das ist etwa so, wie wenn Amazon-Bücher nur auf Kindle oder Apple-Programme nur auf iPhones funktionieren. Auf derartige Entwicklungen hinzuweisen, ist eine unserer Aufgaben.

Was fasziniert Sie an Ihrem Thema und warum stehen Sie dafür ein?

Virtual Reality verändert die Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren und mit digitalen Inhalten arbeiten. Dafür brauchen wir neue Formen der Interaktion, um diese Möglichkeiten gewinnbringend einzusetzen. Ich denke die Dinge beim Frontend gerne genau durch: Software soll so gestaltet sein, dass sie tatsächlich Nutzen bringt und userfreundlich ist.

Der Bereich AR/VR hat natürlich auch einen Fun-Aspekt. Das Eintauchen in eine virtuelle Welt ruft bei vielen Menschen eine spielerische Seite hervor. Es freut mich auch, dass meine Arbeit sehr vielseitig ist: Ich habe mit Berufsschulen zu tun, mit Grosskonzernen und KMU. Sie haben unterschiedlichste Herausforderungen und nutzen die Technologie von AR/VR in sehr verschiedenen Gebieten.

Zur Serie «Prognosen»: Expertinnen und Experten der Hochschule Luzern – Informatik geben einen Ausblick auf Entwicklungen in ihrem Fachgebiet.
An unsere Leserinnen und Leser: Welche Prognosen machen Ihnen Freude oder Sorge? Welche Entwicklungen streben Sie im Bereich Augmented & Virtual Reality an?

Veröffentlicht am 12.1.2021

Markus Zank

Unser Experte für Augmented & Virtual Reality: Markus Zank ist Dozent, Forscher und Co-Head am Immersive Realities Research Lab der Hochschule Luzern – Informatik. Mit seinem Team untersucht er die Möglichkeiten dieser Technologie aus einer nutzerorientierten Sichtweise und verbessert so Nutzererlebnis und Benutzbarkeit. Er hat einen Master of Science in Maschineningenieurwissenschaften der ETH. In seiner Doktorarbeit an der ETH Zürich hat er untersucht, wie sich Nutzerinnen und Nutzer zu Fuss durch virtuelle Welten bewegen können. Markus Zank beschäftigt sich an unserer Hochschule mit den Bereichen Virtual Reality, Real Walking in Virtual Environments, User Studies und VR Human Computer Interaction.

Besuchen Sie unseren Showroom: Das Immersive Realities Center der Hochschule Luzern – Informatik bietet Forschungskompetenzen, schafft Lernumgebungen, kreiert Networking-Möglichkeiten und ermöglicht den Zugang zu neuen Technologien für und mit Virtual und Augmented Reality.

Bilden Sie sich weiter: Der Fachkurs Virtual und Augmented Reality  bietet Ihnen eine Übersicht zu VR und AR in der Praxis. Er vermittelt neben theoretischen Grundlagen vor allem praxisnahe Inhalte. Potenzielle Anwenderinnen und Anwender in Forschung und Industrie erhalten einen hinreichend tiefen Einblick in die faszinierenden Welten von VR/AR.  Das CAS Digital Transformation vermittelt die Grundlagen der verschiedenen Aspekte der digitalen Transformation. Unser AR/VR-Experte Michael Zank unterrichtet dort während jeweils einer Woche sein Fachgebiet.

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