Artificial Intelligence & Machine Learning,
KI, Kekse und kulinarische Kompetenz: Zusammen mit Betty Bossi präsentieren wir die ersten «intelligenten» Guetzli-Rezepte zum Nachbacken. Im Interview erklärt KI-Forscher Marc Pouly, was die Kulinarik der Medizin im Bereich KI voraushat und wohin die Reise mit Betty Bossi führt.
Gratulation zur Kooperationspartnerschaft mit Betty Bossi, Herr Pouly. Wie kam es dazu?
Der Ursprung dieser Kooperation liegt in der medizinischen Bild- und Textanalyse. In Zusammenarbeit mit der dermatologischen Klinik des Universitätsspitals Basel entwickeln wir Systeme, die Patientenbilder analysieren und eigenständig medizinische Berichte verfassen. Zum Beispiel Behandlungsinstruktionen oder Differenzialdiagnosen. Für diese sehr fortschrittliche Form der KI brauchen wir grosse Datenmengen bestehend aus Texten mit dazu passendem Bildmaterial.
In der Kulinarik gibt es Millionen von Rezepttexten mit dazu passendem Bildmaterial […] in der Medizin sind solche Datenbanken leider noch nicht verfügbar.
In der Medizin sind solche Datenbanken leider noch nicht verfügbar oder sie unterliegen strengen Datenschutzauflagen. In der Kulinarik gibt es Millionen von Rezepttexten mit dazu passendem Bildmaterial, die für jedermann verfügbar sind. In Lars Feldmann, dem CEO von Betty Bossi, haben wir einen enthusiastischen Unterstützer unserer Forschung gefunden. Er ist ebenso neugierig wie wir, welche Möglichkeiten die KI für Betty Bossi bereithält.
Der Guetzli-Rezeptgenerator vervollständigt Zutatenlisten mit neuartigen Kombinationen, schreibt Backanleitungen und macht Namensvorschläge. Und das kommt heraus, wenn KI und Betty Bossi Fachwissen zusammentreffen:
Weitere KI-Guetzli-Rezepte:
Englische Mandelguetzli
Helle Schoggiguetzli
Demnach ist die Kooperation mit Betty Bossi also kein Zufall. Wo liegt der Reiz dieses Vorhabens?
Wir assoziieren KI gemeinhin mit selbstfahrenden Autos, Robotik oder der industriellen Prozessoptimierung. In den vergangenen Jahren wurden jedoch auch auf einem anderen Teilgebiet der KI grosse Fortschritte erzielt. Wir sprechen von generativen Modellen – also von einer KI, welche die charakteristische Struktur aus Daten lernen und reproduzieren kann. Mit anderen Worten: Sie generiert künstliche Bilder, Texte oder auch Musik.
Ist das schon künstliche Kreativität?
Man mag sich darüber streiten, ob dies schon eine frühe Form der künstlichen Kreativität darstellt. Vielmehr interessiert uns das Potenzial dieser Methoden, den menschlichen Kreativitätsprozess zu stimulieren und zu unterstützen.
Uns interessiert das Potenzial dieser Methoden, den menschlichen Kreativitätsprozess zu unterstützen.
Die Entwicklung neuer Rezepte und Zubereitungsmethoden ist ein unglaublich kreativer Prozess. Besonders, wenn man Trends, Nachhaltigkeit und andere Faktoren wie die Integration neuartiger Zutaten oder die Präsentation der Speisen miteinbezieht. Ich beobachte mit grosser Begeisterung, wie eine KI dem Menschen in diesen Kreativprozessen als Sparring-Partnerin zur Seite steht.
Und sind aus dieser Zusammenarbeit schon erste Resultate hervorgegangen?
Ja. Nur eine Pandemie konnte mich als begeisterten Hobbykoch daran hindern, selbst in der Betty-Bossi-Schauküche zu stehen und die weltweit ersten KI-Guetzli-Rezepte auszuprobieren. Wir haben Betty Bossi dazu ein generatives Modell erstellt, welches auf rund 750’000 Kochrezepten aller Art vortrainiert und danach auf fast 50’000 Guetzli-Rezepten spezialisiert wurde.
Werden Sie die KI-Guetzli auch selber backen?
Unbedingt – nur waren bereits die diesjährigen Mailänderli aufgrund der motivierten Mitarbeit meiner drei Assistenzköche (vier Jahre und zweimal zwei Jahre alt) eine echte Herausforderung. Genauso gespannt bin ich aber auch auf die Rückmeldung der Community.
Wohin führt die Reise von Betty Bossi und dem Algorithmic Business Research Lab?
Um die Betty-Bossi-Mitarbeitenden zu unterstützen, entwickeln wir gerade einen Zutaten-Thesaurus. Dieser schlägt für eine vorgegebene Zutat Ersatzmöglichkeiten oder kreative Kombinationen mit anderen Zutaten vor. Ich bin gespannt, wohin uns diese Reise noch führen wird. Hoffentlich in kulinarisch ganz neue Gefilde. Die reichhaltige Datenwelt gepaart mit unserer Offenheit und Neugier gegenüber kulinarischen Erfahrungen, macht das Kochen zum idealen Experimentierfeld für die Künstliche Intelligenz. Lassen Sie sich überraschen!
Und was wünschen Sie sich persönlich fürs 2021?
Sie meinen abgesehen von einer möglichst baldigen Meisterung der Pandemie? Ich wünsche mir, dass sich viele weitere Schweizer KMUs den Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz zur Unterstützung ihrer Wertschöpfung öffnen. Und auch den Mut finden, sich auf so einen spannenden Weg zu begeben, wie es uns Betty Bossi gerade vorlebt.
Danke für diesen spannenden Einblick, Herr Pouly!
Veröffentlicht: 16. Dezember 2020
Von Yasmin Billeter und Phil Beckershoff
Kulinarik-begeisterter KI-Experte: Marc Pouly ist Co-Leiter der Forschungsgruppe Algorithmic Business Research Lab an der Hochschule Luzern – Informatik.
Betty Bossi und ABIZ gehen gemeinsam auf Entdeckungsreise:
Betty Bossi geht neue Wege: Die fiktive Köchin, die seit 1956 den Schweizerinnen und Schweizern das Kochen und Haushalten beibringt, experimentiert mit intelligenten Technologien: Künstliche Intelligenz soll im Unternehmen einziehen und künftig ihre Mitarbeitenden unterstützen. Das Algorithmic Business Research Lab (ABIZ) der Hochschule Luzern – Informatik steht Betty Bossi dabei mit Rat und Tat zur Seite.
Der Guetzli-Rezeptgenerator ist das erste Projekt der neuen Partnerschaft zwischen Betty Bossi und dem Algorithmic Business Research Lab. Gemeinsam möchten wir herausfinden, welche Rolle künstliche Intelligenz bei der Rezeptentwicklung und in der künftigen Rezeptdienstleistung haben könnte. Für Medien-Anfragen steht Phil Beckershoff von der Hochschule Luzern zur Verfügung. Wer mehr zur kulinarischen Sicht von Betty Bossi wissen möchte, erfährt hier Details.
Künstliche Intelligenz an der Hochschule Luzern: KI ist ein Schwerpunkt an der Hochschule Luzern. Seit Frühling 2020 läuft der Bachelor-Studiengang Artificial Intelligence & Machine Learning. Zudem unterstützt das Algorithmic Business Research Lab Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung KI-basierter Anwendungen.
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