«Klavier spielen wir höchstens noch an Weihnachten», lachen Andrea Räber und Hannah Berüter. Den frischgebackenen Informatikerinnen ist die Computertastatur näher als die Klaviertasten. Doch obwohl sie selbst keine fleissigen Musikerinnen sind, haben sie sich in letzter Zeit ausgiebig mit Musik und dabei vor allem mit Rhythmen befasst. Zu verdanken haben sie diesen Umstand ihren Bachelor-Arbeiten. Diese widmen sich unterschiedlichen Aspekten eines gemeinsamen Projekts.
Dabei herausgekommen ist das Online-Tool «Rhyddm», eine Web-App, die Berüter und Räber von Grund auf entwickelt und programmiert haben. Nun steht es kostenlos im Internet zur Verfügung und unterstützt Musikschüler:innen dabei, beim Notenlesen den Rhythmus einer Melodie besser zu erfassen. Die sogenannte rhythmische Notation ist für das Musizieren sehr wichtig, denn sie zeigt an, wann welche Note gespielt oder gesungen werden muss und wie lange sie klingt. Vielen Musikschüler:innen bereitet sie jedoch Mühe.
Sich vom Rhythmus nicht aus dem Takt bringen lassen
Auf rhyddm.ch können nun alle Musikinteressierten die Rhythmussprache erlernen, mit Rhythmen experimentieren und ihr Gehör schulen. Es gibt Lese- und Höraufgaben sowie einen Experimentiermodus, in dem man selbst einen Rhythmus erfinden und notieren kann.
Von meiner Arbeit als Lehrerin her weiss ich, wie unterschiedlich der Wissensstand unter den Schüler:innen ist, je nachdem, ob sie zum Beispiel ein Instrument spielen oder nicht.
Andrea Räber, Informatik-Absolventin
Die Möglichkeit, den Rhythmus mitzuklatschen, hat vor allem die 30-jährige Andrea Räber viel Arbeit gekostet. Die User müssen das Gerät, auf dem sie Rhyddm nutzen, nämlich selbst kalibrieren, damit das Einklatschen richtig funktioniert. «Jedes Gerät zeigt eine individuelle Verzögerung zwischen dem Klatschen und der Verarbeitung. Deshalb war das eine grosse Herausforderung», erinnert sie sich zurück.
Potenzial bündeln, Stärken kombinieren
Während Räber sich schwerpunktmässig in ihrer Arbeit mit dem Rhythmusklatschen und didaktischen Fragen auseinandersetzte, befasste sich die 26-jährige Hannah Berüter vor allem mit der Browserkompatibilität und der Nebenläufigkeit, also der Synchronisation von Ton und Bild.
Dass sich die beiden jungen Frauen die Arbeit so aufteilten, kommt nicht von ungefähr: Räber liess sich nach dem Gymnasium an der PH zur Primarlehrerin ausbilden und arbeitete fünf Jahre im Beruf, bevor sie das Studium an der Hochschule Luzern aufnahm. Berüter hingegen absolvierte nach dem Gymnasium eine Way-up-Lehre zur Applikationsentwicklerin, bevor sie an der HSLU ins Informatikstudium startete. Beide begannen ihr Studium in Vollzeit und wechselten dann ins berufsbegleitende Modell, um nebenher als Applikationsentwicklerinnen zu arbeiten.
Teamwork: mehr Vor- als Nachteile
Dass sie ihre Bachelor-Arbeiten zu einem gemeinsamen Projekt machten, habe Vor- und Nachteile mit sich gebracht, sagen die beiden Zentralschweizerinnen einhellig: «Wir haben deutlich mehr Zeit als gedacht dafür verwendet, uns untereinander abzustimmen.» Dafür tauschten sie sich regelmässig virtuell aus oder besuchten sich gegenseitig zu Hause.
Wir haben uns gegenseitig unterstützt und motiviert.
«Wir haben uns gegenseitig unterstützt und motiviert», erzählen die beiden. «Und wenn gar nichts mehr ging, hat uns Bailey, Hannahs Hund, aufgemuntert.» Mit dem Lagotto Romagnolo unternahmen die beiden Spaziergänge, um die rauchenden Köpfe zu lüften. Überhaupt sind beide gerne an der frischen Luft unterwegs: Hannah mit Bailey auf langen Wanderungen, Andrea mit dem Velo, den Langlauf- oder Tourenski.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Ein enger Austausch bestand auch mit Ruedi Arnold, dem betreuenden Dozenten am Departement Informatik, sowie mit Julian Dillier, Dozent an der Hochschule Luzern – Musik mit Schwerpunkt Rhythmik Jazz, Schlagzeug und Perkussion sowie Studienkoordinator Musikpädagogik. Er hatte die Idee für die Rhyddm-App und fungierte als Auftraggeber für die Bachelor-Arbeit. «Die rhythmische Notation ist für viele Schüler:innen ein zu abstraktes Konstrukt», erklärt er. «Die Web-App verwendet die Blocknotation als Zwischenschritt. Das hilft den Anwender:innen dabei, rhythmische Figuren besser zu verstehen.»
Im Moment sind wir glücklich mit dem Bachelor-Abschluss in der Tasche und unseren Jobs als Applikationsentwicklerinnen, die uns viel Spass machen.
Ursprünglich war die Web-App für die Sekundarstufe 1, also für Schüler:innen der ersten bis dritten Oberstufenklassen gedacht. Berüter und Räber integrierten aber auch einfachere Aufgaben für die Primarschule. «Von meiner Arbeit als Lehrerin her weiss ich, wie unterschiedlich der Wissensstand unter den Schüler:innen ist, je nachdem, ob sie zum Beispiel ein Instrument spielen oder nicht», erzählt Räber. Wichtige Rückmeldungen gaben ihnen auch verschiedene Musiklehrpersonen, denen die beiden Informatikerinnen die Web-App zum Testen gaben.
Ein fixfertiges Produkt als Ziel
Berüter wie auch Räber war es wichtig, nach Abschluss ihrer Bachelor-Arbeiten ein fertiges Produkt in den Händen zu halten. Sie wollten von Grund auf etwas erarbeiten: von der Konzeption bis zur einsatzfertigen Web-App. Das ist ihnen gelungen.
Und wie geht es nun weiter? «Im Moment sind wir einfach glücklich mit dem Bachelor-Abschluss in der Tasche und unseren Jobs als Applikationsentwicklerinnen, die uns viel Spass machen», sagen die beiden übereinstimmend. «Und jede versucht die andere dazu zu bringen, zu ihrem Arbeitgeber zu wechseln, denn wir könnten es uns gut vorstellen, wieder gemeinsam an Projekten zu arbeiten.»
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Von: Eva Schümperli-Keller
Veröffentlicht am: 12. Juni 2024
Kommentare
2 Kommentare
beat rüedi
bitte immer web app, und nicht einfach app schreiben. und: ist diese web app auch eine pwa (extrem wichtig für schülerInnen). freundliche grüsse, beat rüedi
Yasmin Billeter
Danke für den Hinweis, Herr Rüedi. Wir haben das Wording angepasst. Die Web-App ist keine pwa. Herzliche Grüsse
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.